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Unfälle passieren, oder einmal Bremen und zurück!

Zwei Fahrten ? eine Meinung - oder Bremen war trotz Niederlage eine Reise wert, so könnte man es kurz und knapp auf den Punkt bringen. Wie man als BVB-Fan sein Wochenende verbringt möchten wir euch anhand eines Stimmungsberichts aus Bremen näher bringen. Dabei berichten wir dieses Mal aus gleich zwei Perspektiven darüber, wie man sich zur eigenen Bespaßung einen netten Wochenendausflug nach Bremen gestalten und dabei noch etwas für den guten Ruf der BVB-Fans tun kann.

 
Als ich mich am späten Freitag Nachmittag aus Dortmund auf den Weg nach Bremen machte, versuchte der Wettergott noch einmal freundlich, mich von der Hoffnungslosigkeit meines Unterfangens zu überzeugen, indem er es waagerecht und von vorn gegen meine Windschutzscheibe schneien ließ. Er war wohl der letzte, der es wirklich aus reinem Herzen gut mit mir meinte. Und wie dankte ich es ihm? Ganz einfach. Wie seinerzeit auch meinem Vater. Ich bot ihm die Stirn und obsiegte! Schließlich galt es nicht einfach nur ein Auswärtsspiel zu besuchen. Nein, es ging auch um einen Gegenbesuch bei meinen Bremer Freunden. Jenen Bremern, deren Mannschaft im Oktober so freundlich gewesen war, uns in Dortmund zu besuchen, zwei Tore zu schießen und davon auch noch eines für uns. Und deren Fans danach noch freundlich im Kreuzviertel ein paar Bierchen mit uns hoben.
Da reicht eben nicht einfach ein Wettergott. Es hätte schon mindestens ein Fußballgott sein müssen, um mich von meiner Fahrt abzubringen. Da aber wohl auf dem Olymp gerade keiner mehr verfügbar war, oder sich schlicht und ergreifend nicht für mich interessierte ? diesen Eindruck hat man als Dortmunder ja schon einmal ? setzte ich meine Fahrt fort. Das dabei der Auspuff immer lauter röhrte und ich letztlich mit dem wohl schnellsten Panzer der Welt in Bremen einfuhr, gab mir im Übrigen auch kein Signal.

Smalltalk mit Bremer Fans vor dem Spiel!l

Smalltalk mit Bremer Fans vor dem Spiel!l

 Nun war mir Bremen bislang nicht unbedingt eine Reise wert gewesen. Folglich kannte ich den Weg nicht. Aber dafür gibt es ja Hinweisschilder. Dumm nur, wenn man die Dinger so langsam liest, dass man dem Vordermann hintendrauf rutscht. Ja, das Wochenende wurde immer besser. Nachdem die üblichen Floskeln á la ?Es sind ja nur Autos!? oder ?Solang niemandem was passiert!? nebst Personalien ausgetauscht worden waren, konnte ich meine Fahrt also weiter fortsetzen. Das war´s dann auch erst mal mit den Unfällen und so war ich sehr froh, beim ersten Becks im privaten Kreis zu sitzen. Da der Tag es verdiente, entsprechend gewürdigt zu werden, folgten auch noch ein paar andere Becks und es wurde der avisierte fröhliche Abend.


Samstagmorgen 8 Uhr, der erste Sieg war unser! Nach einem unendlichen langen Kampf durch Schnee und vereiste Wege, kamen wir, allen Widrigkeiten zum Trotz, pünktlich am Westfalenstadion an. Von dort aus machte sich der Kirsche-Bus umgehend durch Wind und Wetter auf den Weg in Richtung Norden. Die ersten Bierkästen waren schnell geleert, umso dringender verlief die Suche nach einem Rastplatz, der dann morgens früh mal für kurze Zeit in schwarz und gelb erstrahlte. Die Zeit hätte sogar noch für eine Schneeballschlacht mit ein paar Ultras aus Leverkusen (ja richtig aus Leverkusen! Lieber Leser, auch wir waren erstaunt ? ja aus Leverkusen!) gereicht, aber gerade als wir sie erkennen konnten, fuhr unser Bus ab und unser Kutscher ließ sich zu einem längeren Zwischenstopp nicht überreden.

