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Trinidad, Tobago - oh oh oh oh oh...!!!

Karibische Party-Stimmung vor dem irischen Pub.

Karibische Party-Stimmung vor dem irischen Pub.

Die Stadt kocht. Das WM-Fieber hat Dortmund infiziert. Stark: Freitagabend das Eröffnungsspiel mit mehreren tausend Zuschauern. Super stark: Der blau-gelb-schwarz-rote Samstag mit Tausenden Schweden und einer kleinen aber lauten Gruppe aus Trinidad & Tobago.

Samstagnachmittag in Dortmund: Vom Hauptbahnhof bis zur Kampstraße geht es nur im Schneckentempo. Erst die gelbe Wand, dann die erste WM-Meile. Hunderte Besucher bleiben vor der gigantischen Südtribünen-Kulisse stehen, staunen, lassen sich fotografieren. Es geht die Treppe hoch und es wird laut. Vor dem Limericks ist eine Bühne aufgebaut. Es läuft ?Soca?, so erklären es die Besucher aus der Karibik. Soca ist DIE Musik in Trinidad & Tobago. (Soca? War da nicht mal so ein Sommerhit auch in Deutschland? Soca Dance oder so ähnlich?).

Auf jeden Fall gehen die Besucher aus der Karibik tierisch ab. Hüpfen vor der Bühne, schwenken die Fähnchen. Und auf den T-Shirts steht: Soca Warriors. Ein nettes Wortspiel. Könnte wohl auch Soccer heißen. Die Gruppe aus Trinidad & Tobago ist überschaubar ? aber macht richtig Alarm und auch die zahlreichen deutschen Fans lassen sich von der Euphorie über die erste WM-Teilnahme des kleinen Inselstaates infizieren. Arm in Arm hüpfen die Fans zur Musik und genießen die gigantische Stimmung vor der Bühne.

Nach gut einer halben Stunde ziehen wir sichtlich beeindruckt weiter in Richtung Westenhellweg. Der Großteil der Menschen geht Richtung Alter Markt und Friedensplatz. Die Biergärten in Dortmunds Innenstadt sind bereits seit zwei Tagen fest in gelber Hand. Das Bier für 3,50 Euro (0,4 Liter) mag der deutsche Fußball Fan an sich als Frechheit ansehen für die Schweden jedoch kommt das einem Discount-Angebot gleich. Daheim kostet das Bier locker das Doppelte und so fließt das leckere Kaltgetränk in Strömen. Der Alte Markt ist fest in Schweden-Hand ? alles gelb! Eigentlich eine schöne Farbe. Immer wieder stimmen die Skandinavier ?Sverige, Sverige? an. Den besten Überblick gibt es aus dem Fenster bei Karstadt Sport. Dortmund hat nicht nur eine gelbe Wand, sondern auch einen gelben Markt. Den Brunnen haben die Schweden bereits seit den Morgenstunden mit Hilfe von ein paar Packungen Waschmittel in ein Schaumbad verwandelt ? die Eisenfigur oben auf dem Brunnen glänzt in der Sonne, verschönert mit Schweden-Schal und Schweden-Hut. Wer hier nicht zum Fußball-Fan wird dem ist wohl auch nicht mehr zu helfen. Die Stimmung steckt an, nach fünf Minuten feiern wir gemeinsam mit einer Gruppe Schweden aus Malmö.

Die Schweden waren da - und genossen die Dortmunder Bierpreise.

Die Schweden waren da - und genossen die Dortmunder Bierpreise.

Auf unserer Reise gen Stadion geht es danach weiter Richtung Friedensplatz, auf dem zu der Zeit noch nicht allzu viel los ist. Kein Wunder bei dem Programm: Da erklärt tatsächlich der Moderator mit seiner schwedischen Übersetzerin, dass die Schweden nicht so viel Alkohol trinken sollen. ?Jedes zweite Glas ein Wasser, dann hält man länger durch.? Peinlich! (Auf dem Friedensplatz ist weniger los. Eine Menge, aber nicht so viel wie auf dem Markt. Fanfeste hinter Gittern sind einfach arg gewöhnungsbedürftig.)

Die Kneipen machen trotzdem die Umsätze ihres Lebens. Auch die Geschäfte rund um den Westenhellweg. Die Schweden kaufen alles, was irgendwie in blau und gelb leuchtet. Die Händler haben sich darauf eingestellt und werfen allerlei Fan-Schrott unters Volk. Ein unglaublich hässliches Beispiel: Sonnenbrillen mit Länderfahnen auf den beiden Gläsern. Und das für ?nur? 15 Euro ? da kann kein Schwede nein sagen.

