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Hurra, hurra: Der Titel ist zum Greifen nah!

Gute Stimmung im Ernst-Happel-Stadion

Gute Stimmung im Ernst-Happel-Stadion

Was für ein Spiel! Was für ein Siegeswille! Was für eine Leidenschaft! Gut vier Monate vor Beginn der Europameisterschaft hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft eindrucksvoll ihre Klasse unter Beweis gestellt. Wer so motivationslos über den Platz trottet und trotzdem mit 3:0 gewinnt, ist entweder eine Spitzenmannschaft oder hat ohne Gegner gespielt.

Letzteres können wir guten Gewissens ausschließen. Zwar haben sich die Österreicher konsequent dagegen gewehrt ein Tor zu schießen, ganz alleine waren ?Jogis? Jungs dann allerdings auch nicht auf dem Platz. Nun haben wir aber dennoch mit drei Toren Unterschied gewonnen. Wie kam es dazu? Die Geschichte des Spiels ist an und für sich recht schnell erzählt: Football is a simple game; 22 men chase a ball for 90 minutes and at the end, the Germans always win. Was Gary Lineker schon 1990 wusste, hat sich gestern erneut bestätigt. 45 Minuten durften sich die Österreicher austoben, viel laufen, viel schießen, sich sogar in einen gewissen Rausch spielen. Nur eines durften sie nicht. Ein Tor schießen.

Alles Andere als Souverän: Jens Lehmann

Alles Andere als Souverän: Jens Lehmann

Josef Hickersberger, ihr Trainer, hatte noch vor dem Spiel etwas süffisant verlauten lassen, dass man gar nicht gewinnen wolle. Vor der EM sollten keine unerreichbaren Hoffnungen geweckt werden. Dass sein Team den Auftrag so meisterlich ausführte, erstaunt jedoch schon ein wenig. Nach dem Seitenwechsel kam es nämlich wie es zwangsläufig kommen musste: Die erste Flanke von Westermann, die nicht im Toraus landet, führt direkt zum Führungstreffer. Chapeau! Dann gewinnt Ballack ein Laufduell, Manninger macht kurz darauf den ?Lehmann? und schon steht es 3:0. Typisch deutsch eben. Dass sein Team, so Hickersberger, positiv überrascht habe, mag für den Moment ein kleiner Trost sein. Ab morgen steht in den Geschichtsbüchern aber nur noch: Österreich ? Deutschland 0:3. Traurig, aber wahr.

Aus deutscher Sicht stand man gestern nur vor einer Frage. Soll man lachen oder weinen? Das ganze Spiel hatte schon was von Slapstick. Jens Lehmann zum Beispiel. Lässt fast jeden hohen Ball an seiner Faust vorbei fliegen, spielt Pässe und Abschläge ins Seitenaus und fragt dann den Spiegel-Redakteur Christian Gödecke ernsthaft, wann er den letzten Fehler gemacht habe. Während man als Leser das gestrige Spiel noch ein mal Revue passieren lässt, um den schönsten auszuwählen, erklärt er seinen ?Rauslauf?-Fauxpas mit den Worten: ?Ich dachte, der Ball springt weiter weg weil der Rasen so nass war.? Man hätte auch einfach im Tor bleiben können. Nur so als Anregung.

Hatte allen Grund zur Beanstandung: Jogi Löw

Hatte allen Grund zur Beanstandung: Jogi Löw

Doch nicht nur unser Torwart, dem Löw trotz alledem nach Spielende einen Persilschein ausstellte, stand im Ernst-Happel-Stadion neben sich. Bastian Schweinsteiger wünschte man schon nach fünf Minuten zurück zum Friseur. Bei ihm wiegt die Situation jedoch noch etwas schlimmer als bei Lehmann. Während man unserem Stammtorhüter (und gleichzeitig zweitem Mann hinter Almunia bei Arsenal London) ein schwaches Spiel durchaus zugestehen kann, sieht es bei ?Schweini? etwas anders aus. Er steht an der berüchtigten Schwelle. Entweder er bekommt sein Leben und seine Form in den Griff oder
Löw wird über kurz oder lang die Nummer 7 neu vergeben müssen. Ohne Selbstvertrauen, ohne Kampf, ohne Leistungsbereitschaft. Im WM-Sommer hatte er uns noch im Alleingang zu Platz drei geschossen. Nun kommen nicht mal mehr seine Flanken an.