Eine Bierkastenlänge vor Bremen wurde es dann langsam Zeit, sich schon mal warm zu singen. Kein Schnee, 2 Grad Celsius - die Wetterbedingungen schrieen also förmlich danach, die Bremer Innenstadt musikalisch ein wenig zu erheitern. Und so manch ruhiges Nordlicht guckte ganz erstaunt, als eine Horde Dortmunder gut gelaunt und stimmungsvoll das Frühstücks-Bistro ?ALEX? in schwarz-gelbe Hand nahmen. Also, alles ab an den Tresen und Kellner Jens freute sich über die gut gelaunten Gäste aus Westfalen. Zapfhahn auf und voll die Gläser, ein kurzes ?Hier regiiiiert der B-V-B? und schon wussten die restlichen Gäste, dass dies kein normales Frühstück werden sollte. 

 

Kellner Jens kam mächtig ins Schwitzen!

Kellner Jens kam mächtig ins Schwitzen!

Spätestens als Kellner Jens ?Football is coming home? durch die Musikanlage hetze, tanzten und sangen wir gut gelaunt mit unserem Bierchen in einem Frühstücks-Bistro... ? währenddessen füllte sich draußen auch die Innenstadt und immer mehr Dortmunder kamen zum Vorschein. Das hieß für unser Grüppchen: ein freundliches und ein lautstarkes ?die Zeit mit euch war wunderschön...? an Jens und seine Crew und dann ging es ab in die Innenstadt. Nach kurzer Orientierungsphase, wo es denn jetzt in Richtung Stadion gehe, fanden wir uns in der nächsten Straßenbahn wieder. Gegen 13.30 Uhr erreichten wir das Weserstadion. Bei Bierchen und Bratwurst erkannte der ein oder andere doch gleich ein paar bekannte Gesichter. So langsam konnte über die mögliche Aufstellung, die Finanzkrise und Sammers Unterwäsche diskutiert werden. 
 
Gut eine Stunde vor Spielbeginn hieß es dann ab ins Stadion. Nach dem üblichen Abtasten nach Maschinenpistolen, Atomwaffen und Flugzeugträgern unter dem Trikot oder Kirsche-Shirt durften wir dann endlich in den Gästeblock. Mit der Unterstützung zahlreicher gelber Fahnen, welche die ?Unity? ausgelegt hatte, erstrahlte der Gästeblock schon früh in den schönsten Farben der Welt. Hierbei sollte ebenfalls löblich erwähnt werden, dass der Ordnungsdienst in Bremen keine Einschränkungen an die BVB Fans in Bremen stellte. Schwenkfahnen, Doppelhalter und sogar eine ?Blockfahne?, die vom Oberrang herabgelassen wurde, wurden erlaubt. Es war endlich mal wieder eine schöne Erfahrung, als Gästefan nicht wie ein Schwerverbrecher oder potentieller Amok-Läufer behandelt zu werden. 

Charmeur Kurz in voller Aktion!

Charmeur Kurz in voller Aktion!

 Das Spiel durfte also beginnen, über die Stimmung im Bremer Block ist echt nicht viel zu sagen. Die Schwenkfahnen, die sonst meist vor dem Block positioniert sind, waren diesmal im, von uns aus, rechten Block des Stehplatzbereichs. Ein paar Papierschnipsel und Toilettenrollen brachten auch nicht sonderlich viel Farbe ins Spiel ? Stimmungstechnisch waren die Bremer zu keiner Zeit meisterlich. Nordische Gelassenheit auch nach dem glücklichen Führungstreffer durch Ismael. Scheinbar hat der Bremer ein halbes Jahr nach seinem legendären Eigentor in Dortmund endlich verstanden, in welches Tor der Ball gehört. Weniger lernfähig zeigte sich der ein oder andere Borusse.
 

