gib mich die Kirsche - BVB und Fußball-Fanzine

Magazin für Freunde des Fußballs und seiner Kultur

Wir über uns

 | 

Impressum
Home
Gelbfieber
Konferenz
Smalltalk
Abgegrätscht
Freier Raum
Kirsche-Shop
< März 2010 >
Mo Di Mi Do Fr Sa So
1 2 3 4 5 6 7
8 9 10 11 12 13 14
15 16 17 18 19 20 21
22 23 24 25 26 27 28
29 30 31  

Nationalelf:

REVIER-Kolumne:

Redaktionssitz:

Zidan zerlegt die falsche Borussia

Aus dem Westfalenstadion berichten
Holger W. Sitter und Christoff Strukamp

Ein Anblick, an den man sich gewöhnen kann

Ein Anblick, an den man sich gewöhnen kann

Seit Wochen gab es in und um Dortmund kein anderes Thema mehr. Sämtliche Telefone in der Geschäftstelle standen nicht mehr still, weil die Anhänger der Schwarzgelben in weiser Voraussicht bereits einige der dann viel zu wenigen Endspielkarten ordern wollten. Was wurde nicht zuletzt überall die Historie bemüht, in der Mottenkiste gestöbert und erlebte Geschichte von vor 19 Jahren auf Wahrscheinlichkeiten und Parallelen durchforstet. Der BVB und der Pokal. Nicht grad eine Erfolgsstory, da nicht zuletzt eher mit Hindernissen, Wagnissen und peinlichen Blamagen behaftet. Doch diesmal ist alles anders...

Michael Zorc: ?Die Region giert nach einem Erfolgserlebnis?

Und ausgerechnet diese unstete und leidenschaftslose Doll-Elf, die es sich mit lediglich 29 Punkten aus 24 Spielen auf Tabellenplatz 13 ?gemütlich? gemacht hat, sollte es richten (Kapitän Wörns: ?Damit können wie die ganze Saison retten?). Mit einem Erfolg im Pokal-Halbfinale wollte der BVB also versuchen, einiges wieder gut zu machen und die über 70.000 Fans im ausverkauften Westfalenstadion und Millionen an den Fernsehgeräten halbwegs versöhnen.

Trainer Doll konnte freilich nicht ganz überraschend gegen den Zweitligisten aus Jena wieder auf die zuletzt im Punktspiel beim Hamburger SV geschonten bzw. angeschlagenen Stammspieler Sebastian Kehl, Alexander Frei und auch Florian Kringe, der allerdings zunächst nicht in der Startelf stand, zurückgreifen. Eine wunderbare Choreo des Wahrzeichens der alten Hauptstadt mit dem ?Union-U? der Westfalenhalle statt Quadriga oben drauf und einem Transparent mit der Aufschrift: Ganz Dortmund singt im Chor ? ?auf zum Brandenburger Tor? sorgte bei voller Hütte für die richtige Einstimmung vom Start weg.



Und Borussia versuchte von Beginn an zu zeigen, wer Herr im Haus ist. Eine flotte Anfangsviertelstunde, in der Marcel Schied (11.) für die erste Gästechance verantwortlich zeichnete. Doch nur eine Minute später war es dann Dede, der eine seiner butterweichen Flanken auf den 2. Pfosten zirkelte, wo Petric gewaltig hochstieg und aufs Tor köpfte. Vasili Khamutouski parierte glänzend, konnte aber nur abklatschen und Tinga kickte den Abstauber zur umjubelten 1:0 Führung ein (Foto). Ein wirklich gelungener Beginn!



Dann eine schöne Ballstafette über Rukavina auf der Außenbahn, der flankte auf Frei und der wiederum legte auf für Petric, doch der Top-Torschütze des BVB trifft das Leder nicht richtig und Jenas Keeper hielt sicher (20). Jeder konnte es sehen: Da unten spielte eine ganz andere Mannschaft, als noch am Wochenende in Hamburg. Auch wenn nicht immer alles schön aussah, wie Simak und Nils Petersen kurz drauf aufzeigten, als es in der Deckung zu ersten Unstimmigkeiten kam. Die kamen auch auf den Rängen auf, denn ohne Not wurde aus der Süd der bislang so friedfertige Gästeanhang provoziert, der sich natürlich dann eilends bemüßigt sah, umgehend zu antworten. Völlig unnötig so was! Unten auf dem Rasen ließ der sich nun in der Führung sonnende BVB so ein wenig die Zügel schleifen, was Jena nach etwa einer halben Stunde Spielzeit immer mehr gelegen kam. Selten einmal wurde der weißrussische Nationalkeeper im Gehäuse der Blau-gelb-weißen überhaupt beschäftigt.

