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"Hartplatzhelden" siegen vor dem Bundesgerichtshof

Fußballverbände in Deutschland müssen es künftig hinnehmen, dass von Fans gedrehte, kurze Filmszenen von Amateurspielen im Internet veröffentlicht werden. Der Bundesgerichtshof wies in Karlsruhe die Klage des Württembergischen Fußballverbandes gegen die Internetplattform "Hartplatzhelden" ab.

Oliver Fritsch und sein Internetportal www.Hartplatzhelden.de haben sich im Streit mit dem Württembergischen Fußballverband am Donnerstag vor dem Bundesgerichtshof siegreich behaupten können. Demnach darf die Plattform auch weiterhin Videoaufnahmen von Amateurspielen im Internet veröffentlichen. Der Verband wollte dies als ?unerlaubte gewerbliche Verwertung? untersagen lassen und unterlag.

Mit seiner Klage wollte der WFV die durch Werbung finanzierte Internetplattform verbieten lassen. Fans, die bei Amateurspielen Videoaufnahmen gemacht haben, können dort kurze Szenen von bis zu eineinhalb Minuten einstellen. Andere Fans können sich die Spielausschnitte dann kostenlos ansehen.

Der Fußballverband klagte mit dem Hinweis, er habe die ausschließlichen Verwertungsrechte für die Spiele. Der BGH sah jedoch keine rechtliche Grundlage, um die Internetplattform zu verbieten. Der Haken an der Sache für die Hartplatzhelden und Nachahmer: Vereine können wegen Ihres Hausrechts in den Stadien Besuchern verbieten, überhaupt Filmaufnahmen zu machen.

WFV-Vizepräsident Michael Hurler sagte, man müsse das Urteil hinnehmen. "Uns war klar, dass es schwierig wird und dass wir uns auf absolutes Neuland begeben." Einen Schutz der Verwertung über das Hausrecht hält er für unrealistisch: "Wir wehren uns ja nicht gegen das Filmen, sondern gegen das Verwerten."

Der Sportjournalist und Hartplatzhelden- Gründer Oliver Fritsch nahm dies in seiner ihm eigenen Art gelassen zur Kenntnis - freute sich aber dennoch über das Urteil: "Heute ist ein Stück Freiheit für das Internet erkämpft worden, aber auch für Vereine und Spieler." Mit Blick auf ein mögliches Filmverbot sagte er: "Wenn der gastgebende Verein das Filmen untersagt, würden wir das akzeptieren", was jedoch ausdrücklich vorher angekündigt werden müsste.

Und Fritsch begründet seine Intention: ?Um es drastisch zu formulieren: Der Amateurfußball liegt am Boden. Es fehlen Zuschauer, Geld, Nachwuchsspieler, politische Macht gegenüber den Verbänden ? und das Interesse am kleinen Fußball. Wir wollten die Kleinode des Amateurfußballs einem breiteren Publikum bekannt machen, was auch gelang bisher.?

Bereits seit 2007 schwelte der Streit zwischen den Betreibern der im Jahr 2006 ins Leben gerufenen Seite und den Verbänden. Im März des vergangenen Jahres hatte das Oberlandesgericht Stuttgart in zweiter Instanz wenig überraschend entschieden, dass Amateurfußballspiele nicht gegen den Willen des zuständigen Verbandes im Internet gezeigt werden dürfen.

Damit hatte das Gericht eine Berufung der Gießener Hartplatzhelden GmbH gegen ein entsprechendes Verbot zurückwiesen. Nach einer erneut eingelegten Berufung landete der Streit dann vor dem BGH und stand nunmehr zur Entscheidung an.

Damals hatte das Gericht entschieden, dass der WFV von den Betreibern der Online-Plattform verlangen dürfe, die Veröffentlichung von Aufzeichnungen von Spielen im Verbandsgebiet zu unterlassen. Die Stuttgarter Richter hatten damit dem WFV recht gegeben, dem nach eigener Auffassung das Verwertungsrecht seiner Fußballspiele allein zusteht.

Dem Verband war die mit Werbung finanzierte Internetseite ein Dorn im Auge, weil er den kompletten Spielbetrieb organisiert. Der WFV erstelle die Spielpläne, bilde Schiedsrichter aus und halte den Betrieb mit vielen Ehrenamtlichen am Laufen, sagte der stellvertretende Vorsitzende Michael Hurler. Deshalb sei es auch gutes Recht des WFV, Lizenzen für die Bilder der Spiele zu vergeben.

"Es kann nicht sein, dass die Kosten des Spielbetriebes von den ehrenamtlich geführten Amateurvereinen selbst getragen werden müssen, mögliche Einnahmen aber von gewinnorientierten kommerziellen Unternehmen wie der Hartplatzhelden GmbH abgeschöpft werden", hatte Rainer Koch, DFB-Vizepräsident für Rechts- und Satzungsfragen, noch im Mai 2008 verkündet.

Die Reaktion darauf aus Gießen ließ nicht lange auf sich warten: "Um ehrlich zu sein, zahlen wir da derzeit drauf", entgegnete Fritsch kopfschüttelnd. "Ich finde es allerdings nicht verwerflich, dass wir eines Tages auch einmal eine Redaktion am laufen halten wollen."

Schon in der Vergangenheit sprachen die Richter dem Fall eine grundlegende Bedeutung zu. Alle ähnlich gelagerten bisherigen Fälle betrafen den Profibereich. Zudem geht es in dem Verfahren um weit mehr als um das Thema Fußball oder um einen individuellen Streit zwischen einem Verband und einem spezifischen Betreiber: Grundsätzliche Bedeutung hat der Fall vor allem, weil es um Laienaufnahmen im vermeintlich öffentlichen Raum geht.

Relevant ist das Urteil darum auch für andere Veranstalter sowie die Betreiber von Videoplattformen, die ihren Nutzern die Veröffentlichung selbstgedrehter Videos erlauben. Wir, die wir alle schon auf Asche gespielt haben, wünschen den ?Hartplatzhelden? auch weiterhin viel Erfolg!

, 29.10.2010

Siehe hierzu auch:
>> Hartplatzhelden: Vom Platz gestellt (1)
>> Hartplatzhelden: Vom Platz gestellt (2)

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