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Kudamm ohne Currywurst

Hertha BSC, die ?alte Dame?, ist aus der Bundesliga gestürzt. Durch diesen Abstieg ist Deutschland in Europa die einzige große Fußball-Nation ohne Erstliga-Klub aus der Hauptstadt. Vielen Kommentatoren gibt das zu denken - warum eigentlich? Komisch, dass in einem knappen Vierteljahrhundert Bundesliga nie ein Mensch einen Gedanken daran verschwendet hat, dass der Bonner SC nicht einmal an der Tür zum Fußball-Oberhaus gekratzt hat. Und wenn eine Mannschaft nach 33. Spieltagen 24 Punkte auf dem Konto hat, ist sie einer der verdientesten Absteiger aller Zeiten. Ob sie nun aus der Hauptstadt oder vom Mond stammt, ist dabei einfach unerheblich.

Die Berliner haben eine miserable Saison gespielt, nun stehen sie vor ihrem hauptstädtischen Scherbenhaufen und lecken ihre Wunden. ?Berlin weint um die 1. Liga. Das Unentschieden in Leverkusen ist zu wenig: Hertha steigt zum fünften Mal ab!", hält die ?Berliner Zeitung? fest. Das die ?Welt am Sonntag? daraus ?Berlins dramatischer Abschied? macht, stimmt nachdenklich? Wenn es ein Drama war, dann eines in 33 Akten. Und viele, sehr viele davon waren so schlecht, dass sich die Zuschauer schaudernd abwendeten. Sicher muss man Hertha zugestehen, dass sie nie aufgegeben und bis zuletzt um ihre Chance gekämpft haben.



Was ehrenvoll ist, wie ?Kicker?-Herausgeber Rainer Holzschuh in seiner Kolumne hervorhebt: ?Jammerschade, dass dieses Team, das auch in aussichtsloser Situation weder aufgab noch am Pech verzweifelte, nun absteigt. Hinterfragen müssen sich alle Verantwortlichen, die die Entscheidungen der letzten anderthalb Jahre vorantrieben.? Die se Verantwortlichen haben nun ihre Quittung: ?Hertha ist jetzt Hauptstadt der Tränen?, schreibt die ?Bild am Sonntag?, ?Ausgefunkelt - Hertha steigt ab? so der Kölner ?Express? in Anlehnung an Trainer Friedhelm Funkel, der das sinkende Schiff nicht vom letzten Tabellenplatz wegbekam.

Den Abstieg des Vereins konnte natürlich auch die Politik in Berlin nicht unkommentiert lassen: ?Die deutsche Hauptstadt ohne Bundesliga-Fußball ist wie der Kudamm ohne Currywurst?, so Sportausschuss-Mitglied Frank Steffel. Da wage ich, dem CDU-Mann zu widersprechen: Hertha verlässt die Bundesliga zum fünften Mal, vier Mal hat sie es bereits überlebt. Jede Wette, dass sie es auch diesmal übersteht!

Und die deutsche Fußball-Metropole ist ohnehin München, ob man will oder nicht. 22. Titel für den FC Bayern, da überschlägt sich selbst das Nachrichtenmagazin ?Spiegel? im Internet: ?Gott van Gaal - 'Mir san weltweit die Größten': Bayern ist nicht nur Quasi-Meister, der Verein kann nun auch noch Pokalfinale und Champions League für sich entscheiden. Und der Erfolg hat einen Namen - Louis van Gaal. Der Holländer wurde erst kritisch beäugt, plötzlich ist er sogar bei Nicht-Bayern-Anhängern beliebt.?

Natürlich huldigt auch die lokale Presse in München dem Trainer, der sich selbst launig als ?Feierbiest? bezeichnet. Der Holländer ?bejubelt schon sein Triple?, schreibt die ?Abendzeitung?: ?Louis van Gaal rechnet?s vor: Er ist jetzt schon in drei Ländern Meister geworden ? und hat nebenbei sein großes Vorbild überflügelt.? Damit ist Rinus Michels gemeint, der in Deutschland (Köln und Leverkusen) vergeblich versuchte, Meister zu werden.

