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Wembley bleibt in deutscher Hand!

Selbst mit der B-Elf siegreich

Selbst mit der B-Elf siegreich

Das hatte man sich auf der Insel wohl entschieden anders vorgestellt: Da werden vier Jahre und weit über eine Milliarde Euro veranschlagt, um das ehrwürdige und traditionsreiche Wembley-Stadion durch eine 90 000 Plätze fassende, modernere Arena zu ersetzen und dennoch bleibt aber auch wirklich alles beim Alten: Deutschland kommt, Deutschland spielt, Deutschland siegt! Die Vorzeichen signalisierten den Engländern eigentlich nur Positives. Ihr heiß geliebter ?Superstar? David Beckham wurde nach einjähriger Ausbootung von Teamcheff McClaren wieder einmal für die ?Three Lions? nominiert und spielte direkt von Anfang an. Zu allem Überfluss musste ?Jogi? Löw bei der Aufstellung seines Teams mehr oder weniger improvisieren, da zu viele Schlüsselspieler aufgrund von Verletzungen abgesagt hatten. Doch auch die scheinbar so günstigen Begleiterscheinungen genügten nicht, um den fünften Sieg in Serie einer deutschen Fußballnationalmannschaft in England zu verhindern. So waren es wieder einmal die fast 10 000 Gästefans, die das weite Rund zum Kochen brachten und lauthals ?Auswärtssieg!? skandieren durften.

Ganz im Gegenteil zur englischen Mannschaft kann die deutsche Elf voller Zuversicht in die Zukunft blicken. Zwar offenbarte das wild zusammengewürfelte Team im Defensivbereich einige Unzulänglichkeiten und präsentierte sich in den Druckphasen des Gegners teilweise überfordert, doch im Endeffekt bleibt unter dem Strich ein 2-1 Sieg im Prestigeduell gegen Engländer, die mit Sicherheit noch die 1-0 Niederlage im alten Wembley vom 07.10.2000 im Hinterkopf hatten und nichts anderes als Wiedergutmachung wollten, ganz speziell auch wegen der bisher dürftigen Punktausbeute der Insel-Kicker in der EM-Qualifikation. Um überhaupt an der Endrunde im kommenden Sommer in Österreich und der Schweiz teilnehmen zu können, müssen sie nun aber erst einmal in den direkten Duellen gegen Israel und Russland ihre Stärke unter Beweis stellen, denn als momentan Viertplatzierte in der ?Quali-Gruppe E? stehen die McClaren-Schützlinge unter Zugzwang. Ob die Tatsache, dass zu diesen Spielen die verletzten Stammspieler Ashley Cole, Gerrard und Rooney wieder ins Team rücken könnten, ausreicht, um diese Spiele erfolgreich zu bestehen, darf aber zumindest angezweifelt werden. Über 90 Minuten gesehen war ihr Spiel gestern Abend zu bieder und ideenlos, um eine alles andere als unschlagbare deutsche Truppe in die Schranken zu weisen. Die Israelis und Russen werden auf jeden Fall keine angenehmeren Gegner.

Erstmals seit der Amtszeit von Rudi Völler und dem Debakel der Euro 2004 begann eine deutsche Nationalmannschaft wieder mit einer defensiv ausgerichteten 4-5-1 Formation, bei der Kevin Kuranyi als einzige Spitze für die nötige Torgefahr sorgen sollte. Von dem üblichen System mit zwei Stürmern mussten Löw und Flick abweichen, da neben Klose und Podolski auch Gomez ausfiel. Deshalb entschloss man sich dazu einen Spieler zurückzuziehen, um im Mittelfeld ein Übergewicht zu erzielen und um die Wege von Joe Cole, Englands bestem Spieler, einzugrenzen. Die wichtigste Position im defensiven Mittelfeld übernahm überraschenderweise Phillip Lahm. Unterstützt wurde er in der Zentrale von dem Aushilfskapitän Bernd Schneider und dem Hamburger Piotre Trochowski. Über die Außen sollten Hitzlsperger vom VfB und zum Erstaunen aller Odonkor aus Sevilla für Druck sorgen.

