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Perfekter Start für Löw

17 Mal gejubelt in drei Spielen: der neue Bundestrainer Joachim Löw.

17 Mal gejubelt in drei Spielen: der neue Bundestrainer Joachim Löw.

Die Zahlen sind schon beeindruckend: Drei Spiele hat die deutsche Nationalmannschaft nun unter ihrem neuen Bundestrainer Joachim Löw bestritten und alle, mit einer sensationellen Tordifferenz von 17:0, gewonnen. Man ist fast geneigt ins Träumen zu geraten und die Realitäten zu verdrängen.

Doch sobald man über das gestrige Spiel gegen San Marino nachdenkt, holt einen die Wirklichkeit wieder ein und man muss sich eingestehen, dass zumindest 13 der 17 Tore eher durch die Unfähigkeit des Gegners zustande kamen als durch deutsche Genialität. Denn seien wir mal ehrlich ? ohne den höchsten Sieg der deutschen EM-Qualifikationsgeschichte schlecht reden zu wollen: Gegen diese San-Marinesen war ein Sieg ? möglicherweise sogar auch in dieser Höhe ? kaum zu vermeiden. Qualitativ kann der Zwergstaat mitten in Italien keinerlei internationalen Ansprüchen genügen. Aussagekräftiger war da schon eher der hart erkämpfte 1:0-Sieg vom vergangenen Samstag gegen Irland.

Schon vor dem zweiten Gruppenspiel der DFB-Elf konnte man davon ausgehen, dass die Frage, ob Sieg, Unentschieden oder Niederlage gegen San Marino ins Hintertreffen geraten würde. Zu eindeutig schien die Überlegenheit der deutschen Mannschaft bereits im Vorfeld zu sein. So kam dann auch, was kommen musste. In einem munteren "Scheibenschießen", an dem sich fast das gesamte Team beteiligen durfte, rückte schnell die Frage nach der Höhe des Sieges in den Vordergrund. Dass es schließlich zum höchsten Auswärtssieg einer deutschen Nationalmannschaft überhaupt kommen würde, beeindruckt auf den ersten Blick und zeigt, dass Löw es offenbar geschafft hat seiner Mannschaft zu vermitteln auch in Spielen, wo die Gegner nicht Argentinien oder Italien heißen, 100 Prozent Leistung und Motivation zu zeigen, um die deutschen Fans bei Laune zu halten. Gleichzeitig verstärkt es aber auch die Rufe nach einem neuen Qualifikationsmodus. Wie von Arsenal Londons Trainer Arsene Wenger vorgeschlagen, könnten die laut dem Uefa-Koeffizieten nominell schlechtesten Teams eine Vor-Quali spielen, um das Interesse an der Qualifikation aufrecht zu erhalten. Denn, so schön ein torreiches Spiel auch sein mag, Spannung kommt zu keiner Zeit auf. Und ist es nicht das, worauf es eigentlich ankommt? Gebannt vor dem Fernseher zu sitzen und mit seiner Mannschaft mitzufiebern?

In München Reservist, in San Marino der vierfache Poldi.

In München Reservist, in San Marino der vierfache Poldi.

Für Liebhaber von Spielen mit ?Herzinfakt-Charakter? war der Start in die Quali für Österreich und Schweiz 08 gegen Irland schon von deutlich gesteigertem Interesse. Im Stuttgarter Gottlieb-Daimler Stadion nämlich lieferten sich die beiden Kontrahenten eine qualitativ ansprechende Partie, die zwar klare Chancenvorteile für die deutsche Mannschaft lieferte, bis zum letzten Moment aber von einer gewissen Spannung geprägt war, die den Fans noch von der WM in bester Erinnerung sein dürfte.