So in ihre jeweiligen Länderfarben gewandet, geht es für viele schließlich über die Fan-Meile an der Hohen Straße Richtung Westfalenstadion. Gelbe Schweden und schwarze Karibik-Fans ziehen gemeinsam in Richtung Stadion. Gute Kombination. An der Westfalenhalle teilt sich die Menge zum ersten Mal. Diejenigen, die keine Karten ergattern konnten zieht es zu einem großen Teil in die Halle. Bei dem Wetter doch wohl eher eine bescheidene Idee.

Vor dem Ticket-Center versuchen noch gut 150 Schweden Tickets für das in zwei Stunden beginnende Spiel zu ergattern. Das Rote Kreuz verteilt an die Wartenden Wasser ? damit lässt es sich in der Hitze Dortmunds wenigstens etwas besser aushalten.

Die Süd-Ost-Ecke als schwedischer Fanblock.

Die Süd-Ost-Ecke als schwedischer Fanblock.

Unterhalb der Rosenterrassen die erste Sicherheitsschleuse. Leider so schlecht bebildert, dass es zu einem Stau und Verwirrung unter den Zuschauern kommt. In welchem Bereich man sitzen wird steht zwar auf den Karten, doch dann sollten auch die Pfeile in die richtige Richtung weisen. Aber egal, davon lässt man sich an einem solchen Tag die Stimmung nicht verderben!

Diese erste (und letzte) Verwirrung schließlich überwunden, geht es erstaunlich schnell weiter. Kaum Wartezeiten. Weder an den Bierständen (außer natürlich in der Halbzeitpause) noch am eigentlichen Einlass. Alles geht schnell und reibungslos und selbst die befürchtenden Sicherheitsabfragen mit Personalausweis und Co. Bleiben aus.

Die ?Gelbe Wand? Südtribüne bleibt an diesem Tag bestehen. Leicht versetzt in Richtung Osttribüne erstrahlt der Fanblock der Schweden. Gegenüber die Rotgekleideten ?Trinis?, die auch im Stadion mächtig Alarm machen. Wir sind also bei unserem ersten WM-Spiel. Erhebend. Leider nicht auf ?seiner? Süd-, sondern auf der eher ungeliebten Nordtribüne, bzw. einer von uns in der Südwest Ecke, aber auch hier heißt es wieder: Davon lässt man sich die Laune nicht verderben! Die Fans aus Skandinavien und der Karibik übrigens auch nicht. Die Schweden natürlich zahlenmäßig haushoch überlegen, aber die Fans der Soca Warriors zeigen, dass das mit dem karibischen Temperament keine Floskel ist. Super Stimmung von beiden Seiten! Abwechselnd hört man ?Sverige, Sverige? und ?Trinidad, Tobago, oh, oh, oh, oh, oh? Rufe.

Die Süd-West Ecke in Hand der "Trinis".

Die Süd-West Ecke in Hand der "Trinis".

Die meisten neutralen Fans lassen sich durch die gute Vorstellung der Karibikkicker stimmungsmäßig schließlich auch auf die Seite von Trinidad & Tobago ziehen. Gut so. Denn Unterstützung haben sie sich durch ihren aufopferungsvollen Kampf, sie waren fast die gesamte zweite Halbzeit in Unterzahl, allemal verdient. Mitte der zweiten Halbzeit ertappen wir uns selbst dabei bei jedem Ballkontakt der ?Trinis? aufzuspringen und sie anzufeuern. Diese Leidenschaft bewegt und fasziniert. Jeder Torschuss wird frenetisch gefeiert und selbst ein Teil der Schweden zollt den Soca Warriors am Ende Respekt für 90 Minuten Kampf und Einsatz.

Nach dem Schlusspfiff liegen sich die Gäste aus Mittelamerika in den Armen. Der Tag der WM-Qualifikation wurde erst neulich zum Nationalfeiertag erklärt, der 10. Juni 2006 dürfte ab sofort einen ähnlichen Stellwert widerfahren oder zumindest als ?Wunder von Dortmund? in die Geschichtsbücher gehen. Und so schallte es noch bis Nachts um drei Uhr durch die Straßen Dortmunds: Trinidad Tobago oh oh oh oh?

Fotos: Christoff Strukamp
, 11.06.2006

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