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Borussia lässt den Blätterwald rauschen

Langsam kann einem angst und bange werden angesichts der Lobeshymnen, mit denen in diesen Tagen die großartige Entwicklung unseres altehrwürdigen Ballspielvereins besungen wird.

Regelmäßige Leser dieser Medien-Kolumne (okay, das ist "fishing for compliments" ? die wenigen hätte ich auch anrufen können; Anm.d..S). seien gewarnt: Entgegen der sonstigen Gepflogenheiten geht es ausnahmsweise einmal nur um ein einziges Thema und man möge mir verzeihen, dass der Blick diesmal nicht über den Tellerrand hinausgeht. Aber wann wurde zuletzt ausnahmslos so positiv über die sportliche Situation von Borussia Dortmund berichtet?

Fangen wir mal mit den großen und seriösen Tageszeitungen der Republik an. Die 'Frankfurter Allgemeine Zeitung' zum Beispiel sieht die Mannschaft "im selbstverursachten Rausch". Autor Richard Leipold schreibt: "Borussia Dortmund nimmt den Schwung vom Derbysieg gegen Schalke mit. Die Mannschaft von Trainer Jürgen Klopp hat beim 5:0 gegen den 1. FC Kaiserslautern keine Mühe. Plötzlich gilt der Revierklub zumindest bei Freunden der Südsee als Meisterschaftsanwärter." Leipold bindet so ein Bonmot des Trainers ein, der auf die Frage nach den Titelambitionen "gewohnt salopp": meinte: "Freunde der Südsee, geht mir damit nicht auf den Sack.?

Ob der BVB bei der Vergabe der Salatschüssel tatsächlich ein Wörtchen mitsprechen könnte, das vermag nach fünf Spieltagen kein Mensch zu sagen. Aber immerhin wird darüber spekuliert, immerhin traut man es dem Revierverein zu. Scheinbar auch in der Heimat jenes Vereins, der naturgemäß der große Favorit ist.

Die 'Süddeutsche Zeitung' (SZ) meint: "Klopp entpuppt sich als erster Bayern-Herausforderer". In seiner Kolumne 'Nachspielzeit' konstatiert Till Schwertfeger: "Was vom 5. Spieltag übrig bleibt: Mit dem 5:0 gegen Kaiserslautern setzt der BVB ein Ausrufezeichen in Richtung Bayern München." Und, mein Gott, geht das runter wie Öl: "Die einzige große Mannschaft, die der FC Bayern nach dem ersten Saisonsiebtel als Herausforderer wirklich ernst nehmen muss, ist Borussia Dortmund." Nochmal lesen ? er hat wirklich "große Mannschaft" geschrieben!

Unabhängig davon, ob wir soweit schon wieder sind, liest sich Schwertfegers Einlassung durch die Borussen-Brille wie ein Liebesbrief: "Aber nicht nur das Ergebnis, sondern die Art und Weise des Erfolges imponierte", steht dort. Und "welche großen Möglichkeiten der BVB neuerdings besitzt, zeigen die Einwechslungen gegen Kaiserslautern: Für den Torschützen zum 2:0, Kevin Großkreutz, brachte Klopp den 18-jährigen Mario Götze ins Spiel, den DFB-Sportdirektor Matthias Sammer neulich als "eines der größten, wenn nicht das größte deutsche Talent aller Zeiten" erklärte." Völlig richtig auch: "Dass Kapitän Sebastian Kehl verletzt fehlte, blieb fast unbemerkt." Ebenfalls nicht von der Hand zu weisen die Konsequenz, die der 'SZ'-Mann aufzeigt: "Der Aufmerksamkeit von Fußball-Deutschland im allgemeinen und vom FC Bayern im speziellen darf sich Borussia Dortmund spätestens gewiss sein, wenn am Samstag auch bei Aufsteiger FC St. Pauli ein Sieg gelingt."