In der Verteidigung sorgten in beiden Spielen besonders die Außen für Belebung. War gegen die Iren noch Phillip Lahm einer der herausragenden Akteure, so konnte sich gegen San Marino Marcel Jansen positiv in Szene setzen und drei Tore vorbereiten. Die neu formierte Innenverteidigung um die Namensvetter Manuel und Arne Friedrich hatte vor allem gegen die irischen Offensivkräfte Duff und Keane anfangs einige Abstimmungsprobleme. So war es auch nicht verwunderlich, dass sich der eine oder andere Fehler einschlich. Doch im Laufe der Partie funktionierte die Absprache immer besser und schon im Spiel gegen San Marino konnten wir - wen wunderts -  eine fehlerlos agierende Verteidigung bewundern. Manuel Friedrichs Engagement wurde sogar mit einem Kopfballtor, dem zwischenzeitlichen 12:0 belohnt. Der Mainzer fällt nur aber wegen eines Hinterhornrisses im Innenmeniskus des linken Knies für drei Wochen aus.

Einziges Sorgenkind der ersten Elf bleibt allerdings auch weiterhin Torsten Frings. Schon Mitte August, beim 3:0 Sieg gegen Schweden zeigte er einige Defizite im Spielaufbau. Gegen Irland verlief es ähnlich, was zur Folge hatte, dass er kaum Impulse nach vorne geben konnte, ab und an sogar durch Fehlpässe das deutsche Offensivspiel lahm legte. Gestern Abend war seine Leistung in Anbetracht des Gegners wiederum keine Offenbarung. Außer einem guten Fernschuss und seiner Vorlage zu Kloses 3:0 gingen von dem Bremer kaum nennenswerte Aktionen aus. So war es auch nicht verwunderlich, dass Löw eigentlich seinen Vereinskameraden Tim Borowski aufstellen wollte, der aber wegen einer Verletzung kurzfristig absagen musste. Ansonsten präsentierte sich das deutsche Mittelfeld in beiden Partien sehr spielfreudig. Zwar hatte Bastian Schweinsteiger einige Mühen, um in das Spiel gegen Irland zu kommen, ansonsten sorgten er und Bernd Schneider, sein Pendant aber auf der rechten Seite, für viel Wirbel und kreative Momente im Spielaufbau. Kapitän Michael Ballack hat nach überstandener Verletzung in seiner Leistungsfähigkeit auch noch deutlich Luft nach oben, füllt die ?Leader-Position? aber auch ohne hundertprozentige Fitness gewohnt souverän aus. Dass ihm gegen die Südeuropäer auch endlich der nächste Torerfolg seit dem Testspiel vor der WM gegen Kolumbien gegönnt war, sollte ihm zudem Auftrieb für seine kommenden Aufgaben geben.

Der einsamste Mensch: San Marinos Torwart.

Der einsamste Mensch: San Marinos Torwart.

Für unsere Stürmerstars Lukas Podolski und Miroslav Klose war neben zusammen 6 Toren auch ein Aufstieg in der ewigen Torschützenliste der DFB-Historie von Bedeutung. So zog der Neu-Münchener Podolski nach seinen Toren gegen Irland und bei San Marino mit nun mehr 20 Toren unter anderen an seinem früheren Präsidenten beim 1. F.C. Köln, Wolfgang Overath, vorbei. Dem 28-Bremer Klose verhalfen seine beiden Tore zudem zum Sprung unter die Top 10 der Torschützenliste, die auch weiterhin vom ?Bomber der Nation?, Gerd Müller, mit 68 Toren angeführt wird. Großartige neue Erkenntnisse bezüglich ihren Stammstürmern konnten Löw und sein Assistent ?Hansi? Flick aus den beiden Partien jedoch nicht ziehen. Dass sie gut miteinander harmonieren und in den entscheidenden Momenten für die wichtigen Tore zuständig sind, ist allerspätestens seit der WM ein offenes Geheimnis und jedem halbwegs Fußballinteressierten bekannt. Der Auftritt von Gerald Asamoah, der es fertig gebracht hat als Stürmer in 45 Minuten gegen San Marino kein Tor zu erzielen und auch nur ansatzweise Gefahr ausstrahlen konnte, war da schon aufschlussreicher. In dieser Verfassung jedenfalls spielt Asamoah über kurz oder lang ebenso keine Rolle mehr in der Nationalmannschaft, wie zuvor bereist Vereinsskamerad Kuranij. Ähnlich schlecht, zumindest auf Vereinsebene, läuft es derzeit für den Stuttgarter Thomas Hitzlsperger. Steigert er sich beim VfB nicht deutlich in den nächsten Spielen, könnte das Kapitel Nationalelf trotz zweier Treffer gestern Abend für ihn bald beendet sein.

