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Deutschland entdecken - Auf Heimat-Tour mit dem VfL Bochum

?Der Ruhrpott ist schwarz-gelb oder blau-weiß - und in der Mitte ist der VfL Bochum", sagte einst kein geringerer als die Kult-Comedy-Ikone Herbert Knebel. Wir werden mit ?dem Club dazwischen" in einer neuen Kirsche-Serie die ?Niederungen der Provinz? erlebbar machen. Immer auf der Suche nach den Wurzeln des von uns allen so geliebten Sports. Ein letzter Blick zurück in die Zukunft des Fußballs...

Es geht los: Auf der mühsamen Suche nach der richtigen Einstellung!

Was ist bloß passiert? Irgendwann muss doch dieser endlos lange, quälende Albtraum einmal ein Ende haben? Aber nein, man wacht auf und es geht nach?Saarbrücken. Das ?ekelhafte EIGENTLICH?, wie es der Bochumer Erfolgsschriftsteller Frank Goosen neulich nannte, hat endgültig ausgesorgt. Mein VfL Bochum fährt nicht in diese Gott verdammten Neubau-Arenen mit Sponsoren-Vornamen sondern in die heimische Fußball-Provinz ? Ahlen, Siegen, Aue und Burghausen freuen sich schon diebisch auf den ehemaligen Fast-UEFA-Cup-Sieger 2004/05. Eigentlich wäre auch alles so gekommen, aber dann musste unser Abwehr-Brasilianer, der unterdessen zu unserer größten Sturm-Hoffnung (EDU-UUUU) avisierte, einfach mal über einen Ball dreschen und das runde Leder dann Sekunden vor Abpfiff den Weg in unser Tor finden. 1:1, raus aus dem UEFA-Pokal und das große Jammern konnte beginnen. Die scheibchenweise sich abspielende Kastration eines glückseligen Traums zog sich über Monate hinweg. Wir haben gehofft und gebangt, einen immer mehr sich selbst entlarvenden Trainer untereinander prügelnd ertragen, um dann schließlich doch zu verlieren.

Doch Schluss, Aus, Ende, Vorbei ? jetzt wird sich anständig auf die neue Saison gefreut. So wie es immer war. Der Ball wird wieder rollen und das Zittern und Jubeln wieder losgehen und alles wird gut! Das sage ich mir jetzt schon seit Wochen, doch irgendwas hakt. Irgendetwas will da nicht so richtig mitspielen. Wenn ich ehrlich bin, weigere ich mich sogar inständig die Mannschaften der zweiten Liga überhaupt wahr zu nehmen. Sie interessieren mich schlichtweg nicht. Ich habe keinen Bock auf sie. Das mag sich arrogant anhören und tatsächlich ist da auch was Wahres dran. Wenn ich die Zeitungen aufschlage, meinen Saisonstart-Kicker kaufe oder in die wöchentliche boulevardeske Fußball-Aufbereitung Sport-Bild schaue, die 2. Liga findet fast nicht statt. Kein Schwein scheint sich für diesen Haufen von Provinz-Kickern zu interessieren. Und nur weil ausgerechnet ich Anhänger eines Klubs bin, der sich unter allen sich darstellenden Umständen, die ungünstigsten für sich heraus gesucht hat, muss ich noch lange nicht so tun, als sei die Welt in Ordnung. Sie ist es nämlich nicht!

Manager Dieter Meinhold und Kirsche-Autor Ben Redelings bei der DVD-Präsentation

Die Fußball-Experten sprechen von der langweiligsten, weil am wenigsten prominent besetzten zweiten Liga aller Zeiten. Gerade für uns Bochumer ist das Ausmaß der Tragödie beinahe nicht zu ertragen. Alles, was Rang und Namen hat, im Westen von Deutschland hat sich kollektiv dazu entschlossen, diese Saison entweder in der ?Beletage? oder in den weiter unten angesiedelten Regionen des bundesdeutschen Fußballs zu verbringen. Essen, Duisburg, Köln, Oberhausen, ganz zu schweigen von den Vereinen aus Buer und Lüdenscheid machen einen großen Bogen um uns. Und so freuen wir uns auf das spannende und am schnellsten zu erreichende ?Derby? bei LR Ahlen. Sorry! Ich versuche wirklich Euphorie aufkommen zu lassen oder wenigsten ein klein bisschen Vorfreude in mir zu spüren, aber da ist nichts. Und ganz ehrlich: Ich finde das Scheiße!

Ich habe nicht im Alter von vier Jahren am Freitagabend am Fenster gehangen, das grüne Flutlicht hinter den Bäumen gesehen und wohl wissend, dass ich nicht mit meinem Vater ins Ruhrstadion darf, angefangen wie am Spieß zu schreien, um jetzt, ein Viertel Jahrhundert später, wenige Tage vor Start einer Saison meines Vereins, dem VfL Bochum, eine Gleichgültigkeit zu entwickeln, die mich fatal an frühere Mathe-Schulstunden erinnert. Ich will endlich wieder das Feuer in mir spüren, das mich antreibt, an nichts anderes denken lässt und der zukünftigen Frau an meiner Seite manch bittere Stunde der Verständnislosigkeit beschert. Meine letzte Hoffnung bleibt nun mehr der 06. August 2005. Um 13 Uhr soll sie starten: Die neue Zweitliga-Saison mit meinem VfL Bochum. Ein paar Spieler sind gegangen, ein paar neue sind gekommen. Der Trainer ist ebenfalls gewechselt worden und nicht wenige in Bochum haben nicht einmal eine Meinung über ihn. Man will erst einmal abwarten, wie es denn so läuft. Das hört sich enthusiastisch an, was?

Man kann es nicht anders sagen: wir sind ein bisschen ernüchtert in Bochum. Träume sterben nämlich nicht einfach so. Sie zerstören etwas auf ihrem Weg. Und wir haben zu lange geträumt, um uns nun einfach so - von heute auf morgen, von Saisonende in Liga 1 zu Saisonbeginn in Liga 2 - einer neuen Wirklichkeit zu stellen. Das Aufwachen war zu hart und die Realität scheint grausam!
Jetzt helfen nur Durchhalteparolen. Also, machen wir das Beste draus! Auf in eine hoffentlich unterhaltsame, allen Bedenken zum Trotz spektakuläre Zweitliga-Saison. Auf uns wartet Deutschland, wie es einmal war. Und irgendwie bin ich dann im Stillen doch ganz froh, noch ein Jahr nicht in diese Neubau-Arenen mit Sponsor-Vornamen zu müssen. Irgendwie werden wir es uns schon einrichten in der Provinz. Und ein Jahr ist heutzutage ja schon fast kein Jahr mehr, hätte der alte Bochumer Recke Torsten Legat jetzt sicher gesagt. Und wo er Recht hat, hat er Recht.  Wir steigen auf, wir steigen ab ? und zwischendurch UEFA-Cup!

Ben Redelings

Im letzten Jahr erschien von ihm die DVD ?Wer braucht schon ein Sektfrühstück bei Real Madrid? über die Fans des VfL Bochum

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