 

Denn so mancher Gästefan fragte sich ein aufs andere Mal, warum einem Odonkor oder Gambino nach starker Hinrunde kein Vertrauen mehr geschenkt wird oder warum Ewerthon 90 Minuten dafür braucht, um zu erkennen, dass Bremen eine gut funktionierende Abseitsfalle hat.

Der Stimmungslage im Gästeblock tat das 0:1 keinen Abbruch. Die Mannschaft wurde weiterhin fleißig nach vorne gepeitscht ? lautstark aber erfolglos. Erst schien die BVB Mannschaft nach der schweren Verletzung von Rosicky ein wenig gelähmt, dann wurde sie von ?Dickerchen? Ailton auch noch überrollt. Ein wenig enttäuscht, aber in Vorfreude auf einen schönen Abend in der Hansestadt, verließen wir also das Stadion in Richtung Innenstadt.

Für meine Wenigkeit ging es am späten Samstag Vormittag nach einem ausgiebigen Frühstück zum Stadion und nachdem wir noch den einen oder anderen auf dem Weg getroffen und begrüßt hatten, schmeckte auch das Becks schon wieder ganz ordentlich.
Zum Spiel muss ich nun wirklich nicht mehr viele Worte verlieren. Aber in dem Moment, als Rosicky über den Rasen purzelte, muss mich augenscheinlich mein alter Bekannter vom Freitag, der gute, alte Mr. Murphy wieder entdeckt haben. Und dass, obwohl ich mich zwischen den Bremern in der Ostkurve versteckt hatte. Woran hatte er mich erkannt? Daran, das mir die Bremer wegen meiner Farben Styling-Tipps und gute Wünsche an meine Mutter mitgeben zu müssen meinten? Oder daran, das sie sich einen Spaß daraus machten, bei jedem unserer Spieler die Ablösesumme zu erfragen, die er seinerzeit gekostet hatte? Ist Mr. Murphy etwa ein Bremer? Jedenfalls brach sich Rosicky erst mal fürchterlich den Arm und die Bremer legten uns hernach noch das zweite Ei ins Nest. Und diesmal kamen sie nicht mit den Richtungen durcheinander.


Werbung in eigener Sache: das Image der BVB-Fans muss dringend aufpoliert werden.

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Unsere Stimmung blieb trotz der Niederlage auf einem hohen Level und so machten wir uns auf, die anderen Kirschen suchen. Nachdem wir sie kurz getroffen hatten, mussten wir uns allerdings auch schon wieder Trennen, weil einige der älteren Herren so clever waren und ihre besseren Hälften in der City zum Einkaufen gelassen hatten, während sie das Spiel besuchten. Das war eine mir bis dato völlig unbekannte Form des Frauenparkplatzes! Also gingen diese gutgelaunten schwarzgelben Gestalten in die City, während ich mit den Bremern ins Viertel gleich neben dem Stadion ging. Aus der für später angedachten Wiedervereinigung der Fraktionen wurde dann allerdings nichts mehr. Das lag zum einen daran, dass das Bier in der Kaschemme, in der ich nun stand, auch sehr gut mundete und es darüber hinaus draußen ziemlich kalt war.