?Fairness? ist eine Tugend, die unter Fans oftmals nur marginal ausgeprägt ist. Die subjektive Sicht, kombiniert mit Alkoholkonsum, bringt oftmals eine teuflische Mischung mit sich, die sich gerne im Fußballstadion entlädt. Gestern war wieder so ein Abend, wo die Fans bei klarem Spielstand dem Spielgeschehen weniger Interesse schenkten und lauthals ihren Meinungen freien Lauf ließen. Das mehrmalige Singen der Nationalhymne mag noch das neue Nationalbewusstsein der Deutschen widerspiegeln, die Beleidigungen gegen Italien dagegen, die sich nicht unbedingt gegen den dortigen Skandal richteten, sondern eher darauf abzielten die Einwohner in deren Landessprache zu beleidigen, waren allesamt peinlich und niveaulos und wurde zurecht mit Pfiffen seitens der italienisch sprechenden San Marineser quittiert. Auch mit Sprechchören wie ?Nie mehr MV? zum Abschied von Gerhard Mayer-Vorfelder tut man seinem Ansehen keinen Gefallen. Dass gerade Mayer-Vorfelder sich vor der WM vehement vor Jürgen Klinsmann gestellt und ihm den Rücken gestärkt hat, spielt schon wenige Wochen nach der WM keine Rolle mehr. Aber so ist es eben im Positiven wie im Negativen: Der Fußballfan vergisst schnell. Ein Beispiel könnten sich diese Fans an ihrem Torwart Jens Lehmann nehmen, der auf Bitten San Marinos nicht den fälligen Handelfmeter in der 90. Minute schoss, um den Gegner nicht weiter zu demütigen.

"Nie mehr MV", skandierten die deutschen Fans. Es war Mayer-Vorfelders letzte Länderspiel-Reise.

"Nie mehr MV", skandierten die deutschen Fans. Es war Mayer-Vorfelders letzte Länderspiel-Reise.

Nichtsdestotrotz können wir entspannt in die Zukunft schauen. Die nächsten Aufgaben heißen Georgien und Slowakei. Im Testspiel gegen Toppmöllers Georgier wird dann auch Timo Hildebrand eine Bewährungsprobe erhalten. Außerdem will Löw bekannt geben, wer nach Lehmann und Hildebrand die Nummer drei im deutschen Kasten ist. Berechtigte Hoffnungen können sich nach momentanen Stand Enke, Weidenfeller und Wiese machen. Ob der von Kahn ins Spiel gebrachte Rost eine reale Chance hat, bleibt dagegen abzuwarten.

Auch auf anderen Positionen braucht uns nicht Angst und Bange zu sein. Unsere U-21 präsentierte sich vergangene Woche in bestechender Form und hat sich durch einen 3:2-Sieg gegen Nordirland und ein 5:1 gegen Rumänien souverän für die Relegationsspiele zur Europameisterschaft qualifiziert. Herausragend waren dabei vor allem der Hamburger Trochowski, Leverkusens Nachwuchshoffnung Castro und Stuttgarts Gomez und ein Tipp am Rande: Merken Sie sich den Namen Patrick Helmes!

, 09.07.2006

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