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Pampers unter den Lederhosen

2:0 in Dortmund verloren, 13 Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Mainz, nach sieben Spieltagen nur Tabellenplatz 12 - würde man den Münchner Bayern derzeit die vielbesungenen Lederhosen ausziehen, fände man darunter vermutlich ordinäre Babywindeln. Das legt zumindest eine Äußerung von Vorstands-Chef Karl-Heinz Rummenigge nahe: ?Ich habe mit dem Wort Krise keine Probleme. (?) Jetzt stecken wir in der Scheiße, jetzt müssen wir aus der Scheiße rauskommen.? Derart drastisch beschreibt das einstige ?Rotbäckchen? im Gespräch mit der ?Deutschen Presseagentur' (dpa) den historischen Fehlstart seines Vereins.

Etwas eloquenter drückt sich Bayern-Präsident Uli Hoeness aus: ?Mainz hat nun 13 Punkte Vorsprung. Das ist der Super-Gau. Jetzt ist die Zeit gekommen, dass wir uns nicht mehr in die Tasche lügen.?

Das präsidiale Superlativ greifen die Medien natürlich gern auf: ?Bayern beklagt den ?Super-Gau??, lässt uns die ?Frankfurter Allgemeine Zeitung? wissen. ?Nur fünf Tore und acht Punkte - macht Ligaplatz zwölf: Der FC Bayern bleibt außer Form. In Dortmund verlieren die Münchner nach Toren von Barrios und Sahin mit 0:2. Die Borussia hingegen bleibt als einziges Team Verfolger von Mainz 05?, schreibt Richard Leipold. ?Personen und Positionen wurden gewechselt - aber das Hauptproblem der Bayern blieb. Sie hatten anfangs viel Ballbesitz, wussten aus ihrer scheinbaren Dominanz aber keinen Vorteil zu ziehen. Schweinsteiger interpretierte seine zentrale Rolle flexibel, wich öfter nach außen aus, vermochte das Spiel aber nicht so zu beflügeln wie die verletzt fehlenden Robben und Ribery an ihren guten Tagen.?

Woran liegt es, dass die Bayern so gar nicht in die Gänge kommen? Für Anja Schramm von der Tageszeitung ?Die Welt? ist die Sache glasklar: ?Der FC Bayern hat sich grandios verpokert?, findet sie, weil der Klub im Sommer auf Neuzugänge verzichtet hatte. ?Die Gründe für die missliche Lage sind vielschichtig - von der verkürzten Vorbereitung bis hin zu den verletzten Superstars Robben und Ribery - aber jene Ignoranz auf dem Transfermarkt entpuppt sich als gravierendste, weil sich die erfolgsverwöhnten Münchner viel zu lange in Harmonie übten?, so Schramm.



Ihr ?Welt?-Kollege Falk Schneider listet auf: ?Acht Punkte aus sieben Spielen, 13 Zähler Rückstand auf Spitzenreiter Mainz 05, der schlechteste Angriff der Liga: Die Zahlen sprechen in diesen Tagen gegen den Rekordmeister. So enttäuschend sind die Bayern nicht einmal in das legendär titellose Klinsmann-Jahr gestartet. Sogar in der Saison 1991/92, als der Klub drei Trainer verschliss und zwischenzeitlich in Abstiegsgefahr geriet, standen die Münchner nach sieben Spieltagen besser da. Und selbst im Jahr mit der schlechtesten Bundesliga-Platzierung aller Zeiten (Tabellen-Zwölfter 1977/78) war die Lage an der Säbener Straße nicht so ernst wie heute.?

Das Fachmagazin ?Kicker? findet angesichts des Rückstands auf Mainz ?Jetzt schlägt ?s 13? und glaubt nicht an eine baldige Rückkehr an die Tabellenspitze: ?Die Bayern stehen vor einem langen Weg. Einem sehr langen?, so Bernd Salomon.

Keine Frage, es ist ein ?historischer Fehlstart?, das hält auch Heinz Büse von der dpa fest. Der sich tüchtig wundert über den Spielausgang im Westfalenstadion, denn ?45 Minuten lang dominierte der FC Bayern wie selten zuvor in dieser Saison. Allein Mario Gomez hatte vier gute Torchancen. Doch dann legte Borussia Dortmund den Respekt vor dem Rekordmeister ab und feierte den sechsten Sieg in Serie.? Logische Konsequenz für den Agentur-Mann: ?Für den deutschen Rekordmeister rückt damit die Titelverteidigung (?) schon früh in fast unerreichbare Ferne.?

BVB-Kenner Felix Meininghaus war sicher gern im Westfalenstadion, auch wenn er sich online für das Magazin ?Spiegel? dem Gast widmet. Er schreibt vom ?FC Leerlauf München? und sieht einen Grund für die bajuwarische Misere im prominenten Lazarett: ?Immer offensichtlicher wird, dass die Bayern zwar eine Vielzahl an überdurchschnittlichen Spielern aufbieten können, aber ohne ihre verletzten Superstars Arjen Robben und Franck Ribéry schnell an Grenzen stoßen. Wenn es mit dem Toreschießen nicht klappt, fehlt einer, der das Spiel allein durch seine individuellen Fähigkeiten in die richtige Richtung drehen kann.? Ohne ?den pfeilschnellen Holländer und den quirligen Franzosen? könne die Konkurrenz ?hoffen, dass der ewige Meisterschaftsfavorit bis zur Winterpause weiter Federn lässt?, so Meininghaus.

Die ?Bild?-Zeitung hält fest: ?Die Bayern stecken tief in der Krise! Nach sieben Spieltagen kneift die Lederhose der Bayern gewaltig ? und das ausgerechnet zur Wiesnzeit?? Das mit der Wiesn hat sich bekanntlich erledigt, der geplante Besuch des Oktoberfests wurde nach der Niederlage beim BVB kurzerhand gestrichen. Die Lage ist ja auch für bajuwarische Maßstäbe dramatisch. ?Nur schlappe acht Punkte, dazu ein negatives Torverhältnis, bedeutet: Platz 12. So schlecht starteten die Bayern noch nie in eine Saison?, heißt es im Springer-Blatt.

?Krise statt Wiesn - dicke Luft bei den Bayern?, meldet der ?Sportinformationsdienst? (sid): ?Gegen den BVB standen nach dem Spiel 62 Prozent Ballbesitz und ein Eckball-Verhältnis von 8:1 in der Statistik?, wundern sich die sid-Autoren Günter Bork und Marco Mader.

Dass Bayern trotz dieser mathematischen Überlegenheit (hatte Karl-Heinz Rummenigge doch recht, als er Ottmar Hitzfeld einst vorhielt: ?Fußball ist keine Mathematik?) mit leeren Händen heimfuhr, hat für die ?Rheinische Post? (RP) ganz stark mit zwei Menschen zu tun: ?Martin Demichelis und Mario Gomez - die Sinnbilder der Bayern-Krise?, heißt es dort. ?Wochenlang mussten Mario Gomez und Martin Demichelis den Kollegen zuschauen. Am Sonntag durften beide Bayern-Akteure endlich wieder einmal ihrer Arbeit nachgehen, doch die Krise des FC Bayern beendeten sie nicht. Im Gegenteil. Agierte Gomez in Dortmund unglücklich, muss für den Auftritt von Demichelis im Abwehrzentrum ein neuer Superlativ ? im negativen Sinne ? gesucht werden?, so ?RP?-Beobachter Denis Canalp. ?Nach der Halbzeit ersetzte der von van Gaal ausgemusterte Argentinier den verletzten Daniel van Buyten und war an beiden Gegentoren maßgeblich beteiligt.?

Auch die ?Süddeutsche Zeitung? geht mit dem Abwehrmann hart ins Gericht: ?Jeder Trainer träumt davon, mit einer geglückten Einwechslung ein taktisches Spiel wieder zu öffnen, aber jenen Wechsel, der das Spiel entscheiden half, den hatte van Gaal gewiss nicht geplant. Van Buyten blieb mit Schädelprellung in der Kabine, für ihn kam der mitunter vom Fehlerteufel besessene Demichelis (?)?, schreibt die Münchner Zeitung.

Dennoch muss man auch mal den starken Gegner loben, der diese Pleite realisierte. Das tut der Kölner ?Express?: ?BVB ballert Bayern in die Bedeutungslosigkeit?, heißt es in dem Boulevardblatt. ?Insgesamt ließ der BVB in der ersten Halbzeit die Leichtigkeit der letzten Wochen vermissen, doch der BVB-Coach hatte in der Pause offenbar die richtigen Worte gefunden, denn danach zeigte sich die Borussia mit gewohnter Aggressivität ? und vermöbelte am Ende auch die ?großen? Bayern.?



Nicht nur die ?großen? Bayern haben derzeit große Probleme, sondern auch zwei ?Gernegroße?: Der Tabellenvorletzte aus Gelsenkirchen sowie das Schlusslicht der Liga aus Stuttgart. Unschöne Situation für die Schwaben, keine Frage. ?Die Lage des vom Pech gebeutelten Tabellenletzten VfB Stuttgart erinnert beängstigend an die von Hertha BSC Berlin im Vorjahr?, findet Christoph Kneer in der ?Süddeutschen Zeitung?.

Besonders ärgerlich vor dem VfB: Eigentlich wären die Schwaben vor dem ?Keller-Gipfel? am kommenden Spieltag bei Schalke Vorletzter. Doch der Schiri hatte was dagegen, Felix Brych. Der ?lag falsch, als er Cacaus Ausgleich zurückpfiff?, hält der ?Kicker? unmissverständlich fest.

Diplomatisch verpackt es die ?Rheinische Post?: ?Nach dem schlechtesten Saisonstart seit 36 Jahren hatten die Stuttgarter den Schuldigen schnell gefunden. Nach dem Schlusspfiff stürmten sie auf Schiedsrichter Felix Brych zu und redeten wütend auf ihn ein (?) nachdem der Unparteiische (?) den vermeintlichen Ausgleich in der 89. Minute durch Cacau nicht anerkannt hatte.? Vermeintlich? Andere sind da deutlicher: ?Schiedsrichter Brych pfiff ein reguläres Tor weg?, heißt es in der ?Bild?. Und der ?Tagesspiegel? schreibt: ?Der VfB Stuttgart stürzt immer tiefer in die Krise, für Trainer Gross wird es eng. Beim 1:2 gegen Eintracht Frankfurt wird dem Tabellenletzten allerdings der reguläre Ausgleich aberkannt?.

Stuttgarts Manager Fredi Bobic war entsprechend bedient und wählte ähnlich deftige Worte wie Rummenigge: ?Wir sind erneut beschissen worden?. Tja dann: Willkommen im Kreis der Windel-Klubs, VfB!

, 5. Oktober 2010

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