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'Super-Mario' und 'Luigi' Barrios sorgen für einen unvergesslichen Europapokal-Abend

Vom Spiel in Lemberg berichtet Patrick Meiß

Endlich war er da. Der Tag X, auf den der Ballspiel- verein Borussia 09 Dortmund und seine Anhänger schon so lange hin fieberten. Nicht genau auf diesen 16. September 2010 in Lwiw an sich, sondern vielmehr auf jenen Tag, an dem der BVB mal wieder an einer Hauptrunde eines Europapokals teilnehmen durfte. Doch statt nur vom Sportlichen, müssen wir an dieser Stelle leider auch von unschönen Begleiterscheinungen berichten.

Vor dem Spiel in Lemberg sorgten ca. 1000 sog. Anhänger von Lwiw für einen Schock. Scheinbar organisiert griff diese große Menge an Hooligans, Ultras (u.a. auch von Lech Posen) oder wie auch immer sie sich nennen mögen, ca. 300-400 Borussen-Anhänger ohne erkennbaren Grund in der Stadt an. Eine Kneipe, in der sich auch Mitglieder der Kirsche-Redaktion befanden, wurde gestürmt. Durch die Präsenz der Polizei konnte schlimmeres verhindert werden und die schwarzgelbe Anhängerschaft wurde abgeschirmt mit Bussen zum Stadion gefahren. Dennoch soll es zwei leicht verletzte Dortmunder gegeben haben.

Das Erlebte hinterließ seine Spuren ? vor dem Spiel war es im nicht ganz gefüllten Gästeblock relativ ruhig. Ob dieser Angriff nun aufgrund möglicher Provokationen durch Schlachtrufe von Dortmundern geschah oder nicht, ist unerheblich. Wieder einmal zeigt sich, dass sich unter dem Deckmantel des Fußballs viele gewaltbereite Menschen nicht nur tummeln sondern auch organisieren und vor fast nichts zurückschrecken. Nicht auszudenken, wenn das Ganze noch weiter eskaliert wäre. Dies wird leider eine große Herausforderung bleiben ? potenzielle Gewalt einzudämmen, zu verurteilen, abzulehnen und vorzubeugen ? nicht nur im Fußball sonder in allen Bereichen.

In sportlicher Hinsicht gab es zudem eine weitere Hiobsbotschaft vor dem Spielbeginn. Die scheinbar nicht enden wollende Leidensgeschichte des Kapitäns Sebastian Kehl setzte sich fort, als er sich beim Aufwärmen eine Muskelverletzung im Hüftbeuger zuzog und vermutlich mehr als nur ein paar Tage ausfallen wird. Hoffen wir, dass er schnell wieder an Bord sein kann! Sven Bender rückte für Kehl in die Startelf, zudem rotierte Jürgen Klopp Mario Götze in die Anfangsformation, für ihn musste Kuba zunächst auf der Bank Platz nehmen. Die Kapitänsbinde übernahm Roman Weidenfeller. Der grün-weiße Gegner musste auf zwei gesperrte Spieler verzichten.

Zur fanunfreundlichen Uhrzeit (22:05 Uhr Ortszeit) eröffnete der Schweizer Schiedsrichter Claudio Circhetta vor rund 28.000 Zuschauern im Ukrayina-Stadion die Partie, in der es kein langes Abtasten gab. Nach weniger als drei Minuten war es Roman Weidenfeller, der einen frühen Rückstand verhindern musste. Diesen Warnschuss nutzten die Dortmunder um besser ins Spiel zu kommen, nach und nach bekamen sie die anfänglichen Angriffe der Gastgeber in den Griff und wurden spielbestimmend. Nach einem schnell vorgetragenen Angriff durch die Mitte (Vorarbeit durch den zum ?Super-Mario? avancierenden Götze) blieb dem heraus eilenden Torwart nur die Grätsche als letztes Mittel um den heran nahenden Lucas ?Luigi? Barrios vom Ball zu trennen.

Ein Elfmeter und die gelbe Karte waren daher sein wohlverdienter Lohn. Nuri Sahin verwandelte diesen ebenso cool wie präzise getretenen Strafstoß und so stand es bereits nach 12 Minuten 1:0 für die Borussia. Im Anschluss daran entwickelte sich eine muntere Partie in der sich die Schwarz-Gelben des Öfteren gezwungen sahen, ihre Abseitsfalle zuschnappen zu lassen, um Karpaty vom eigenen Tor fernzuhalten. Dies gelang zunächst recht souverän. In der 27. Minute tauschten dann Super-Mario und Luigi Barrios die Rollen.


Barrios passte von rechts auf den am Elfmeterpunkt frei stehenden Götze, der wenig Mühe hatte, das 2:0 zu erzielen. Spätestens jetzt hatte der BVB Spiel und Gegner fest in der Hand. Super-Mario konnte sich nun auf einem etwas niedrigeren Level ein wenig ausruhen. Doch die Hintermannschaft der Borussia legte schon etwas zu früh ihre Gamepads aus der Hand, so dass die Gastgeber nach schlechtem Stellungsspiel der Dortmunder überraschend zum 1:2 Anschlusstreffer kamen (44. Min.).