Der ?Focus? geht noch weiter: ?Die Münchner Festwochen sind eröffnet: Dank Thomas Müller ist dem FC Bayern die Meisterschaft praktisch sicher. Aber Louis van Gaal hat nur Ottmar Hitzfeld im Kopf.? Warum Ottmar? Weil der mit uwei Vereinen die Champions League gewann. Das will van Gaal jetzt auch. ?Die Welt? findet: ?Diese Bayern-Saison firmiert schon jetzt unter dem Prädikat herausragend: Die Last der anfänglichen Findungsphase haben die Münchner abgelegt, mittlerweile sind sie beim furiosen Finale angelangt. Sie dominieren und kombinieren, als seien die Gegner nur Staffage. Die Meisterschaft soll nicht der letzte Titel bleiben.? Wer weiß? ?Jetzt fehlen van Gaal und seiner Mannschaft nur noch zwei Siege bis zum Titel-Triple?, hat die ?Bild? genau nachgerechnet.

Zuzutrauen ist es den Münchnern, keine Frage. Sicher auch dank ihres Trainers, der im vergangenen Jahr bedenklich wackelte. Es war nicht alles Gold, was jetzt so hübsch glänzt, daran erinnert die ?Süddeutsche Zeitung?: ?Liebe auf den dritten Blick - Vom Krisenklub des Herbstes zum umschwärmten Kandidaten für das Titel-Triple: die Chronik einer erstaunlichen Bayern-Saison.? Der ?Kicker? denkt auch an jene, die den Bayern bis zuletzt einen spannenden Titelkampf boten: ?Eine Schale - zwei Champions. Bayern und Schalke feiern am Ende des Titelkampfes. Der wochenlange Schlagabtausch ist vorbei. Louis van Gaal und seine Mannen triumphieren. Aber Gegner Schalke ist kein Verlierer.?

Die ?Frankfurter Allgemeine Zeitung? meint hierzu: ?Aufstand ohne Happy End - Das 0:2 gegen Bremen zerstörte den Traum von der Schale. Doch Königsblau erreichte mehr als gedacht. Fehlende Klasse glich der Schalker Trainer Magath lange durch Masse aus.? Nachdenken wird der Trainer sicher über den Nachsatz: ?In der Champions League wird das aber nicht reichen.? Wobei man annehmen darf, dass er weiß, dass sein Team künftig mittwochs um viertel vor neun mit den ganz großen Hunden bellen darf, aber sicher noch kein Alpha-Rüde in diesem Rudel ist.

Denn nur kläffen reicht nicht, obwohl Magath das ganz gut beherrscht, wie er nach der Niederlage wieder einmal bewies, ehe er die Huldigungen der Fans entgegennahm. Die ?Welt am Sonntag? schreibt hierzu: ?Er hätte es bei den Lobpreisungen belassen sollen, doch dem Testosteron nach der verpassten persönlichen Titelverteidigung mag es geschuldet sein, dass er zum Rundum-Schlag gegen die Schiedsrichterzunft ausholte. Richtig ist, dass der Unparteiische Knut Kircher gestern in der 42. Minute eine Fehlentscheidung traf, als Schalkes Benedikt Höwedes in den Bremer Strafraum eindrang und dort von Abwehrspieler Per Mertesacker zu Fall gebracht wurde. Kircher ließ weiterspielen und lag falsch damit. ?Das war die entscheidende Szene?, wetterte Magath. Dann erinnerte er an eine ähnliche Situation vier Wochen zuvor im Spiel gegen Bayern München, wo seinem Team ebenfalls ein Strafstoß verweigert worden war. Er prangerte an, dass die vielen Kleinigkeiten, die gegen seine Mannschaft gepfiffen werden, das Team demoralisieren würden: ?Leider sind wir in dieser Saison einige Male benachteiligt worden?, bilanzierte Magath.?

Mit diesem Unsinn räumt der ?Kicker? auf, der schreibt: ?Analyse ergibt: Im Saisonverlauf wurde Schalke nicht benachteiligt.? Und natürlich belegt das Magazin dies auch. Und erinnert an gleich fünf Fälle, in denen Schalkes Gegnern beim Stand von 0:0 oder 1:0 ein Elfmeter verweigert wurde. Diese fünf Spiele brachten den Knappen 13 Punkte. Zudem gaben die Schiris Tore von Farfan gegen den BVB sowie Kuranyi gegen Gladbach trotz Stürmerfouls. Ergo: Es gibt ?keine Grundlage für Magaths Schiri-Schelte?.

Und für den Verein keinen Grund über Schiedsrichterleistungen oder seinen Platz in der Abschlusstabelle zu maulen. Auch wenn das Kölner Boulevardblatt ?Express? lästert: ?Bayern hat die Schale, Schalke den Salat?. Doch Hand aufs Herz: Dieses vegetarische Mahl hätten Werder Bremen, Bayer Leverkusen oder die Borussia nicht ungern als Abschluss-Mahlzeit nach dem 34. Spieltag verspeist.

, 3. Mai 2010

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