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Leidenschaft, Daum und Borodjuk

Schreibende Fans, intelligenter Rost und ein Tor im Gründungs-jahr: Was ist da eigentlich genau in Schalke los?
Ganz ehrlich, das war schon beeindruckend, was sich da am Wochenende auf Schalke abspielte. Erst protestierten die Fans stumm und mit einem langen Brief unter dem Slogan ?Schalke ohne Leidenschaft!? ? Ihr macht uns sprachlos? ihre imponierende Geschlossenheit, dann ballerte unter ohrenbetäubendem Lärm fast genau und analog zum Gründungsjahr Kobiaschwili den Ball in die Maschen des FC Bayern und schließlich redeten alle nur noch über den Torwart, der nicht spielen durfte. Allerdings aus einem völlig falschen Grund, denn dass Frank Rost von einem überforderten Nachwuchsmann ersetzt wurde, ist zwar außerordentlich interessant, aber bei weitem nicht so bemerkenswert wie Passagen aus einem Interview, das dieser der WELT einen Tag vor dem Spiel als Reflektion auf die Fanproteste gab.

Es gibt sicher nicht wenige Fußballliebhaber in Deutschland, die mit der Art und dem Auftreten des Schalker Torwarts nicht immer ganz einverstanden sind. Irgendetwas seltsam Unsympathisches haftet Frank Rost an, der einfach qua persona nicht zum Liebling der Massen taugt. Vielleicht ist das auch der Grund, warum in der Nationalmannschaft immer andere Leute den dritten Mann abgeben durften. Doch noch wahrscheinlicher scheint hierfür etwas anderes zu sein: Intern und manchmal auch öffentlich spart Rost nicht an Kritik.

Diese Kritik geht wohl häufig so weit, dass Mitspielern und Funktionsträgern hier und da aufgrund der erstaunlich ehrlichen Worte des Torwarts der Kragen platzt. Intern, so kann man mutmaßen, ist Rost wohl noch schlechter angesehen als in der öffentlichen Meinung. Und dass mittlerweile ohne nennenswerten Widerspruch die Saga umhergeht, dass Frank Rost die letzten drei Trainer nahezu im Alleingang auf Schalke entlassen hat, führt auch nicht eben dazu, einen eh schon nicht heiß und innig geliebten Spieler in seiner Position zu stärken. Doch das bringt den Ex-Bremer nicht von seiner eigenen Linie ab. Und das macht ihn fast schon wieder ein wenig sympathisch.

Seine Nähe zu den Schalker Ultras mag dem einen oder anderen etwas aufstoßen, aber sein geistiges Einfühlungsvermögen (ob geschauspielert oder ernst gemeint, spielt hier keine Rolle) für die Interessen und Gedanken der Fans ist ohne Zweifel hervorhebenswert. Und so sollte sich manch ein Funktionsträger der erfolgsversessenen und an Gewinnen orientierten Liga die folgenden Sätze von Frank Rost einmal in Ruhe durchlesen. Besser auf den Punkt gebracht, haben es in den letzten Jahren nur wenige: ?Die Fans wollen nicht, dass wir Spieler uns ausschließlich über den Erfolg definieren, sondern über Grundwerte, die unabhängig von Sieg oder Niederlage sind. Sie wollen, dass wir Profis uns bewusst machen: Wir sind Schalker. Und deshalb sollten Leidenschaft, Emotionen und Einsatz vor dem Erfolg stehen. Wenn wir dies immer beherzigen, können die Fans auch nach einer Niederlage nach Hause gehen und sagen: Okay, die Jungs haben alles gegeben. Dies ist viel wichtiger, als dieses ergebnisorientierte Denken, dass in der Bundesliga vorherrscht. Dies mag in anderen Vereinen ausreichen, auf Schalke reicht das nicht.?