Einen besondern schönen Einstand hatte auch Debütant Heiko Westermann (?Ich kann überall in der Abwehr spielen!?). Seit gestern weiß nun jeder in Deutschland und Österreich: Kann er nicht! Praktisch jede Angriffswelle unserer tapferen Nachbarn lief über die linke Seite. Da Stellungsspiel und Zweikampfverhalten aber grundsätzlich eher eine untergeordnete Rolle gespielt haben, sollte man mit 24-jährigen nicht zu hart ins Gericht gehen. Es wäre sicherlich sinnvoller gewesen ihn in die Innenverteidigung zu stellen und Manuel Friedrich dafür auf die Bank zu setzen. Der hat es sogar fertig gebracht gegen den Strafraum-Stürmer aus Braga, Paul Linz, ein Laufduell zu verlieren. Warum Löw nicht Castro auf rechts spielen ließ, wird wohl sein Geheimnis bleiben.

Auch Ballack enttäuschte bei seinem Comeback

Auch Ballack enttäuschte bei seinem Comeback

Lediglich Lahm, Mertesacker und Hitzlsperger haben sich schon mit Beginn des Spiels gegen eine mögliche Niederlage gewehrt. Doch drei Spieler alleine reichen nun mal nicht, um ansehnlichen und erfolgreichen Fußball zu spielen. Ballack und Schneider merkte man noch an, dass sie lange verletzt waren. Bei ihnen wird es noch eine Weile dauern, bis sie zu alter Stärke zurückfinden werden. Doch dafür sind auch noch vier Monate Zeit. Genug Zeit also, um ?aus dem Spiel zu lernen und es besser zu machen?, wie es Philipp Lahm auf den Punkt brachte.

Ob diese Zeit allerdings reicht, um aus Steffen Simon einen Kommentator mit Sachkompetenz zu machen, muss bezweifelt werden. Dass er Westermann schon nach zehn Minuten attestierte, im Spiel zu sein, war schon etwas zynisch. Dass er diese Aussage aber während des Spiels nicht mehr richtig stellte, macht ein wenig nachdenklich. Auch sein (wohl ernst gemeinter) Kommentar nach der ersten schönen Ballstafette in der zweiten Halbzeit - "jetzt zeigen sie uns was sie können" ? war extremer Schmusekurs zur Nationalelf. Günther Netzer brachte es da in der Halbzeitpause viel eher auf den Punkt: ?Alles war schlecht.? Insgesamt lautet aber die ARD-Devise: Nur nicht zu kritisch sein. Waldemar Hartmann lässt grüßen.

Es bleibt nur zu hoffen, dass dieses Spiel der Wachrüttler zur richtigen Zeit war (erinnert sei an das Italien-Spiel vor der WM 2006). Dass die ?Bundesadler? nicht so schlecht sind wie sie es gestern versucht haben zu suggerieren, dürfte auch dem schadenfreudigsten Holländer klar sein. Nur ist auch das Anspruchsdenken ein anderes. Die Gruppenauslosung und der Spielplan der Euro 08 haben Löws Team einen roten Teppich bis ins Finale gelegt. Die Mannschaft hat es selbst in der Hand. Viel tragischer sieht es jedoch um die Österreicher aus. Wer gut mitspielt und verliert, steigt im Fußball ab. Oder scheidet in der Vorrunde aus.

, 07.02.2008

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