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Nur ein müder Sommerkick

Wieder mal nicht sein Tag...

Wieder mal nicht sein Tag...

Dank einer durchwachsenden Leistung ist die DFB-Auswahl im Testspiel gegen Weißrussland nicht über ein 2:2-Unentschieden hinaus gekommen. Auch die komfortable 2:0-Führung konnte den deutschen Defensivverbund nicht stabilisieren ? er bleibt Löws Sorgenkind Nummer eins.

Lehmann und Metzelder ohne Spielpraxis, Lahm außer Form und ein völlig überforderter Hitzlsperger auf der linken Abwehrseite haben das deutsche Dilemma bravourös in den Mittelpunkt gezerrt: Keine zwei Wochen vor der EM ist unsere Defensive nicht mal zweitklassigen Weißrussen gewachsen. Eine traurige Quintessenz nach 90 Minuten müdem Ball hin und her Geschiebe.

Streichkandidaten...

Streichkandidaten...

Nach einer Woche Trainingslager und über 30 Grad Celsius bei schwüler Luft in Kaiserslautern hatten die arrivierten Spieler ihr unterbewusstes Alibi schnell gefunden. Für die ?Steichkandidaten? war in Halbzeit zwei dann nichts mehr zu retten ? andernfalls würden sie auch nicht in diese Kategorie fallen.

Ganz egal, wer aus der ?Arbeitsgemeinschaft EM-Titel? zu Wort kam, alle gaben unisono zu verstehen, dass die Kraft gefehlt habe. Dass ein Aliaksandr Hleb die deutsche Hintermannschaft alleine das gesamte Spiel über schwindelig gespielt hat, sollte dabei aber nicht unterschlagen werden. Überhaupt darf man es sich in der Nachbetrachtung des Spiels nicht zu einfach machen. Doch gehen wir Schritt für Schritt vor: Die angeschlagenen Jansen, Fritz und Gomez durften eine Pause einlegen. Dafür rückte Hitzlsperger auf die linke Verteidigerposition, Odonkor auf die rechte Außenbahn und Podolski ins Sturmzentrum.

Gottlob nix schlimmes passiert...

Gottlob nix schlimmes passiert...

Dabei konnte vor allem der frühere Dortmunder Borusse in der Anfangsphase für Akzente sorgen. Auch Schweinsteiger gefiel ? bis der 20-jährige Putsilo den Bayernspieler böse umgrätschte und dem Jubilar (50. Länderspiel) den Spaß am Spiel nahm ? gleichwohl Weißrusslands Trainer Bernd Stange vor dem Spiel angekündigt hatte, das deutsche Spiel nicht durch überhartes Einsteigen lähmen zu wollen. Schweinsteiger gab unterdessen Entwarnung: ?Gott sei Dank sind die Bänder o.k. ? da hatte ich Glück.?

Kaum waren zehn Minuten gespielt, konnte die deutsche Nationalmannschaft ihre anfänglich couragierte Leistung mit einem Tor krönen: Podolski setzt sich an der rechten Strafraumgrenze durch und steckt auf Klose durch, der nur noch Keeper Khomutovski umkurven und einschieben muss. Als der weißrussische Abwehrspieler Korytko weitere zehn Minuten später eine Flanke von Odonkor ins eigene Tor lenkt, scheint das Spiel entschieden. Denn wann bitteschön hat eine DFB-Auswahl schon mal einen 2:0-Vorsprung noch aus der Hand gegeben? Richtig, am siebten Juni 1995 in der EM-Quali gegen Bulgarien.



Dass es gestern Abend nach knapp 13 Jahren wieder dazu kam, scheint auf den ersten Blick unerklärlich. Zwar präsentierte sich die deutsche Defensive auch in Halbzeit eins schon alles andere als sattelfest, doch abgesehen von Hleb fehlte es den Osteuropäern an elementaren Fußballvoraussetzungen: Ballkontrolle und Stellungsspiel. So konnte der unter Zahnschmerzen leidende Löw selbst über die nicht erbrachte Verteidigungsarbeit von Hitzlsperger und Ballacks nur physische Anwesenheit hinwegsehen.

Nach Wiederanpfiff brachte Löw Jones und Marin für Ballack und Schweinsteiger. Seine Hintermannschaft neu einstellen konnte der Bundestrainer jedoch nicht ? die Defizite wurden von Minute zu Minute gravierender: Lahm schlägt Befreiungsschläge in den eigenen Strafraum, Hitzlsperger verzichtet prinzipiell darauf seine Seite abzudecken und Metzelders Antritt muss auf Mallorca geblieben sein. Einzig Per Mertesacker spulte brav sein Pensum ab.

So kam es dann nicht von ungefähr, dass Kulchy mit einem Steilpass durch (!) das Zentrum die deutsche Viererkette aufhebelte und Bulyga alleine auf Lehmann zulaufen und den Anschlusstreffer markieren konnte. Somit wurde auch Lehmanns gegentorlose Zeit nach 680 Minuten und einem neuen Rekord gebrochen. Positiver Nebeneffekt war, dass damit auch die unsinnige Laola-Welle adhoc gestoppt wurde.

Mittlerweile waren auch Helmes, Neuville und Trochowski eingewechselt worden ? aus der WM-Offensive war also niemand mehr auf dem Platz. Der schon vorher nur spärlich eingesetzte Kombinationsfußball verflachte damit endgültig. Fernschüsse sollten nun die Entscheidung bringen. Doch weder Helmes noch Trochowski oder Jones konnten den in der zweiten Halbzeit deutlich stärker werdenden Khomutovski überwinden.

Torsten Frings gegen Aleksander Hleb

Torsten Frings gegen Aleksander Hleb

Kurz vor Ende der Partie war es schließlich erneut Bolyga, der nach einem Ballverlust von Jones, Metzelder mit einer Körpertäuschung schwindelig spielte und direkt auf Lehmann zielte. Dass dieser dem Ball Einlass in sein Tor gewährte, mag erstaunen, nicht aber überraschen. Dafür spielte der 38-jährige insgesamt zu schwach und unsouverän. Somit können die Weißrussen mit Fug und Recht behaupten in ihrer Länderspiel-Historie gegen Deutschland noch ungeschlagen zu sein.

Die 47.000 Fans im Fritz-Walter-Stadion sorgten im Übrigen keineswegs für ausgelassene Stimmung. Erst wurde nur vereinzelt supportet, dann kamen zwischendurch die Laola-Welle und Standing Ovations, um die Mannschaft nach dem Spiel auszupfeifen.

Vor dem Spiel hatte Günter Netzer in seiner unnachahmlichen Art darauf spekuliert, dass man ?nach dem Spiel doch hoffentlich mehr wisse als vorher.? Nun wird Löw definitiv mehr wissen ? speziell das Abwehrproblem erkannt haben. Allerdings sollte das Spiel trotz alledem nicht überbewertet werden, denn schwache Vorbereitungsspiele gehören in Deutschland mittlerweile fast schon zum guten Ton. Erinnert sei an die 1:5-Klatsche gegen Rumänien (2004) und die nicht minder schmerzende 1:4-Niederlage gegen Italien (2006).

, 28.05.2008

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