Magazin für Freunde des Fußballs und seiner Kultur

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Elf Jecken sollt ihr sein!

Eine Fußballmannschaft besteht bekanntlich aus elf Leuten, früher waren das im Idealfall Freunde (egal, ob das Zitat Sepp Herberger gehört oder vor ihm da war). Das ist aber kein Muss. ?Wichtig is? auffem Platz?, das hat uns Adi Preissler (und kein anderer!) gelehrt. Deswegen gibt es beim Fußball den Kapitän, der ist nicht nur auf dem Feld der Boss. Weil der arme Kerl mit Platzwahl, Wimpel tauschen, Spielerfrauen küssen, Prämienaushandeln, PR-Terminen und sonstigem Gedöns genug am Hut hat, wird er heutzutage im Normalfall von einem Mannschaftsrat unterstützt.

Beim Karneval ist das nicht viel anders. Chef der Angelegenheit ist der Prinz, seinen Mannschaftsrat bilden, zumindest im Rheinland, Bauer und Jungfrau. Und der gesamte Haufen besteht, wie könnte es anders sein, aus elf Männeken, dem Elferrat. Puppenlustige Gesellen, denen die Narretei in die Wiege gelegt worden ist. Allerhöchste Zeit also, jetzt zur Blütezeit von Fasnacht, Fasching oder Karneval (das ist so ähnlich wie Christentum, Islam etc. - viele Bezeichnungen meinen im Grunde das Gleiche) der höchsten Spielklasse des deutschen Fußballs endlich einen adäquaten närrischen Überbau zu verpassen: den Elferrat der Liga.

Um eventuelle Unklarheiten, überflüssige Diskussionen und zwecklose Schadenersatzklagen von vornherein zu unterbinden, gehen wir die Sache streng hierarchisch an. Von oben nach unten, wir benennen zuerst das Dreigestirn.

Prinz: Poldi, ist doch klar! Er heißt so, ein ganz wichtiges Kriterium. Er ist Kölner, ein fast noch wichtigeres. Er kehrte freiwillig aus der Fußball-Hauptstadt der Republik in die Karnevals-Metropole und seine Heimat zurück. Nahm billigend in Kauf, sich sportlich zu verschlechtern. Tat das auch mit fast schon unheimlicher Konsequenz und dümpelt im Kicker-Notenschnitt irgendwo zwischen Artur Wichniarek und einer umgetretenen Eckfahne herum. Poldi, Du bes jeck ? bliev su, wie Du bes!

Jungfrau: Natürlich Jens Lehmann. Oder kennt ihr einen anderen 40-Jährigen, der sich auf dem Fußballplatz in schöner Regelmäßigkeit so verhält, als sei sein Gehirn noch nie von einem Gedanken berührt worden? Lehmann repräsentiert seit Jahren konsequent karnevalistische Extraklasse und wird nach seinem Karriere-Ende eine Lücke hinterlassen, die kaum adäquat zu schließen ist. Rote Karten, Eseleien, Kindereien - du wirst uns fehlen, Jens! Manchmal zumindest.

Bauer: Nach erbitterter interner Debatte machte Karim Haggui das Rennen. Der Verteidiger von Hannover 96 zog durch zwei Eigentore in einem Spiel mit dem großen Franz Beckenbauer gleich. Obwohl dessen karnevalistische Lebensleistung ligaweit bis zum 200-jährigen BVB-Jubiläum unerreicht bleiben wird, ist Haggui in dieser Session unser Bauer. Mit Potenzial: Einfach mal auf einer Weihnachtsfeier eine Sekretärin schwängern, hin oder wieder mal soeben verkündeten Unsinn durch die Behauptung des genauen Gegenteils ad absurdum führen oder eine These von Sepp Blatter vehement verteidigen, dann könnte auch er zum Adel aufsteigen. Schaun mer mal!

Soviel zum Dreigestirn. Doch ohne die passende Begleitung ist das beste Trio soviel wert wie ein komplett überdachtes Fußballstadion, in dem konzertiert und Biathlon gelaufen wird: nicht viel.