In den ersten Minuten ging die Marschroute jedoch vollkommen nach hinten los und man musste befürchten, dass das Spiel ein böses Ende würde nehmen können. Von Anfang an übernahmen die Briten die Kontrolle über das Spielgeschehen. Die deutsche Elf, die auf der linken Abwehrseite das Debüt des Schalkers Christian Pander erlebte, wirkte äußerst nervös und desorientiert. Folgerichtig musste sie schon nach gerade einmal neun Minuten den ersten Rückschlag hinnehmen. Der englische Rechtsverteidiger Richards spielte mit Pander Katz und Maus, zog nach innen und spitzelte den Ball zu dem in Position gelaufenen Lampard, der aus kurzer Distanz den Ball vorbei an Lehmann ins Netz und damit zur Führung für England beförderte. Zwar schlug der Ball im Torwarteck ein, doch aufgrund der Wucht des Schusses kann man Jens Lehmann nicht zwingend einen Vorwurf machen. Vielmehr hätten Pander und auch Schneider die Situation präventiv lösen müssen.



Von nun an gestaltete sich die ?Operation Auswärtssieg? logischerweise noch schwieriger, da die verunsicherte und phlegmatisch wirkende DFB-Elf, die in der Abwehr neben Pander mit dem Stammduo Mertesacker und Metzelder sowie dem Herthaner Friedrich agierte, den frühen Rückstand kompensieren musste. Vor allem der vollkommen indisponierte David Odonkor machte ein durchdachtes Aufbauspiel grundsätzlich zunichte, wenn er in eine Ballstafette miteinbezogen wurde. Für Hilbert, der beim VfB einen äußerst starken Saisonstart hingelegt hat, muss es wie ein Schlag ins Gesicht gewesen sein, dass ihm der ohne Spielpraxis nominierte Odonkor vorgezogen wurde. Aber auch Arne Friedrich passt nicht mehr in diese Mannschaft, er wirkt viel eher wie ein Relikt aus der Vor-WM-Zeit als sein offensiv unbrauchbares und defensiv durchschnittliches Spiel noch ausreichten, um gesetzt zu sein. Nun stehen auf links Jansen und Pander sowie auf rechts Lahm und Fritz deutlich vor ihm. Über kurz oder lang sollte er für die erste Elf keine entscheidende Rolle mehr spielen.

Kurranyi behauptet sich im Luftkampf

Kurranyi behauptet sich im Luftkampf

Über 20 Minuten dauerte es bis ?Jogis? Elf sich davon überzeugen lies auch ins Spielgeschehen einzugreifen. Nach einer Ecke von Pander, der alle Standards durchaus gefährlich trat, köpfte Metzelder knapp am Tor vorbei. Dieses erste Lebenszeichen der Bundesadler war die so wichtige Initialzündung, die dem deutschen Spiel bisher gefehlt hatte. Kurz nach einander schoss der durchaus agile und selbstbewusst auftretende Hitzlsperger dann zwei mal aus aussichtsreichen Position auf den Kasten von Robinson. Den zweiten Ball konnte der englische Schlussmann nur zur Seite abwehren, was Schneider die Möglichkeit gab in Ruhe zu flanken. Doch der Flankenversuch entwickelte sich zu einem ungewollten Torschuss, den Robinson wiederum nur halbherzig klären konnte, was zur Folge hatte, dass der Ball vor Kuranyis Füßen landete, der zum Ausgleich nur noch einschieben musste. Seit der Weltmeisterschaft hat der Schalker nun in sechs Nationalmannschaftsspielen fünf Tore erzielt ? eine durchaus beachtliche Quote! Zudem unterstützt er sein Team durch sein engagiertes Zweikampfverhalten, wodurch er schon an vorderster Front an der Defensivarbeit maßgeblich beteiligt ist.