Jena war mehrmals nah dran am Tor in Dortmund

Jena war mehrmals nah dran am Tor in Dortmund

Im Gegenteil: Michael Stegmayer hatte sogar die Einschusschance zum Ausgleich, trat aber gottlob über den Ball (33.). Ganz Jena merkte plötzlich: man, hier geht doch was! Der BVB produzierte in dieser Phase nur noch Stückwerk und spulte alles weitestgehend aus dem Stand ab. Trotzdem spielte sich dann unerwartet wie plötzlich Petric in der 40. Minute durch und prüfte Khamutouski innerhalb einer Minute zwei Mal ernsthaft. Kurz drauf zwang Simak dann in der 44. Minute Borussen-Zerberus  Ziegler zu seiner bislang größten Tat, als er einen seiner Kracher aus 16 Metern mit einer Flugeinlage entschärfen musste. Dann pfiff Manual Gräfe die ersten 45 Minuten ab und bat zum Pausentee.

Hitziger Jan Simak sieht Rot-Gelb

Zum 2. Durchgang spielte der BVB jetzt wie gewohnt auf die gelbe Wand Richtung Süd. Im Gästeblock der Nord explodierten derweil Rauch und einige Bengalos. Unschöne Sitte immer noch. Klimowicz, Valdez, Kringe & Co liefen sich unterdessen im ?Nebel? schon mal warm. Nach 50 Minuten sah dann ausgerechnet Enfant Terrible Jan Simak vom Berliner Schiri Gräfe völlig überraschend die gelbrote Karte wegen Beifall Klatschens, was das Stadion sogleich aufrüttelte. Die Carl Zeiss-Fans hingegen quittierten jetzt die Entscheidungen des ?Schwatten? mit höhnischen Schieber-Rufen. Im Strafraum der Thüringer indes, brannte es jetzt immer mal wieder lichterloh, doch die Dortmunder stellten sich sowohl bei Tingas Schuss, als auch bei einer Federico Hereingabe selbst ein Bein durch bekannte Unpräzision.

Der effektivste Joker der Liga: "Klimo"

Der effektivste Joker der Liga: "Klimo"

Torsten Ziegner merkte dann mit einem scharfen Schuss aus spitzem Winkel an, dass die Bürger-Truppe auch noch da ist. Marc Ziegler im BVB-Tor hätte Mühe gehabt, den aus dem langen Eck zu fischen (64.). Doll hatte dann genug von grobmotorigen Zuspielen der Marke Buckley und schickte mit einem Doppelwechsel für den Südafrikaner Kringe und Klimo für Alex Frei ins Rennen, was nicht alle gut fanden auf den Rängen - aber unverzüglich Wirkung zeigen sollte. Der erneut unterirdische Federico wäre da sicher eher eine Option für die Ersatzbank gewesen (69.). Und der argentinische Goalgetter machte sofort das, was er als bester Einwechselspieler der Liga am besten kann: er netzte einen Kringe-Schuss abstaubend ein (71.). 2:0 für den BVB (Foto) und sofort brandete ?Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin? und ?oh wie ist das schön, sowas hat man lange nichtv gesehen...? im gesamten Stadion auf. Eine tolle Akustik!

Jetzt war spürbar eine Vorentscheidung gefallen, auch wenn der FC Carl Zeiss sich hier weiterhin gut verkaufte und mit dem Sturm eines Tabellenletzten der 2. Liga die schwarzgelbe Hintermannschaft ein ums andere Mal in arge Verlegenheit brachte und dafür sorgte, dass Ziegler weiterhin beschäftigt wurde. Dem seit Wochen unermüdlich rackernden Tinga wurde dann eine Pause gegönnt und Mats Hummels durfte noch für knapp 11 Minuten ran. Florian Kringe hätte dann in der 80. Minute die Chance mit einem Heber alles klar zu machen müssen, aber 22 Meter vor dem Gehäuse versagten ihm leider im Duell mit Jenas Keeper die Nerven. Petric wurde dann noch ein Tor zurückgepfiffen (83.). FC-Coach Henning Bürger gönnte dann zur Freude der BVB-Fans noch Kosi Saka an alter Wirkungsstätte die restlichen 5 Minuten Spielzeit. Und eine Minute später machte dann Mladen Petric doch noch ?sein? Tor und nagelte mit dem 3:0 schlussendlich den Deckel drauf (87.) auf die erfüllten Ambitionen des Abends.



Borussia Dortmund hat einen ganz großen Schritt getan, um diese bisher so unerfreuliche Saison halbwegs zu einem guten Ende zu führen. Welche Konstellation es für Berlin letztlich geben wird, entscheidet sich also dann morgen in München. Der BVB Führung mag es egal sein. Der Pokalwettbewerb hat den finanziellen Spielraum merklich wachsen lassen. Grund genug zu hoffen, dass der BVB sich endlich adäquat auf seinen Schwachstellen zur neuen Saison verstärkt. ?Wir werden jetzt nicht nur auf den 19.April hinarbeiten?, formulierte ein sichtlich erleichterter Thomas Doll im Nachgang. Allein uns fehlt der Glaube, dass dieser heutige Tag tatsächlich positive Wirkung auf die Leistungsentwicklung des Teams insgesamt haben könnte?

, 18.03.2008 

Kirsche-Forum
BVB-Forum

Aktuelle Infos:

Medienkolumne:

Fan-Kolumne:

Fotos: