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Bayern sagt leise Servus

Was für ein Spieltag für den Ruhrpott-Fußball: Borussia Dortmund ist dank der Unterstützung von Eintracht Frankfurt (das den größten Verfolger Mainz 05 besiegte) vorzeitig Herbstmeister. Und dank eines schwarz-gelben Sieges in Nürnberg sowie eines königsblauen Erfolges über Bayern München beträgt der Borussen-Vorsprung auf den Rekordmeister nach 15 Spielen aberwitzig anmutende 17 Punkte.

Diese Dimensionen muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, wie es der ?Münchner Merkur? tut: ?Schalke ist vom FC Bayern sieben Punkte weg ? das ist die Distanz, die ihrerseits die Münchner auf den zweiten Platz (Mainz) haben. (?) Schalke ist am Dritten punktemäßig (13 weniger) näher dran als die Bayern am Ersten (17).? Ist das schon das Aus für die Bajuwaren im Titelrennen? Wenn man dem Rauschen im Blätterwald Glauben schenken mag, klares Ja!

So schreibt beispielsweise die ?Münchner Abendzeitung? im schönsten bayerisch ?Servus Schale, mach's guad!? Dafür braucht man auch nördlich des Weißwurstäquators keine Übersetzung. ?Nach dem 0:2 auf Schalke weiß auch van Gaal, dass Bayern nicht mehr Meister wird?, konstatiert Abendzeitungs-Chronist Patrick Strasser ?Ab sofort laufen die letzten 19 Liga-Saisonspiele unter der Überschrift Schadensbegrenzung. Platz zwei, mindestens Platz drei (Qualifikationsspiele) ist das neue Ziel. Notgedrungen, aber unter Bayerns Würde.?



Dabei, das muss klar gesagt werden, fingen sich die Münchner in Gelsenkirchen eine absolut vermeidbare, überflüssige Niederlage ein. ?Schalke besiegt überlegene Bayern?, hält ?Der Spiegel? (online) fest. ?Der FC Bayern dominierte beim FC Schalke die erste Halbzeit komplett. Am Ende standen die Münchner aber ohne Punkt da, weil sie gegen Schalkes Torwart Manuel Neuer sechs hochkarätige Chancen vergaben. Anders die Gastgeber: Sie hatten nur drei Möglichkeiten - und nutzten zwei davon?, so Birger Hamann.

Es war ein überaus glücklicher Erfolg für die Knappen, das streicht auch der ?Sportinformationsdienst? heraus: ?Wegen anhaltender Auswärtsschwäche kommt Rekordmeister Bayern München bei seiner groß angekündigten Aufholjagd nicht auf Touren. Beim Krisenklub Schalke 04 unterlag der Titelverteidiger trotz deutlicher Überlegenheit 0:2.?

Das Fachblatt ?Kicker? notiert in der Turnhalle ein klares Chancenverhältnis von 8:4 für den Gast, der besonders vor der Pause dominierte und insgesamt ein Eckenverhältnis von 9:4 herausspielte. Was wieder einmal belegt, wie wenig Statistik taugt, wenn man seine Überlegenheit nicht in Zählbares ummünzt. Ferner attestiert die ?Kicker?-Crew den Bayern ?eine Halbzeit lang spielerische Klasse?. Den Gastgebern halten sie ?nach der Pause zumindest phasenweise gutes Niveau? zugute. Unterm Strich steht als Fazit: ?In Anbetracht der ersten Hälfte ein überaus glücklicher Sieg.? Den Schalkern mag?s herzlich egal sein, denn - an dieser Stelle 5 ? von mir ins Phrasenschwein - auch für glückliche Erfolge gibt es drei Punkte.

Die ?Frankfurter Allgemeine Zeitung? findet: ?Erst dominiert, dann blamiert: Die Bayern verlieren bei Schalke 0:2. Weil Neuer glänzend hält, können Jurado und Höwedes zum Sieg treffen.? Fazit der Herrschaften aus Frankfurt: ?Die Münchner Aufholjagd stockt wieder.? Moment mal, welche Aufholjagd eigentlich? Denn, auf diesen erstaunlichen Umstand weist der ?Kicker? hin, Bayern München gelangen in der bisherigen Saison 2010/11 noch kein einziges Mal zwei Siege in Folge! ?(?) das gab es erst einmal, 1977.? Autor Bernd Salomon meint: ?Der Glaube, für den dieser Verein steht, ist weg?. Er glaubt, ?Bayern gibt auf!?

Und ist damit nicht allein. So schreibt die ?Bild?-Zeitung: ?Schalke versetzt Bayern den Meister-K.o.?. Etwas vorsichtiger formuliert die ?Süddeutsche Zeitung?: ?Ratlos im Kühlschrank - 'Ich kann diese Chancen ja nicht selbst verwerten': Die Bayern verlieren unnötig 0:2 in Schalke. Die Deutsche Meisterschaft scheint damit noch vor der Winterpause verloren - zurück bleibt ein fassungsloser Trainer.?

Nicht nur der ringt um Fassung, auch der bisweilen schnell erregbare Präsident des derzeit gar nicht so großen FC Bayern brachte nicht einmal die Energie für einen zornesroten Kopf auf. ?Bis zum ?letzten Blutstropfen? müsse man um die Meisterschale kämpfen, hatte Präsident Hoeneß auf der Jahreshauptversammlung Trainer und Team noch angefleht, sich bemüht, Aufbruchsstimmung zu erzeugen. Nur vier Tage später waren seine Worte bereits Makulatur. Ausgerechnet für den taumelnden Tabellen-15. aus dem Revier erwies sich das Star-Ensemble als Aufbaugegner. Die Pleite schmerzte umso mehr, weil sie unnötig war?, so die ?Deutsche Presseagentur?.

Auch der ?Münchner Merkur? thematisiert die ungewohnte ?Anämie? des Präsidenten: ?Bayern ohne Blutstropfen?, heißt es dort. ?Uli Hoeneß verließ seinen Tribünenplatz und sah blutleer aus (als wäre kein Tropfen mehr zu geben), die Kollegen Rummenigge und Hopfner schlossen sich dem Schweigemarsch an. Es gab auch nichts zu sagen, denn es lag alles auf der Hand. Verfehlt das kürzlich ausgerufene Ziel, aus den restlichen vier Hinrunden-Partien zehn Punkte zu holen (es können nur noch neun werden). Verfehlt das Ziel, Druck auszuüben auf Borussia Dortmund - der Spitzenreiter ist durch seinen 2:0-Erfolg in Nürnberg den Bayern 17 Punkte voraus. Verfehlt das Ziel, die Auswärtsschwäche abzustellen, nur bei der TSG Hoffenheim (und da in letzter Minute) hat der FC Bayern gewinnen können.? Fazit von ?Merkur?-Mann Günther Klein: ?So wird man nicht Meister.?

Wenn es die Bayern nicht werden, schlägt vielleicht in dieser Spielzeit die große Stunde eines Vereins, der sich in der Vergangenheit einige Male anschickte, die Schale zu holen und einige Male denkbar knapp scheiterte: Beyer Leverkusen. Das allerdings Glück von Glück sagen konnte, dass sich der Abstand des derzeitigen Dritten auf den derzeitigen Primus am Wochenende nicht vergrößerte.



Denn der Gast aus der großen Nachbarstadt hätte beim rheinischen Derby wahrlich einen Zähler verdient gehabt, darüber kann es keine zwei Meinungen geben. Der ?Kölner Stadt-Anzeiger? schreibt; ?Leere Hände und leere Taschen - In einem hitzigen Derby hat Bayer Leverkusen mit 3:2 gegen den 1. FC Köln gewonnen. Reinartz, Barnetta und Helmes trafen für die Werkself, Geromel und Lanig für den FC. Zu allem Überfluss wurden aus der Kölner Kabine Gegenstände gestohlen.?

Überschäumende Freude suchte man nach dem Sieg beim Gastgeber vergebens. ?Statt strahlender Gesichter präsentierten die Leverkusener nachdenkliche Mienen - eifrigst rätselnd, wie sie trotz nachweisbar größerem Kreativpotential eine 3:1-Führung in der letzten halben Stunde gegen couragiert kämpfende Kölner fast noch aus der Hand gegeben hätten?, staunt die ?Rheinische Post?.

Der ?Kicker? hat Mitleid mit dem FC: ?Köln gibt alles - und holt nichts?, schreibt das Blatt. Im Spielfazit heißt es: ?Ein glücklicher Sieg der Leverkusener in einer offenen Partie, in der Köln beileibe nicht wie ein Abstiegskandidat aussah.? Besonders bitter für die Kölner: Das spielentscheidende 3:1 gelang der Werkself, als es eigentlich 2:2 hätte stehen müssen. Nur drei Minuten vorher wurden die Kölner vom Schiedsrichter-Gespann um den Ausgleich gebracht: Das Trio Brych, Salver und Achmüller (?Kicker?-Note 4) ?machte sich seine gute Leistung durch eine gravierende Fehlentscheidung kaputt: Hätte Podolskis Tor (58.) anerkennen müssen?, halten Frank Lußem und Stephan von Nocks fest.

Egal, werden sich die Leverkusener denken - bekanntermaßen gibt es ja auch für einen glücklich zustande gekommenen Sieg drei Punkte. Und dafür zahle ich diesmal nix, das war ja weiter oben bereits erledigt.

, 6. Dezember 2010

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