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Die Ruhe vor dem Sturm

Es ist eine der Tücken moderner Technik, die uns die Antwort auf folgende Frage vorgibt: Was ist der meistgesprochene Satz bei der Autofahrt durch die Schweiz (vorausgesetzt, ein Navigationsgerät dirigiert der Reisenden Geschick)? Nun, es ist die von einer Frauenstimme hin gehauchte Bemerkung: ?GPS-Signal verloren.? Bei gefühlten 240 Tunneln zwischen Zürich und dem Tessin nervt dieser Satz ? ganz richtig ? gefühlte 240 Mal. Nach der zehnten Verlustanzeige sorgt die Erwiderung aus dem Fond des Autos ? ?Dann suchst doch!? ? nur kurz für Erheiterung. Danach heißt?s nur noch: Weghören und Berge bestaunen. So lange kein Tunnel kommt.

Fürs Bestaunen des Alpenmassivs im Tessin bleibt den deutschen Nationalspielern freilich wenig Zeit. Schließlich ist der touristische Aspekt beim avisierten Unternehmen ?EM-Gewinn? fürs Erste hinten an gestellt. Doch womöglich bringen Klose und Co. für das Gelingen dieser Mission ja das rechte Rüstzeug mit ? den Tunnelblick. Tagaus, tagein geht es für die Nationalspieler per Bus vom Quartier in Ascona zum Trainingsgelände in Tenero. Zehn Kilometer, sechs davon führen - Sie ahnen es ? durch einen Tunnel. Ein Navigationsgerät mit eingebauter Wegführung zum EM-Erfolg ? an so etwas ist selbst der gut betuchte DFB noch nicht herangekommen. Doch üben wir uns mal in ungewohnter Bescheidenheit: Mit einem Sieg gegen die Polen wäre auf dem Weg hin zum großen Ziel zumindest schon mal ein Lichtstreif am Ende des Tunnels zu erkennen.

+++ Von der Fußball-EM 2008 berichtet Klaus Reimann +++   

Wie unterschiedlich doch die Wahrnehmungen sind, wenn es um die Definition von ?Stimmung? geht. Ascona am Lago Maggiore, was für ein grandioses Fleckchen Erde. Dort, wo die momentan noch wolkenverhangenen Berge im Lago versinken. In einem See, der unter einem strahlend blauen Himmel sicher in Türkistönen schimmern würde ? wenn sie denn schiene, die Sonne. Das soll an rund 300 Tagen im Jahr der Fall sein. Nur jetzt eben nicht. Trotzdem ? es ist geradezu paradiesisch hier. Auch die Ruhe. Die freilich nicht so ganz zu den Zeitläuften passt. Denn morgen beginnt in Österreich und der Schweiz die EM. Zu spüren ist davon in diesem entlegenen Winkel der Schweiz herzlich wenig. Hier, im äußersten Süden des Landes, in dem es ?Benvenuto? statt ?Willkommen? heißt und wo das ?Grüerzi? einigermaßen fehl am Platze ist. Dennoch sagt Asconas Bürgermeister Aldo Rampazzi: ?Wir sind froh, dass die deutsche Mannschaft hier ist ? denn sonst hätten wir hier vielleicht überhaupt keine EM-Stimmung.?

Herrliches Ambiente: Ascona am Lago Maggiore

Herrliches Ambiente: Ascona am Lago Maggiore

Das mag Bedauern, wer nach tobender EM-Atmosphäre, nach Fußball-Fieber und Party giert. Nichts davon sucht die deutsche Nationalmannschaft, die eben diese Abgeschiedenheit gesucht und gefunden hat, um sich optimal auf das Turnier vorzubereiten. Vor zwei Jahren bei der Heim-WM mit dem Schlosshotel Berlin war der DFB-Tross noch eingetaucht ins pralle Fan-Leben, in schäumende Begeisterung. In Ascona tummeln sich alltäglich wahlweise zwischen fünf und 15 Fans vor dem bestens abgeschirmten Hotel Giordano, dem Fünf-Sterne-Domizil der Löw-Kicker. Bei aller Hartnäckigkeit, ran an ihre Lieblinge kommen die Anhänger selbstverständlich nicht. Sicherheitspersonal, wohin das Auge blickt. Und für alle, die es noch immer nicht verstanden haben, verteilt der DFB eifrig Autogrammkarten ans wartende Volk. Damit bloß die Spieler nicht belästigt werden. So hat sich Bundestrainer Joachim Löw das vorgestellt. Wo Vorgänger Jürgen Klinsmann für die Zeit der EM wahrscheinlich ein Hotel mitten in Wien ausgesucht hätte, am Puls der EM, am ?Da-will-ich-hin?-Endspielort, liegt für Löw in der Ruhe die Kraft fürs Turnier.

Im Ortsbild von Ascona gibt es allenfalls dezente Hinweise aufs EM-Spektakel. Hier und dort ein paar Fähnchen, eine mehr oder weniger kreative Schaufenster-Deko. Das erhoffte Fußball-Festival, es wird sich anderswo abspielen müssen. Die Fan-Meile haben sie hier zum Fan-Meter zurückgestuft. Ein kleines Floß am Seeufer mit Großbildleinwand vor einem mondänen Restaurant mit (vielleicht) ausgesuchtem Publikum.

Aldo Rampazzi gefällt?s. Und der erste Bürger des Ortes hofft, zumindest ein bisschen vom großen EM-Spektakel mitzubekommen. Aber auch nicht zu viel. Schließlich soll die ebenso geschätzte wie gesetzte Lago-Stammkundschaft nicht verprellt werden. Viele dieser Stammkunden sind Deutsche. Die meisten von ihnen schätzen das stimmungsvolle, gehobene Ambiente, die Ruhe am See. Die EM wird diese Ruhe nicht weiter stören an diesem grandiosen Fleckchen Erde.


, 06.06.2008 

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