Ein Gespenst geht rum: Kann Christoph Daum den schwächelnden Erstligisten durch seine ständige "Schattenpräsenz" ordentlich Speed einverleiben, so dass die angestellten Trainer am Ende doch noch auf Linie kommen?
Man ist es ja eigentlich schon lange Leid. Daum hier, Daum da, heute Köln, morgen Hamburg, übermorgen vielleicht in München?! Gut so weit geht die Phantasie der schreibenden und palavernden Kavallerie dann doch nicht, aber es scheint fast ein wenig aberwitzig, wenn man eine aufkommende Trainerdiskussion als Journalist nicht mit dem Namen des ehemaligen Fast-Bundestrainers versieht.

Dabei ist es wahrscheinlich beinahe egal, ob Daum nun endlich Trainer in Köln oder Hamburg wird, denn so lange sein Name mit dem Status eines Heiligen verbunden ist, kann kein amtierender Coach es mit diesem allmächtigen Schattenmeister aufnehmen. Eine fatale Situation für eigentlich alle Trainer in Deutschland, wenn nicht sogar weltweit. Denn eine gute Truppe auf die Beine zu stellen, die Punkt für Punkt erringt, ist das Eine, einen Christoph Daum aber zu besiegen, steht auf einem ganz anderen Blatt Papier. Und das Heft, indem dieses Blatt Papier fein säuberlich abgeheftet ist, hat einzig und allein der Großmeister Daum selbst in der Hand. Er wird eines nicht mehr allzu fernen Tages entscheiden, wer seiner Gunst würdig ist und erst dann können alle anderen Trainer endlich aufatmen. Das Gespenst wäre verschwunden!

Doch Daum wäre nicht Daum, wenn er bei der Wahl seines neuen Arbeitsplatzes nicht großen Wert darauf legen würde, dass dort, wo er demnächst wieder schlaue Sätze predigen wird, das Feld schon zum Ernten bereitet ist. Daum hat zwar keinen Daum im Nacken wie die anderen armen Trainer zu fürchten, aber vor Gespenstern hat auch er Angst. Nur dass er diese stets selbst zu rufen im Stande ist?

Warum haben die Schalker eigentlich schon immer gerne krumme Dinger mit den Russen gedreht?
Vor knapp siebzehn Jahren haben sie auf Schalke schon einmal ein schönes Geschäft mit den Russen eingefädelt. Damals ging es allerdings um Peanuts im Vergleich zu den Summen, die heute über den Tisch gehen.

Mit dem Spieler von Dynamo Moskau, Alexander Borodjuk, verpflichtete man im Sommer 1989 einen wirklich talentierten und torhungrigen ?Weltklassemann zu einem Spottpreis?, wie der damalige Präsident Günter Eichberg stolz verkündete. 850.000 Mark und ?keinen Pfennig mehr? wollte man damals ausgegeben haben. Schade nur, dass schon recht bald Papiere öffentlich wurden, die die Glaubwürdigkeit dieser Aussage in Zweifel zogen. Denn die Russen (damals noch der Dachverband aller Dynamo-Vereine) forderten zusätzlich zu den vereinbarten 850.000 Mark in bar u.a. noch folgende Dinge, deren genaue Modell noch ?zwischen den Seten vereinbat? werden mussten: ?Telephonverteiler?, ?Telephonapparat mit Knopfen?, ?Vidio-Kamera?, ?Rechnerkomputer? und ?Rasenmeher?.

Alles zusammen hat Schalke knapp 1,05 Millionen Mark für Borodjuk bezahlen müssen. Die knapp 200.000 Mark die Eichberg damals einfach mal so vergaß, waren ihm der Rede eben nicht wert gewesen. Wollen wir mal ganz, ganz fest daran glauben, dass die aktuelle Führungsriege auf Schalke auch nur die Trikotbrust ? wie es überall kundgetan wird - an die Russen verkauft hat. Alles andere wäre ja auch wirklich allzu naiv und fast böswillig ? oder anders ausgedrückt, ?keinen Pfennig mehr? wert.

Ben Redelings, www.scudetto.de

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