Mit dem heißen Ritt gegen die armen Lauterer ist der BVB auf den zweiten Tabellenplatz vorgerückt, nur die einzig verlustpunktfreie Mannschaft der Liga steht vor Dortmund. Grund genug ins Spiel zu bringen, dass unser Trainer mal deren war: "Klopp bleibt an Tuchel dran", so die Schlagzeile der 'Frankfurter Rundschau'. Die attestiert, dass der Gast aus der Pfalz mit dem Fünferpack noch gut bedient war: "Es zeichnete die Dortmunder aus, dass sie sich nach dem dritten Treffer nicht zurücklehnten (?) Mit ein wenig mehr Konsequenz und Glück hätten die Schwarz-Gelben das deutliche Ergebnis noch höher schrauben können."

Auch Deutschlands Boulevard-Blatt Nummer 1 hebt den Trainer-Aspekt hervor: "Klopp jagt seine Mainzer", titelt die 'Bild'. " Der siebte Pflichtspiel-Sieg in Folge. Der beste Angriff der Liga liefert eine Borussia-Gala ab", huldigen die Herrschaften dem BVB.

Die nicht gerade für Überschwang bekannte 'Deutsche Presse-Agentur' (dpa) überschlägt sich förmlich: "Erfrischender Zauberfußball: BVB auf Wolke sieben", so Agentur-Mann Heinz Büse. Und er hält beeindruckt fest: "Noch Minuten nach der 5:0 (2:0)-Gala gegen den 1. FC Kaiserslautern bebte die mächtige Südtribüne."

Beim 'Sportinformationsdienst' heißt es: "BVB weiter auf der Euphorie-Welle. Drei Tage nach dem glanzvollen 3:1 im Revier-Derby bei Schalke 04 feierte die Mannschaft von Trainer Jürgen Klopp in dem hochverdienten 5:0 (2:0) über Aufsteiger 1. FC Kaiserslautern den vierten Dreier in Folge und den achten Sieg im neunten Pflichtspiel der Saison", so Günther Bork.

Im Gegensatz dazu tritt die 'Rheinische Post' die Euphrie-Bremse. "Der tolle Start hat bei den Fans die Hoffnungen auf eine Saison geweckt, in der der BVB vorne mitspielen kann. Doch Klopp und sein Trainerteam wissen, wie sie die vier Siege einzuschätzen haben", relativiert die Zeitung aus Düsseldorf. Nicht ohne auf die glänzenden Perspektiven hinzuweisen. " Wenn die Mannschaft ihre Leistungen in den kommenden Wochen bestätigt und die Dreifach-Belastung mit Liga, Pokal und Europa League keinen Einbruch mit sich zieht, ist der jungen Dortmunder Elf einiges zuzutrauen. Vielleicht sogar ein Happy End wie 2002."

Daran erinnert auch der 'Kicker': "Traumstart perfekt ? wie im Meisterjahr!", heißt es dort. Und die Experten haben auch genau hingesehen, welcher Spieler am ehesten geeignet ist, diesen Kantersieg zu personalisieren: "Dominator Sahin treibt BVB-Gala an", konstatieren Uli Gerke und Thomas Henneke.

Eine gute Mischung zwischen Realität und dem Wahnsinn dieser irren Woche gelingt dem 'Spiegel' (online) mit seiner Überschrift: "Bodenständige Himmelsstürmer". Fußball-Kenner Philipp Köster schreibt: "In der vergangenen Saison noch hätte die Mannschaft sich zurückgezogen, auf Ergebnissicherung bedacht. Nicht selten ging das dann schief. Gegen Kaiserslautern spielten die Dortmunder hingegen weiter konsequent und mit Lust am Risiko nach vorne und wurden durch drei weitere Treffer belohnt. "



Das war in der Tat ganz große Klasse und für Köster "die wohl endgültige Rückmeldung des BVB im Kreis der großen Mannschaften." Der 'Spiegel'-Autor blickt zurück, um diese Tatsache mal richtig einzusortieren. "Die gegenwärtige Borussia ist der Gegenentwurf zur Dortmunder Dekadenz der Jahrtausendwende, als Titel mit horrenden Schulden erkauft wurden und der Club in den finanziellen Abgrund blickte." So schön der gegenwärtige sportliche und für uns Fans auch emotionale Höhenflug ist, sollte deswegen keiner abdrehen. Köster warnt davor in metaphorisch so glänzender Manier, dass wir diese Mahnung mal stehenlassen: "Der picklige Bruder der Euphorie ist jedoch die Selbstüberschätzung."

, 23.09.2010

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