Das Spiel komplett gedreht hat dann sein Mannschaftskamerad Christian Pander weitere 15 Minuten späer als er einen Fehlpass von John Terry annahm und damit seinen Führungstreffer indirekt auch vorbereitete. Über Hitzlsperger und Lahm gelangte der Ball wieder zu Pander, der aus weit über 20 Metern den Ball mit seinem starken linken Fuß unhaltbar für Robinson in die Maschen drosch. Die Engländer waren nach dem Ausgleich geschockt und leisteten bei der deutschen Führung nur Geleitschutz. Kein Zweikampfverhalten. Keine Laufbereitschaft. Kein Stellungsspiel. Kurz vor der Pause hatten sie dann allerdings noch die Gelegenheit auszugleichen, doch Owen scheiterte erst mit einem Kopfball an Jens Lehmann, der - im Gegensatz zu seinen Premier-League-Auftritten für Arsenal in dieser Saison - ein sicherer Rückhalt war und später daran den Ball ins leere Tor einzuschieben.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit schien das DFB-Team das Spiel im Griff zu haben, doch mit den Einwechslungen von Dyer und Wright-Phillips wurden die Briten noch einmal stärker und drückten auf den Aufgleich. Mertesacker und Metzelder sahen dabei des Öfteren nicht sehr glücklich aus und letztendlich können sie sich bei Joe Cole, Lampard und den beiden Einwechslungen bedanken, dass allesamt aus aussichtsreichen Positionen teilweise kläglich ihre Chancen vergaben. Man merkte in diesen hektischen Momenten, dass der erfahrene Frings gefehlt hat, der die Mannschaft in schwierigen Momenten mit seiner Routine geführt hat. Nichtsdestotrotz hat Lahm seine neue Rolle äußerst zufriedenstellend ausgeübt und damit seine Flexibilität und sein außergewöhnliches Können unter Beweis gestellt. Gegen Ende der Partie verlor das Spiel dann mehr und mehr an Tempo und die Engländer schienen sich mit der Niederlage abzufinden, bis Shorey in der Nachspielzeit eine scharfe Flanke in den Strafraum zirkelte, doch Lehmann war auf der Hut und konnte die Szene entschärfen.

"Becks" hatte wieder nix zu feiern....

"Becks" hatte wieder nix zu feiern....

Der dreißigste Vergleich zwischen Deutschland und England war sicherlich kein überragendes Spiel, für beide Seiten aber ein denkwürdiges. Der Stachel muss tief sitzen bei den Kickern der Insel, war es doch nun gerade die deutsche Elf, die das letzte Spiel im alten Wembley gewann und nun auch als erste im neuen Stadion gewinnen konnte. McClaren muss sich die Frage gefallen lassen, warum er dem Mediendruck nicht standgehalten hat und Beckham nominierte. Dieser konnte mit seiner Leistung nämlich gerade einmal David Odonkor Konkurrenz machen. Ansonsten lebt (und verdient) er nur noch von seinem Namen. Es ist doch sehr zweifelhaft, ob er den ?Three Lions? auf dem Weg zur Euro 2008 wirklich eine Hilfe ist. Genauso muss sich aber auch Löw die Frage gefallen lassen, warum Albert Streit keine Berücksichtigung gefunden hat, ein formloser Odonkor aber über 50 Minuten sein Unwesen auf dem Platz treiben durfte.

Vor Löw, für den der Sieg in Wembley ?etwas ganz Spezielles? ist, steht nun die Aufgabe eine schlagfertige Truppe für die kommenden Qualifikationsspiele zu nominieren. Kehren nämlich die verletzten Spieler zurück, herrscht in der Nationalmannschaft ein Konkurrenzkampf wie nie zuvor, da wir uns seit langem mal wieder über einen großen Pool an äußerst guten Fußballern erfreuen dürfen..

, 23.08.2007 

PS. Ein Stimmungsbericht unserer Englandfahrer folgt...

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