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Still-Leben sorgt für gigantische Massenbewegung

Gegen 5.15 Uhr am Montagmorgen wurden die letzten Zufahrten freigegeben, teilte die Polizei in Dortmund mit. Nach dem einzigartigen Kulturhauptstadtprojekt am Sonntag erwartet die Polizei nun wieder den ganz normalen Berufsverkehr auf dem vielbefahrenen Ruhrschnellweg. Mehr als drei Millionen Radfahrer und Fußgänger waren zwischen Duisburg und Dortmund über die Autobahn flaniert. Ein Teil der Besucher legte Teile der 60-Kilometer-Strecke mit Fahrrad oder Inlineskates zurück, andere ließen sich an einem der 20 000 Biergartentische nieder. So auch wir...

Damit hatten die kühnsten Optimisten nicht gerechnet. Knapp 3 Millionen Besucher kamen zum größten Spektakel der Ruhr 2010. Es war eine wahre Massenbewegung die man an diesem 18.06.2010 im Herzen des Ruhrgebiets beobachten konnte. Ich bin ehrlich, als ich um 06:15 Uhr mit dem Titel ?Marching on? von One Republic geweckt worden bin dachte ich mir schon: ?Wie bekloppt  muss ich eigentlich sein, an einem Sonntag knapp 200 Kilometer von Koblenz in seine Heimatstadt nach Dortmund zu fahren um über eine gesperrte Autobahn mit dem Rad zu fahren??

Ich sollte aber schnell erfahren warum es richtig war sich auf den Weg vom Deutschen Eck ins Ruhrgebiet zu machen. Schon gegen halb Zehn, also gut 90 Minuten vor dem offiziellen Beginn versammelten sich schon die ersten Teilnehmer oder auch Schaulustige vor den einzelnen Auffahrten zur A 40. Schon dort bemerkte man ein gewisses ?positives Knistern? in der Luft. Auch der Blick auf die, noch, verwaiste A40 hatte etwas magisches.



Ich hatte mich vor der Auffahrt Lütgendortmund bei km 16,2 in die lange Reihe von wartenden Radlern eingereiht. Kurz vor elf ging es dann los. Es war ein tolles Gefühl die ersten Meter auf der sonst von PKW und LKW befahrenen ?Hauptschlagader? des Ruhrgebiets zu fahren. Anscheinend ging es den anderen Menschen auf und um der A40 nicht anders.





Egal wo man auch hin sah, es schauten einen nur gut gelaunte Menschen an, die das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekamen. Da konnte auch der nette Hinweis eines älteren Radfahrers an eine am Rande stehende Dame, die Ihr Vehikel etwas zu sehr in der Spur parkte, mit dem Wortlaut:? Hömma Olle, park mal deinen Arsch mehr zur Seite!? nicht wirklich den positiven Eindruck mindern. Schließlich waren wir ja mitten im Ruhrgebiet, und da soll der Wortlaut gepflegter Mundart hin und wieder ja durchaus etwas ?deftiger? sein.

Das Superevent nahm seinen Lauf. Von Minute zu Minute wurden es immer mehr die die beiden Spuren bevölkerten. Das ganze zum Teil mit äußerst ansehnlichen ?Fahrzeugen?. Ob die fahrbare Theke für knapp 12 Mann, ein sehr schnelles Liegerad das schon mehr an ein Flugzeug erinnerte oder die Harley Davidson Version eines Shopper-Bikes. Alles was irgendwie bewegt werden konnte wurde für diesen Anlass mobil gemacht.

Die 20.000 Bierzeltgarnituren füllten sich immer mehr mit den unterschiedlichsten Menschen, Gruppen, Vereinen und Attraktionen. Es sollte ein Fest der Kulturen werden, und das wurde es. Ohne wenn und aber. Selbst die Anhänger der benachbarten Fußballvereine aus Dortmund, Bochum, Gelsenkirchen, Duisburg und Essen zogen zum Teil gemeinsam an den einzelnen Tischen vorbei. Alleine das war bemerkenswert.

