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WM Countdown: Der Traum vom Titel!

Schon im November vergangenen Jahres hatte Teamchef Jürgen Klinsmann das Ziel klar abgesteckt: ?Für mich ist entscheidend, was wir im Juli 2006 erreichen. Wir wollen Weltmeister werden.? Seitdem hat die deutsche Fußballnationalmannschaft sechs Spiele bestritten, davon vier gewonnen und nur eines verloren. Liest sich doch prima. Selbst schlechte Spiele, wie am Karsamstag in Slowenien, werden gewonnen und genau so wird man Weltmeister. Oder macht sich Fußballdeutschland gerade wieder einmal kollektiv etwas vor?

 

Ballack und Frings als Hoffnungsträger

Ballack und Frings als Hoffnungsträger

Die Erfahrung lehrt, dass eine Nationalmannschaft Weltklassespieler benötigt um Weltmeister zu werden. Momentan befindet sich der Trainerstab der deutschen Elitekicker allerdings noch in einem Sichtungsprozess. Unter dem Motto ?Weltklassekicker verzweifelt gesucht? hat Teamchef Jürgen Klinsmann seit seinem Amtsantritt nicht weniger als 29 Spielern die Chance gegeben sich für die WM im eigenen Land durch gute Leistungen zu empfehlen. Unter diesen Spielern befanden sich so klangvolle Namen wie Marco Engelhardt, Andreas Görlitz oder Christian Schulz. 

 Keine Frage: auf junge Spieler zu setzen und ihnen die Chance zur Bewährung zu geben ist ein guter und richtiger Weg. Beim derzeit vorhandenen Spielermaterial jedoch davon zu schwadronieren man wolle ?Weltmeister werden? geht gänzlich an den Tatsachen vorbei. Noch einmal wird man nicht derart viel Glück bei der Auslosung haben wie zur WM 2002, als man mit ordentlichen Leistungen und sehr viel Losglück bis ins Finale vorstieß. Noch einmal werden die Favoriten nicht schon in der Vorrunde nach hause reisen oder sich allesamt gegenseitig eliminieren. Der deutschen Nationalmannschaft fehlt es im Vergleich zu den großen Fußballnationen insgesamt an Qualität. Die Spieler, welche zumindest internationale Klasse vorweisen können, kann man an derzeit locker einer Hand abzählen: 
Da wären zunächst die beiden Torhüter Kahn und Lehmann - hier braucht man sich keine Sorgen um mangelnde Qualität zu machen, auch wenn beide ihren Leistungszenit wohl überschritten haben. Aber schon in der Abwehr sucht man verzweifelt nach einem Spieler mit internationalem Format. Speziell auf der Innenverteidigerposition mangelt es seit längerer Zeit an einem legitimen Nachfolger für Stars vergangener Zeiten wie Jürgen Kohler oder Karl-Heinz Förster. Ob Chelsea-Bankdrücker Robert Huth, Frank Fahrenhorst vom Deutschen Meister Werder Bremen oder gar BVB-Altstar Christian Wörns - gegen Weltklassestürmer vom Format eines Ronaldo, eines Hernan Crespo oder Ruud van Nistelrooy werden die deutschen Abwehrspieler keine Chance haben. Zu steif, zu hölzern und zu behäbig wirken die Defensivstrategen aus Germanien allzu häufig. Ganz abgesehen davon, dass es bis heute nicht gelungen ist, die gravierenden Mängel im Spielaufbau aus der Abwehr heraus zu beheben. V.a. eine Frage der Technik und der Übersicht - grundlegende Dinge im Fußball, die speziell in Deutschland während der Ausbildung verschlampt wurden und die binnen eines Jahres nicht zu beheben sein werden.

Auf den Außenbahnen ist der deutsche Fußball seit den glanvollen Zeiten von Manni Kaltz, Andreas Brehme und Stefan Reuter endgültig ins Mittelmaß zurückgefallen. Die Bundesliga-Leistungen von Phillip Lahm, Andreas Hinkel oder Patrick Owomoyela in allen Ehren, aber international sind auch diese Jungs allenfalls zweitklassig. Häufige Stellungsfehler in der Defensive und seltenes Vorrücken bis auf die Grundlinie mit anschließender Flanke - auch hier mangelt es an grundlegenden Dingen.

