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Deutschland entdecken-Auf Heimattour mit dem VfL Bochum (3)

Energie Cottbus zu Gast im Westen: Doch die Frustrierten sind wir?!

Meint Gott! Politik und Sport. Wie langweilig. Ein Thema zum Vergraben! Und vor allem wollte ich jetzt hier und heute endlich damit beginnen, die Mannschaft meines VfL Bochum in seine Einzelteile zu zerlegen und knallhart zu analysieren. Und dann kommt mir dieser unglaublich sympathische Bayer Stoiber dazwischen. Natürlich kann man diese braun gebrannte ?Ähh?-Figur auch aus dem Fußballsport herauslassen, aber das hätte er nicht verdient. Er schreit nach Aufmerksamkeit und die soll er auch kriegen. ?Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber?. Und ich habe mir den VfL Bochum ausgewählt?

?Jetzt sind wir in der Zweiten Liga angekommen?. Was für ein Satz! Wo sollen wir uns denn sonst befinden? Klar hatte ich überlegt, mich bei der samstäglichen Sportschau darüber zu beschweren, dass sie meinen Verein einfach vergessen haben. Aber irgendwie konnte ich mich gerade noch daran erinnern, dass dort nur die erste Bundesliga gezeigt wird. ?In der Zweiten Liga angekommen?. Als ob wir uns das Ziel tatsächlich selbst ausgesucht hätten. ?Toll, sind wir endlich am Ballermann angekommen!?, sagt Schmusi zu Mausi und freut sich einen Bagger, dass man schließlich doch den Urlaubsort erreicht hat! So etwa?

An einem verregneten DSF-Montagabend gegen Cottbus ins Stadion zu gehen (wie übrigens beeindruckende 19.865 andere auch), verlangt schon eine gewisse Form von Hartnäckigkeit ? und Euphorie. Ja, das ging sehr schnell. Ein Spieltag vorbei und schon war sie da - die ?Lust am Gewinnen?. Da wir ja sowieso dort nicht hingehören, wo wir uns gerade befinden, konnte man sich wunderbar selbst täuschen und freute sich wie wahnsinnig auf die einjährige ?Augen-zu-und-durch-Tour?. Und dann? Tja, dann sind wir plötzlich ?in der Zweiten Liga angekommen?, wie so manche Gazette und die VfL-Homepage verkünden. Dabei wollten wir da doch gar nicht hin. Und wenn wir schon einmal tatsächlich da seien sollten (rein hypothetisch!), dann nur auf einer schnellen Durchreise. Hatten uns halt kurzfristig verfahren. Kann ja mal passieren. Aber zügig von hier wieder weg. Ist ja schäbig. So nach dem Motto: Abfahrt am ersten Spieltag in Saarbrücken (Zweite Liga-Startbahnhof) und Zielbahnhof im Mai 2006 die Erste Liga mit einer großen Willkommensparty. ?Seid ihr endlich wieder zu Hause, ihr Vagabunden!?, schreien uns Assauer und Hoeneß schon von weitem freudig entgegen.

Mein Gott sind das bewegte Zeiten! Wie haben sich die zahlreichen Zuschauer im Stadion auf eine deutliche Klatsche für Cottbus gefreut. War ja nur nicht klar, ob wir mit 4 oder 5 Toren Vorsprung gewinnen sollten. Unser VfL, eine Mannschaft, die auf jeder Position gespickt ist mit talentierten Profis, die so in fast jedem anderen Verein der Welt spielen könnten. Jeder Mannschaftsteil überragt durch seine Qualität jeden Gegner in dieser gruseligen Provinzliga. Tja, welcher VfL-Fan hat nicht solche oder ähnliche Gedanken nach dem Auftakt gehegt? Die Stimmung im Stadion war jedenfalls eindeutig. Doch nach der üblichen Vorfreude auf den Heimstart ? mit vielen Gesängen und ansteckender Fröhlichkeit ? wiesen die agilen Cottbuser den VfL und seine Fans schnell in seine Schranken. Erstes Murren war zu hören. Kaum einer hatte vergessen, wie sich mancher Profi in der letzten Saison durch Unvermögen blamiert hatte. Aber irgendwie steckt auch immer noch der ?Peddar? in uns allen. ?Peter der Große?, der uns jeden einzelnen Spieler als die Entdeckung der Saison verkauft hatte. Rohdiamanten, die irgendwann in geschliffener Form prachtvoll vor unseren Augen erstrahlen würden. Man kann nichts dagegen machen, aber unbewusst hofft man noch immer, dass dieser Moment tatsächlich eintreten wird. Ist halt so eine Sache mit dem ?Träumen? (siehe auch ?Deutschland entdecken 1?).

Aber die Analyse der Mannschaft im Einzelnen und Gesamten müssen wir aufschieben. Da ist mir ja schließlich dieser unglaublich debil grinsende Bayer dazwischen gekommen. Ein Populist ersten Ranges. Ein Mensch, der die dummen Ressentiments (oder solch ich sagen, die ?Ressentiments der Dummen??) mit einer waghalsigen Stimmenfängerei bedient und damit ein im Geiste immer noch geteiltes Land weiter spaltet. Man konnte darauf warten, bis einige VfL-Fans gegen den Ost-Klub Energie Cottbus den alten Gassenhauer ?Baut die Mauer wieder auf? mit einer schmissigen Melodie unterlegt anstimmten. Jetzt hätten die anderen ?frustrierten? und hinten liegenden Bochumer lautstark mitgrölen können. Die Dämme waren schließlich gebrochen und der unerwartete Rückstand nagte zutiefst am eigenen Wohlbefinden. Doch, oh Wunder, der Schlachtruf versackte. Kaum zwei Hände voll Fans hatten mitgesungen. Eine schöne und erfreuliche Überraschung. Hat Stoiber mit seinen Worten vielleicht doch das Gegenteil bewirkt? Schön wäre es ja. 

Dass ausgerechnet der Kameruner Francis Kioyo, der nach einer schweren Tätlichkeit gegen Maltritz vom sichtlich neben der Spur herlaufenden Schiedsrichter Florian Meyer schon früher vom Platz gestellt hätte werden müssen, zwei Tore für Energie schoss, ist mittlerweile ja fast nur noch Zufall. Früher war das mal anders. Die Transferpolitik unter Ex-Trainer Ede Geyer hatte zu einem Novum in der Fußball-Bundesliga geführt und verleitet heute noch rechtsextreme Organisationen zu der Feststellung: ?Der mitteldeutsche Verein Energie Cottbus führte am 6. April 2001 erstmalig vor, dass man auch ohne Deutsche spielen kann.? Hups, ?mitteldeutsche Verein?? Kommen die also gar nicht aus dem Osten? Sind die deshalb auch gar nicht diese ?Frustrierten?, von denen der Edmund sprach? Wird wohl so sein! Jedenfalls am Montagabend fühlte ich mich plötzlich wie ein ?Stoiber-Ossi?, als ich hinüber in die Cottbus-Kurve schaute: Frustriert und wie ein dummes Kalb.

Aber nichts desto trotz geht die Reise weiter: Wir steigen auf, wir steigen ab ? und zwischendurch UEFA-Cup!

Ben Redelings  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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