Bemerkenswert war auch die Organisation der Veranstaltung. Es wurde an alles gedacht. Alle 500 Meter wartete auf die Besucher ein ?Erfrischungsstand? des Hauptsponsors. Und wer dachte, er müsste für ein Getränk tief in die Tasche greifen, irrte. Wo bekommt man schon einen halben Liter gut gekühltes Bier für 1,- Euro, inkl. Dosenpfand? Auch die anderen Preise waren mehr als Familiengerecht. Respekt!



Und damit es nicht zu ?unschönen? Bildern am Rande der Strecke kommt, hatte man mit 2.000 Dixi-WCs auch ordentlich vorgesorgt. Auch wenn die Besucherzahl dreimal so hoch war wie von den Veranstaltern erwartet, es musste keiner sein Geschäft im Grünstreifen erledigen. Insgesamt waren es knapp 12.000 Helfer die diesen Tag erst möglich machten.



Lediglich an den Auf- bzw. Abfahrten kam es zu den Stoßzeiten im wahrsten Sinne des Wortes zu ?Engpässen?. Dort kam es beim Still-Leben zum echten Stillstand. Der Andrang war einfach zu groß und somit mussten die Radler absteigen und ihren Drahtesel im Schritttempo durch die Nadelöhre schieben.



Wer das nicht wollte, oder keine Zeit hatte vollzog dann einen ?Spurwechsel? der besonderen Art. Einfach das Rad, mehr oder weniger Elegant, über die Mittelleitplanke samt Grünstreifen gewuchtet und dann auf der ?Standspur? den Stau umlaufen. Wo ein Wille da ein Weg! Richtung Dortmund musste man spätestens auf der Schnettkerbrücke überlegen ob man sich dem Fußmarsch mit Rad anschließt oder ob man einfach umkehrt und sich wieder Richtung Bochum bewegt.



Egal in welche Richtung man auch sein Glück gesucht hat, man kam auf jeden Fall auf seine Kosten. Alle paar Meter wurde man mit Live-Musik aus den verschiedensten Stilrichtungen beschallt. Vom Jazz, über Reggae bis hin zum Bergmannchor war alles vertreten. Gleiches galt auch für die vielen Vereine und Gruppen. Fanclubs, Doppelkopffreunde, Tischtennisspieler, Tipp-Kick Freunde, Eishockeyclubs, Schützenvereine selbst ein Pudel-Club war vor Ort. Natürlich fand man auch Firmen, Krankenkassen und sonstige Unternehmen die das Still-Leben nutzten um auf sich und ihre Dienste aufmerksam zu machen.



Was wär' Dortmund ohne Borussia? Mittendrin, zwischen Lütgendortmund und Kley gelegen, befand sich der Stand vom BVB-Fanclub Altenautal'88 aus dem Paderborner Land. Eine Oase für Schwarzgelbe, denn sie hatten das derzeit hoch angesagte Motto: "der BVB im Europacup" gewählt und ließen die vorbeischlendernden Borussen kurzerhand ihre Erinnerungen in eine schwatte Kladde eintragen. Anschließend bekam der Autor dann ein Fähnchen in die Hand gedrückt, welches er dann unter lautem Jubel in eine große Europalandkarte ins jeweilige Land seiner Erinnerung einstecken durfte. Eine gelungene Idee, die auch den Jungs von der Kirsche viel Spaß bereitete.



Zu guter Letzt darf man natürlich nicht die zahlreichen Künstler vergessen, die mit Feuerschlucken, Bodypainting, Theaterkostproben, Kabarett und noch vielen weiteren sehenswerten Auftritten für viel Freude bei den Menschen gesorgt haben.

Dieses "Still-Leben" war ein voller Erfolg und es hat geschafft was sich viele vorher gewünscht haben. Es hat Menschen verschiedenster Kulturen und Interessen verbunden. Dabei wurde eine riesen Bandbreite an Kreativität der Bewohner des Ruhrpotts dargestellt die diese Region so einzigartig macht. Mit Sicherheit kann man diesen Tag zum Anlass nehmen über eine Fortführung solcher Aktionen nachzudenken. Die Menschen im und um das Ruhrgebiet würden es auf jeden Fall wieder dankend annehmen.

So wie ich, der nach 6 Stunden glücklich und zufrieden sich wieder auf den Weg nach Koblenz gemacht hat. Nicht nur weil der Sitz im Wagen etwas bequemer war als der auf meinem Drahtesel. 

, 18.06.2010

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