Da gibt das Mittelfeld schon eher Anlass zur Hoffnung. Über die Qualitäten eines Michael Ballack braucht man nicht diskutieren, aber auch ein Torsten Frings oder ein Bernd Schneider sind an guten Tagen in der Lage auf hohem internationalem Niveau zu spielen. 

Und die Fähigkeiten eines Sebastian Deisler sind enorm, wobei zweifelhaft ist, ob er 2006 körperlich und mental in der Lage ist der WM seinen Stempel aufzudrücken.

Vor allem im defensiven Mittelfeld fehlt es jedoch an einem spielbestimmenden Strategen. Die großen Teams des Weltfußballs hatten stets mindestens einen Spieler in ihren Reihen, der Tempo und Taktik vorgab, der Herz und Seele der Mannschaft war. Die Brasilianer hatten Spieler wie Cafu oder Dunga, die Franzosen hatten 1998 Didier Deschamps und auch in den großen deutschen Mannschaften gab es stets Spieler, die in der Zentrale den Taktstock schwangen: Matthias Sammer, Lothar Matthäus oder Franz Beckenbauer sind da nur einige der Namen, die dem Fußballfan spontan einfallen. Wer soll diese Position 2006 bekleiden? Fabian Ernst vielleicht oder gar Frank Baumann? Auch hier fehlt es eindeutig an Qualität und Ausstrahlung. Vielleicht rutschen ja sogar noch die Borussen Sebastian Kehl und Florian Kringe bei anhaltend guten Leistungen in den Nationalmannschaftskader. Doch auch sie werden kaum ein Spiel lenken und leiten können. Ein Spieler, der als Kopf der Mannschaft das Spiel ordnet existiert im deutschen Elitefußball momentan nicht. Es gibt den klassischen Kämpfer im Stile eines "Katsche" Schwarzenbeck, aber einen Spielmacher gibt es nicht.

Weltmeister mit Podolski und Baumann?

Weltmeister mit Podolski und Baumann?

 Rätselraten gibt es auch über die Leistungsfähigkeit des deutschen Angriffs. An Mirsoslav Klose scheiden sich seit langer Zeit die Geister und Gerald Asamoah hat nicht umsonst den Ruf des Chancentods. Die Hoffnungen ruhen daher auf Kevin Kuranyi, dessen Formkrise innerhalb des nächsten Jahres überwunden werden könnte und Nochzweitligastürmer Lukas Podolski. Ob es für diese beiden Spieler jedoch reicht um sich gegen Haudegen wie Nesta, Roque Junior oder Cannavaro durchzusetzen bleibt zunächst mal dahingestellt. Und wenn, wie in Slowenien geschehen, sogar ein Oliver Neuville wieder in die Startelf berufen wird, dann kann man sehr leicht abschätzen, wie es um die personellen Möglichkeiten der deutschen Angriffsformation bestellt ist.
Vergleicht man die Fähigkeiten der deutschen Stürmer mit denen unserer Weltmeistermannschaften früherer Jahre, so stellt man erhebliche qualitative Unterschiede fest. Kein Spieler der aktuellen deutschen Angriffsriege reicht auch nur annähernd an Spieler wie Völler, Rummenigge, Müller oder Seeler heran. Ganz zu schweigen vom internationalen Vergleich mit aktuellen Topstümern auf diesem Globus.

Ganz Deutschland träumt vom WM-Titel 2006. Es wird, wenn man die Fakten realistisch betrachtet, ein schöner Traum bleiben. Sollte die deutsche Nationalelf im nächsten Jahr ordentliche Leistungen abliefern und an ihre Leistungsgrenze gehen ist alles in Ordnung. Ansonsten wird sich der deutsche Fußball frei nach dem Motto ?Die Welt zu Gast bei Freunden? darauf beschränken müssen ein guter Gastgeber zu sein ? nachdem es einigen wenigen Idioten auch beim Spiel in Slowenien nicht gelang sich als anständige Gäste zu benehmen wäre das schon eine große Leistung.

 

Sascha Mimberg - 27.03.05

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