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Das hat nichts mehr mit Fußball zu tun!

Nahezu jeder Verein in den deutschen Profiligen hat sie. Ihre sportpolitischen Leitlinien sind Anti-Kommerz und Anti-Stadionverbot. Dazu gesellt sich nicht selten eine ausgeprägte Antipathie gegen einen ?rivalisierenden? Verein. Alles-Anti oder was? Was bleibt über? Ein Leben für den Verein ? nach eigener Aussage mehr als 100 Prozent! Was sich schon aus der lateinischen Bedeutung ihrer Bezeichnung ableiten lässt, was auf Deutsch soviel wie ?darüber hinaus? heißt. Wer sie sind? Sie sind die Ultras!

Fußballfans sind keine Verbrecher?
Also sind es keine Fußballfans?


Weit über das Zumutbare hinaus geht allerdings das Verhalten von so manchem, selbsternannten Ultra! Einem Teil der Ultras in deutschen Stadien wird immer mehr Aggressivität und Gewalt gegenüber dem ?feindlichen Lager? aber auch dem ?Normalo-Fan? (auch Modefan) aus den eigenen Reihen zugeschrieben. Eine einfache Pauschalisierung, die meistens durch Presse und schlecht informierte, selbsternannte Szene-Kenner getroffen wird. Dies ist allerdings nicht so leicht, wie es sich manche machen.

Denn das Gros der Ultra-Bewegung lebt nach dem Credo alles für den Verein zu geben, bleibt dabei aber gesittet und friedlich, sind Menschen wie Du und Ich und gehen den verschiedensten Beschäftigungen nach. Vom Schüler bis zum Beamten sind alle beruflichen Tätigkeitsfelder unter ihnen vertreten.

Dennoch: Die Gewaltbereitschaft in Teilen der Ultrabewegung und unter vielen Mitläufern der "Szene" wird immer größer. Belegt wird das nicht zuletzt durch die, mit ULTRA´DO gezeichneten Plakate, die gegen den Erzrivalen aus der ?verbotenen Stadt? zur offenen Gewalt aufrufen. Ein Offenbarungseid! Dass das Derby dennoch größtenteils friedlich von statten ging, ist vor allem der hohen Polizeipräsenz und den vielen tausend vernünftigen Fußballfreunden zu verdanken, die den Reviergipfel begleiteten. Am Samstag wurden 28 Schalker- und 15 BVB-Fans bis Spielende, aufgrund von gefährlicher Körperverletzung, Landfriedensbruch und Sachbeschädigung in Gewahrsam genommen (Quelle: Polizeibericht Dortmund).

Und es bleibt nicht nur bei bloßen Aufrufen, Ankündigungen und Versuchen. Beim sogenannten Bayern-Derby zwischen dem Rekordmeister aus München und dem Club aus Nürnberg kam abseits es an einem U-Bahnhof zu einer Schlägerei mit 50 etwa beteiligten Personen gekommen, die dazu führte, dass der Bahn-Verkehr für etwa 20 Minuten gestoppt werden musste.

Ist kein ?feindlicher Fan? in Sicht, entlädt sich der Hass gerne auch mal in Form von Sachbeschädigungen. Am vorletzten Wochenende besprühten gegnerische Fans in Bielefeld den Gästebus aus St. Pauli mit Parolen, HSV- und Arminia-Schriftzügen. Am Ende blieb ein Sachschaden von etwa 5.000 Euro. Die nächtliche Ruhestörung vor dem Hotel des FC St.Pauli durch einige wenige Arminiafans kann da schon fast als Bagatelle durchgehen.

Fahnenklau als Freizeitsport

Zu einem wahren Sport ist der Fahnen-, Schal- und Bannerklau mutiert, bei dem es Ziel ist, Devotionalien gegnerischer Fans zu stehlen oder unter Androhung von Gewalt (manchmal auch durch direkte Gewalt) abzupressen und im Fanblock als Demütigung dem feindlichen Lager zu präsentieren. Berühmtestes Beispiel für diesen illegalen Sport ist wohl der Einbruch ins Dortmunder Westfalenstadion mit dem Diebstahl des "Gelbe-Wand-Banners" von der Dortmunder Südtribüne.

Wenige Tage vor der "Mutter aller Derbys" am vergangenen Wochenende versuchten übrigens erneut fremde Personen Zutritt zu einem verschlossenen Raum im Westfalenstadion zu bekommen um dort möglicherweise Fanutensilien zu entwenden, indem man anwesende Mitarbeiter um Zutritt bat. Ob am Ende dennoch Fanmaterial aus einem Fahnenraum gestohlen wurde, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Die Utensilien, welche im Anschluss an das Revierderby auf der Nordtribüne präsentiert wurden, wurden augenscheinlich aber abseits des Westfalenstadions entwendet. Die Polizei hat inzwischen bereits erste Tatverdächtige identifizieren können. Diebstahl, Einbruch und Hausfriedensbruch scheinen Straftaten zu sein, vor denen fanatische Anhänger nicht mehr zurückschrecken. Verbrechen für die eigenen Farben kommt bei einigen, wenigen Fans scheinbar immer mehr in Mode.  

