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Torflut, Schlaudraff und Basualdo

Warum ballern die Spieler sich plötzlich die Bälle nur so um die Ohren?
Den schrillen Torjubel von einem erhitzten Günter Koch noch im Ohr, kann man die samstägliche Konferenzschaltung bei Arena so schnell nicht vergessen. Der Gang in die Küche wurde sofort bestraft von einem Tor-Rückruf in den Fernsehsessel, wo man dann lieber sitzen blieb und die Salve an Einschüssen über sich ergehen ließ.

Wie schon einen Tag zuvor im Bochumer Ruhrstadion zeigten am Samstag die Mannschaften überaus interessante Spiele, die aber vor allem von atemberaubenden Fehlern diktiert wurden. Nun kann man sagen, ?Tore fallen nur aus Fehlern heraus?, aber diese Sichtweise würde ich doch als etwas eingeschränkt bezeichnen. Schließlich sind die Fehlpassfestivals, die viele aufmerksame Zuschauer an den ersten 13 Spieltagen der Saison erleben mussten, nicht mehr wegzudiskutieren. Die Frage, die sich viele Fans wahrscheinlich sogar zu Recht stellen, ist so simpel wie einleuchtend: ?Was trainieren die Herren Profis eigentlich die ganze Woche??.

Auffallend ist aber bei fast allen Vereinen auch, dass man beobachten kann, wie langsam aber sicher immer mehr Standardsituationen zu Toren genutzt werden. Wird also doch etwas trainiert? Ja und nein. Natürlich werden bei allen Bundesligisten auch (schon seit Monaten) Standards einstudiert, aber im Besonderen muss man feststellen, dass die vielen Tore im Moment vor allem einer Sache offensichtlich geschuldet sind: der mangelnden Konzentration. Und die, und da sind sie wieder, erzeugen dann das, was zu den vielen Toren führt, wie wir sie am Freitag und Samstag sehen konnten: den Fehlern.

Im Grunde genommen können es uns also die Bundesligaspieler nie Recht machen. Treten sie über den Ball, decken sie ihren Mitspieler nicht richtig oder spielen sie einen katastrophalen Fehlpass, dann sieht die gegnerische Mannschaft zwar für einen Moment (oder Spieltag) gut aus, aber das Blatt kann sich schnell wenden. Manchmal sogar an einem Nachmittag mehrere Male in nur 90 Minuten?

Warum lächelt Jan Schlaudraff nicht mehr?
Der Junge kann einem nur Leid tun. Völlig überwertet, auf den Boden der Tatsachen zurück geholt und dann dieses Traumtor, dieses ?Weltklassetor?, wie der staunende Tim Wiese sagte, und die damit verbundenen Interessenskundgebungen von Werder Bremen. Jetzt geht der ganze Zauber wieder von vorne los?

Da mag es nicht verwundern, dass Jan Schlaudraff es noch nicht einmal fertig bringt, nach einem Tor der Extraklasse (lass es Glück, Zufall oder Eingebung sein) wenigstens für einen Moment zu lächeln. Als ob er die Nachricht eines familiären Todesfalls überbracht bekommen hätte, stand er da und erwartete die Beileidskundgebungen seiner Mitspieler, die bei diesem traurigen Spiel allerdings nicht recht mitmachen wollten. Sie lachten, jubelten und rissen ihn zu Boden. Völlig willenlos ließ er es mit sich geschehen. Und da war sie wieder für einen Moment: Die abschreckende Fratze Profi-Fußball. Ein paar gelungene Spiele, eine Berufung in die Nationalmannschaft und schon ist die Welt aus den Angeln gehoben.

Das Lachen wird einem als Überheblichkeit und das zuvor erfolgreiche, eigensinnige Spiel als egoistisch ausgelegt. Jan Schlaudraff kann nur noch ganz wenig richtig und ganz viel falsch machen. Dass man darüber die Fähigkeit verliert, im richtigen Moment zu lächeln, ist traurig, aber auch allzu menschlich. Und wenn jetzt jemand sagen würde, ?Fußballprofis sind auch nur Menschen?, dann wären da sicher nur ganz wenige, die diesem Satz nicht zustimmen würden. Vielleicht könnte Jan S. dann auch endlich einmal wieder völlig befreit auflachen?

Warum Stuttgart so frech spielt?
Das hat bzw. hatte vor allem zwei Gründe im Winter 1989: Einmal der ?Magier aus Argentinien?, José Basualdo, und dann der ?Eismeer-Zico? aus Island, Asgeir Sigurvinsson. ?Ramba-Zamba?, wie einst Beckenbauer und Netzer, spielten damals die beiden und bedienten im Sturm einen glücklichen Fritz Walter.
?Asgeir ist wie der Wein?, schwärmte der Trainer Arie Haan über seinen zuvor bereits aufs Altenteil abgeschobenen ?Polarfuchs? und bedankte sich mehrmals beim Nationaltrainer Argentiniens, Carlos Bilardo, für den Tipp mit Basualdo.

Doch nichts ist schnelllebiger als der Fußball. Am Ende der Saison verpasste der VfB Stuttgart den UEFA-Pokal-Platz, Sigurvinsson beendete nach einer eher mäßigen zweiten Halbserie endgültig seine Bundesliga-Karriere und auch Basualdo verließ nur weitere 12 Monate später das Schwabenländle. So schnell kann alles vorbei sein. In Stuttgart und überall?

Ben Redelings, www.scudetto.de

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