 
In der Bremer Altstadt angekommen suchte unsere 30-Personen starke Gruppe umgehend den erstbesten Irish-Pub auf, um bei paar Gläsern ?Kilkenny? und ?Guiness? die Niederlage sachlich zu analysieren. Um kurz nach 21 Uhr kribbelte es dann aber wieder in den Füßen. Jetzt musste Party her, also ab durch die Altstadt von Bremen und nach kurzer Suche der Einmarsch in die Bremer Gasthausbrauerei ?Schüttinger? mit Privatausschank. Ja hier konnte man den Abend gut ausklingen lassen. Auf zwei Etagen gut gelaunte Bremer bei Steak und Bier, unten ein DJ, der versuchte die paar Gäste auf der Tanzfläche zu unterhalten. Doch dann kamen wir ? 30 gut gelaunte und Partywillige Dortmunder, die gleich mal für ordentliche Stimmung sorgten. 

Die Stimmung im Gästeblock war trotz des mäßigen Spiels durchgehend gut.

Die Stimmung im Gästeblock war trotz des mäßigen Spiels durchgehend gut.

Fort an war nichts mehr so, wie es einmal war. Dortmunder und Bremer feierten gemeinsam bei Musik und gutem Bier. Und spätestens als der Bremer-Anhang ?Dortmund hat die geilsten Fans der Welt? skandierte, war es für uns an der Zeit den Bremern musikalisch zur Meisterschaft zu gratulieren. Es war jene gute Stimmung, die an zahlreiche Feiern mit Freiburgern und Sechzigern in den 90er Jahren erinnerte, es war eine Erinnerung an jene Feiern, die uns Dortmunder in Deutschland bekannt und beliebt gemacht haben. Es war aber auch ein Zeichen dafür, dass es einige Zeit brauchen wird, die miserable Außendarstellung unseres Vereins durch einige Partys zu korrigieren und unseren Status als ?arrogante, geldgierige Anhänger eines Börsenclubs? abzuarbeiten. 
Auf alle Fälle war es schön zu sehen, dass Fussball Menschen verbindet und wenn wir bei einer Polonaise gelernt haben, dann die Tatsache, dass auch Bremer sehr gut feiern können. Um kurz vor Mitternacht verabschiedeten wir uns aus Bremen mit dem Dank an jene Stadt, die jeden Fan freundlich willkommen heißt und für viele Städte, im Hinblick auf die Weltmeisterschaft in Deutschland, noch beispielhaft werden kann. Auch wenn diese Auswärtsfahrt sportlich eine ?Null-Nummer? war, so war sie von der Stimmung und dem Spaßfaktor einfach einmalig.

Als unsere gemischte Truppe dann nach etlichen weiteren Bierchen der Heimweg angetrat, musste ich erkennen, was für einen langen Atem Mr. Murphy doch hat. Schubst mich der Typ doch mit meinem Leihfahrrad (Bremen ist klein!) in die Straßenbahnschienen und mich damit voll auf die Fresse. Als ich am nächsten Morgen dann meine Blessuren untersuchte, konnte ich allerdings erleichtert feststellen, dass außer ein paar Schürfwunden und schmutzigen Klamotten nichts passiert war. Daher fühle ich mich nun berufen, Matthias Sammer und seiner Mannschaft einen guten Rat zu geben;
Von Unfällen bleibt niemand verschont. Aber wenn ihr wollt, das sie glimpflich ausgehen, dann sauft Euch am besten vorher mal so richtig zu. Denn gegen die Weisheit, das besoffene und kleine Kinder immer Glück haben, hat auch Mr. Murphy kein Rezept. Während der Rückfahrt bewahrte mich schließlich mein Restalkohol vor weiteren schlimmen Folgen dieser Auswärtsfahrt.

Um Sonntagmorgen um 4 Uhr war auch für den Kirsche-Bus auch alles vorbei. Totmüde, erschöpft, ohne Punkte, aber mit einem Lächeln im Gesicht lasse ich mich in mein Bett fallen. Die Auswärtsfahrt nach Bremen 2004 war also Geschichte. Einem ausgiebigen Frühstück, einer unendlich langen Dusche und einem strecken & räkeln später kann ich nun also auf eine Auswärtsfahrt zurückblicken, die momentan seines gleichen sucht...

Majo/Kurz - 02.03.04

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