Den Pausengrog vertrugen die Ukrainer erwartungsgemäß am besten, die wieder energischer als die Gäste in die 2. Halbzeit starteten, ähnlich wie zu Beginn der ersten Hälfte. Doch schließlich sollten sich die Dortmunder das Leben selber schwer machen. Nach einem eigentlich harmlosen Querpass von Subotic auf den frei stehenden Hummels, sah dieser nicht den in seinem Rücken blitzschnell heraneilenden Kopolovets und ließ sich von diesem überrumpeln und wehrlos den Ball abnehmen, Kopolovets brauchte von der Strafraumgrenze nur noch draufzuhalten, der heraus eilende Weidenfeller blieb machtlos, es folgte das 2:2 (52. Min.), und der BVB hatte dabei kräftig mitgeholfen.

Das Spiel hatte sich nun gewendet, Super Mario sah sich in der Defensive. Lemberg, angepeitscht von den frenetischen Fans, machte fortan das Spiel. Super-Mario und seine durchschnittlich 23,5 Jahre jungen Kameraden schienen beeindruckt und schauten zu. Aber nach weiteren 15-20 Minuten schien sich der BVB nun wieder gefangen und die Druckphase des Gegners überstanden zu haben. Mit zwei kurz aufeinanderfolgenden Lattentreffern war man der Führung wieder sehr nahe (schöner Freistoß von Sahin, 76. Min. und ein Kopfball von Luigi Barrios, 77. Min.).

Doch dann trat das ein, was man im Lehrbuch für Fußball-Weisheiten nachlesen kann: Wenn Du Deine Chancen nicht nutzt? dann kann es auch knallharte und ungerechte Konsequenzen geben. Denn im direkten Gegenzug spielte sich Karpaty Lwiw nach einem weiten Torabschlag ungestört in den Rücken der Dortmunder Abwehr und die Nr. 9 der grün-weißen Lemberger netzte zum 3:2 ein. So bitter kann Fußball sein.

Game over? Weit gefehlt! Die junge Dortmunder Elf gab sich nicht auf, drängte nun auf den Ausgleich. Das was sie derzeit unter anderem auszeichnet, bestätigte sie hier: Ihren Charakter, nie aufzugeben und immer wieder zurückkommen zu können. Nach einem schnell vorgetragenen Doppelpass von Luigi Barrios und Robert Lewandowski hämmerte Barrios die Kirsche aus vollem Lauf in die gegnerischen Maschen ? das fast nicht mehr für möglich gehaltene 3:3 fiel in der 87. Minute. Der Höhepunkt des Dramas sollte jedoch erst noch kommen!

In der 2. Minute der Nachspielzeit schlugen Luigi und Super-Mario wieder zu ? wie könnte es anders sein. Ein genialer Pass mit dem Barrios gleich mehrere Gegenspieler überlupfte, landete zielgenau beim freistehenden Götze, der aus zehn Metern das 4:3 für die Schwarz-Gelben und damit den Endstand erzielte!

Schluss! Aus! Vorbei! Unglaublich!

Der Jubel bei Mannschaft, Trainer und Fans war groß nach diesem nervenaufreibenden Spiel mit dem guten Ausgang, welches zugleich sicherlich eine gute Vorbereitung auf den kommenden Sonntag war. Dieser Fußballabend hat alles an Intensivität und Dramatik geboten, was es gibt und wird den Borussen noch lange in Erinnerung bleiben. Mit dieser fulminanten Rückkehr nach Europa haben Jürgen Klopp und seine Mannschaft Lust auf mehr geweckt, auch wenn es bitte nicht immer so dramatisch sein muss (wissenschaftliche Analysen haben ergeben, dass die Redaktion an diesem Abend um durchschnittlich 0,9 Jahre gealtert ist! Aber sie war auch schon vorher durchschnittlich älter als 23,5 Jahre.). Nach dem überraschenden Auswärtssieg von Paris in Sevilla verspricht diese Gruppe zudem noch einiges an weiterer Spannung.

Doch dieser Abend zeigte noch viel mehr. Nämlich dass die schwarzgelben Luigi, Mario & Co. das nächste Level erreicht haben! Vor zwei Jahren, zu Beginn der Arbeit von Jürgen Klopp und seinem Team, war die damalige Mannschaft noch zu naiv in die Quali-Runde des Europapokals gegangen (zumindest im Hinspiel) und scheiterte. Diesmal ließ sich die Mannschaft auch durch zwischenzeitliche Tiefs nicht beeindrucken und legte nun zum wiederholten Male eine enorme mentale und taktische Reife an den Tag, die beeindruckt. Zudem dürfte gerade ein Sieg nach solch einem Wechselbad der Gefühle die Mannschaft weiter reifen lassen und das Selbstbewusstsein weiter steigen!

Das Derby kann kommen! Forza BVB!

, (Fotos) - 17.09.2010

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