An Rafinha geht kein Weg vorbei. Ein Typ, der als Schalker aufsteht, als Wolfsburger zu Mittag isst und als Juve-Star zu Abend diniert. Das Verkleiden liegt dem kleinen Brasilianer offenbar im Blut: Im harmlosen Schafsgewand betritt er den Platz, um sich dort mühelos in einen bösen Wolf zu verwandeln, der dauerfoulend Zähne zeigt und Krallen ausfährt. Einer jener Spieler, denen man als Schiri schon zum Anpfiff Gelb zeigen möchte.

Gelb trug lange Florian Kringe. Der ließ sich vom BVB ausleihen - allein dafür könnte er den ?Orden wider dem tierischen Ernst? einfordern. Aber von der Borussia zur Hertha? Das ist wie Gisele Bündchen verlassen, um am Grab von Inge Meysel Unkraut zu zupfen! Flo, hast du versehentlich Schalker Gras geraucht?

Alternativlos ist Marc van Bommel: Der Holländer ist der unfairste Spieler außerhalb Uruguays. Dabei kann er so putzig parlieren, dass man fast meinen möchte, er sei ein ganz netter Kerl. ?Jeck? umschreibt ihn nur unzureichend, der Bursche ist knatschjeck, wie man in Kölle säät. Mindestens. Solange er in der Bundesliga kickt, hat er seinen Stammplatz im Elferrat so gut wie sicher.

Ebenso wie Torsten Frings. Ein Verdrängungskünstler vor dem Herrn. Hält sich wegen seiner langen Haare, ein paar Tattoos und demonstrativ zur Schau gestellter Schnoddrigkeit für einen Dauer-20-Jährigen. Und offenbar auch für einen ?Natur-Nationalspieler?. Der meint, seine Freundschaft zu Michael Ballack sei wichtiger als Leistung und reiche aus, um zu Ländespielen und Turnieren eingeladen zu werden. Einfach nur albern, der Typ.

Ohne größere Diskussion schaffte der Mainzer Stürmer Aristide Bancé die Aufnahme in den erlauchten Kreis. Dieser Junge schauspielert wie Luca Toni, obwohl er weder dessen Torquote noch italienische Wurzeln hat. Sympathisch macht ihn das nicht, einen gewissen Unterhaltungswert kann man dem Burschen trotzdem nicht absprechen. Schließlich ist er ja in einem karnevalistischen Epizentrum zu Hause. Wobei: Mainz finde ich nett, ihn nicht.

Auch vom nächsten Kandidaten kann man sich kaum vorstellen, dass ihn jemand außerhalb seines engsten Umfeldes nett findet. Ebenso gut könnte man Silvio Berlusconi als integren Vorzeigepolitiker bezeichnen. Frankfurt-Fiesling Maik Franz ist unbestritten Narr oder Jeck - sucht euch was aus. Meinetwegen bei Google oder Aldi. Seine Berufung zu begründen, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Und so was tun wir nicht.

Nicht vergessen dürfen wir Alexander Baumjohann: Wechselte in der Winterpause von Bayern zu Schalke, weil er auf der Bayern-Bank so gefroren hat und deswegen lieber in der Halle kicken will. So ein Püppchen! Muss stündlich mit seiner Degradierung zum gemeinen Tanzmariechen rechnen.

Und zuletzt Joachim Löw: Sein Einzug in den Elfferrat ist auch der Posse um seine Vertragsverhandlung geschuldet. Und wer so albern nominiert wie der Bundestrainer aus Baden (ich sach nur Matts Hummels?), der gehört einfach in diese drollige Runde. Der ursprünglich vorgesehene Friedhelm Funkel erfüllt durch die Übernahme der Mission Hertha sowie seine rheinländische Herkunft als Neusser und traditioneller Teilnehmer an Umzügen und Sitzungen sämtliche Kriterien. Seine Aufnahme in künftige Elferräte ist lediglich Formsache.

, 11. Februar 2010. Fotos (Montagen): Claudia Vonstein

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