Dabei lautet ein Leitsatz, den auch die Ultras immer wieder verkünden, und in dem sich sogar sonst stark verfeindete Fanlager einig sind: Fußballfans sind keine Verbrecher! Ein Leitsatz, der unter den oben angeführten Tatsachen doch eher wie eine Falschaussage anmutet.

Die ?Selbstreinigung? der "Szene" auf den Tribünen und innerhalb der verschiedenen Fangruppierungen funktioniert auch deswegen schon lange nicht mehr, weil den schwarzen Schafen in der Anonymität der teils sehr großen Gruppen oder in deren "Gefolge" Schutz geboten wird. Hier sind die Verantwortlichen, die Köpfe der entsprechenden Gruppierungen gefragt! Nur wenn sich die betroffenen Fangruppen von dem Verhalten und den einzelnen Personen selbst abgrenzen, wird ein öffentliches Image als interessierter Fußballfan und begeisterter Supporter eine Chance haben. Stattdessen werden durch die Taten Einzelner und die folgende Berichterstattung in den Medien viele Fußballfans in die Nähe von Gewalttätern und verkappten Hooligangs gerückt. Es ist wie bei allen Klischees: Einige wenige ziehen den Rest mit. Allerdings kann in diesem Fall nur eine Regulierung von Innen erfolgen. Bitte Handeln!

Zudem darf man sich noch die Frage stellen, wie lange es sich die betroffenen Vereine noch leisten können, nahezu tatenlos diese Entwicklung zu ignorieren.

Alle Fans sind gleich, aber manche sind gleicher?

Wo der Einsatz gegen andere Vereine eher fragwürdig ist, ist die Aufopferung der Ultras für die eigenen Farben nahezu beispielhaft, denn auf der Tribüne angekommen, leben die Ultras ihre Affinität durch Dauergesang, Doppelhalter, Fahnen und Choreographien aus. Einen Einsatz, den sich jeder Fan zum Vorbild nehmen könnte, der jedoch nicht als selbstverständlich angesehen werden sollte. Ein Ultra ist freiwillig und aus Überzeugung ein Ultra, ein Fan und vielleicht noch ein bisschen mehr als das. Dennoch darf aus dem aufopferungsvollen Einsatz kein Machtanspruch entstehen. Durch Einsatz erhält man nicht automatisch zusätzliche Rechte gegenüber anderen Fans und Sympathisanten auf der Tribüne oder im Block.

Schnell stand dann in den letzten Jahren die Abwertung anderer Anhänger zum sogenannten ?Modefan? im Raum. Dabei sollte es jedem selbst überlassen bleiben, aus welchen Gründen er ins Stadion geht. Und sei es nur für die leckere Wurst mit Senf und Ketchup, bei Helga an der Ecke zwischen Haupttribüne und Fankurve, wo man sich seit jeher mit seinen Kumpels von der Arbeit zu einem kleinen Imbiss in der Halbzeit trifft.

Das Fußballspiel sollte zwar weiterhin im Vordergrund stehen, doch auch das Miteinander, das Erlebnis Fußball, die Gleichheit auf der Tribüne sind bei den meisten Stadiongängern weitere wichtige Ereignisse, welche es neben dem Erlebnis ?Bundesligaspiel? gibt. Jemand dem diese kleinen Dinge vielleicht mehr bedeuten, als das Spiel, das Ergebnis oder gar der Verein, hat doch nicht aufgrund dieser Tatsache seine Daseinsberechtigung im Stadion verwirkt! Darf er sich deshalb den Verein, für den er eventuell sogar nur leichte Sympathien hegt, nicht vor Ort, sondern nur im heimischen (und völlig überteuerten) Pay-TV ansehen? Oder reicht es, wenn er die heiligen Hallen, also den Fanblock, verlässt und es sich auf den, in der heutigen Zeit viel zu teuren Sitzplätzen gemütlich macht? Sind die erschwinglichen Stehplatzkarten - insbesondere auch bei Auswärtsspielen - nur den Vollblutfans vorenthalten? Und wer definiert eigentlich, wer nun Vollblutfan, Gelegenheitsbesucher oder Ultra ist und welche Vorzüge oder Nachteile er deswegen genießt oder in Kauf nehmen muss? Fragen, die man sich als freier Mensch und Fan durchaus einmal stellen sollte!

Nicht jeder, der seinen Verein voll unterstützt und sein Leben in den Farben seines Vereins färbt, muss ein Ultra sein. Nicht jeder Ultra ist gleichzeitig ein wild um sich schlagender Hooligan. Und nicht jeder, der seinen Verein einfach live im Stadion erleben will, aber nicht gerade der Typ ist, der in der 90sten Minute bei einem 2:0 Rückstand auf den Zaun klettert und seine Mannschaft nach vorn zur Aufholjagd peitscht, ist ein Modefan. Jeder sollte sein Leben als Fußballfan und Anhänger eines Vereins nach seiner Facon leben können! Aber bitte ohne Gewalt! Denn ein Wort, das die Administrative der Fußballverbände immer wieder propagiert gilt immer noch ? auch wenn sie sich selbst nicht unbedingt immer daran halten. Es lautet: Fairplay!

In diesem Fall nicht auf dem Rasen, sondern auf und hinter den Tribünen, vor dem Stadion und im privaten Umfeld.

, 30.09.2009

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