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Kopf hoch, Deutschland!

So schnell kann es gehen: Nach 90 Minuten purer Tristesse sucht Fußball-Deutschland seine Position in Europa mehr denn je. War das die wahre Leistungsstärke? Waren die Testspiele vor der EM mehr als nur Ausrutscher? Keine Frage. Die Niederlage gegen Kroatien hat viele Defizite offenbart. Die deutschen Gegner sollten sich allerdings nicht zu früh freuen. Noch stehen alle Türen offen.

Aber der Reihe nach: Deutschland gegen Kroatien war eines dieser Spiele, wo das einzige Glücksgefühl mit dem Abpfiff verbunden ist. Als de Bleeckere um kurz vor 20 Uhr dem deutschen Grauen ein Ende bereitete, wurde auch dem letzen Optimisten klar, dass die DFB-Auswahl nicht mehr zurückkommen würde. Allem Hoffen und Bangen wurde ein unmissverständlicher Riegel vorgesetzt.

Innerhalb der Mannschaft nach Schuldigen zu suchen, ist eine müßige Arbeit. Sicherlich war Jansen überfordert auf der linken Abwehrseite, Fritz nur ein Schatten seiner selbst und Ballack so überzeugend wie Griechenland torgefährlich. Die Ursache für den Leistungseinbruch findet sich aber woanders. Die Niederlage kann nur einer auf sich nehmen ? Joachim Löw ("Das war sicherlich ein Rückschlag. Wir sind alle tief enttäuscht über dieses Spiel. In vielen Situationen war es so, dass wir immer hinterhergelaufen sind und geistig nicht so flexibel waren"). 

Dumme Rote Karte: Schweini

Dumme Rote Karte: Schweini

Nach der Gruppenauslosung sprach die deutsche Medienlandschaft von einem Freifahrtsschein bis ins Finale; jetzt steht man vor einem Endspiel gegen Österreich, um überhaupt die Vorrunde zu überstehen. Wie konnte es dazu kommen? Der größte Fehler war es, Polen als Gradmesser für Kroatien zu nehmen. Dass zwischen beiden Teams qualitative Welten liegen, haben die Kroaten auf der einen - ebenso wie die Österreicher auf der anderen Seite - eindrucksvoll bewiesen.

Dennoch hat sich Deutschland selbst geschlagen. Jansen, schon im ersten Gruppenspiel mit defensiven Schwächen, war sich gar nicht seiner Aufgabe bewusst. Sein Adjutant auf der linken Seite, Lukas Podolski, spielte kaum im linken Mittelfeld ? er verstand sich vielmehr als Linksaußen. Folglich hätte Jansen viel zurückhaltender agieren müssen. Hilfe bekam er defensiv von Podolski jedenfalls nicht. Doch der Münchener verzettelte sich zu häufig in der Offensive und verlor in der Abwehr den Überblick.

Jansen: Noch zu grün für so ein Turnier?

Jansen: Noch zu grün für so ein Turnier?

Die zweite Problemzone lokalisierte sich im rechten Mittelfeld, wo Lahm und Fritz ebenso ihre liebe Mühe und Not mit Modric und der kroatischen Offensive hatten. Zu zaghaft und unentschlossen reagierten sie auf gegnerische Angriffe. Kurz vor dem Führungstreffer gibt Fritz Pranjic nur Geleitschutz, lässt ihn flanken. Mertesacker geht nicht zum Kopfball und Jansen verliert völlig die Orientierung. Srna bedanke sich artig mit dem 1:0.

Zu diesem Zeitpunkt hätte Löw bereits handeln und Jansen, der nun vollständig indisponiert war, rausnehmen müssen, statt bis zur Halbzeitpause zu warten. Jansen raus, Lahm auf links, Fritz nach hinten rechts. Soweit so gut ? die Umstellungen nach dem Seitenwechsel waren die logische Konsequenz aus den ersten 45 Minuten. Wäre nicht Konterstürmer Odonkor eingewechselt worden. Bei Rückstand wohlgemerkt. Sinnvoller wäre es gewesen, direkt Schweinsteiger zu bringen. So versuchte der Bundestrainer seine Aufstellung zu korrigieren, machte es aber nur noch schlimmer.

Totalausfall: Klose

Totalausfall: Klose

Odonkor selbst kann man kaum einen Vorwurf machen. Dass seine sportlichen Fähigkeiten limitiert sind, ist weitläufig bekannt. Trotzdem wurde er mit einer Aufgabe in eine nichtfunktionierende Mannschaft geworfen, der er nicht gewachsen ist: Die Stürmer mit Flanken von der Grundlinie versorgen.

Mit einem Fehlpass am eigenen Strafraum leitete Odonkor zu allem Überfluss auch noch das 2:0 für Kroatien ein. Über Umwege landete das runde Leder bei Rakitic, der scharf nach innen flankte. Podolski fälschte ab, Lehmann konnte den Ball nur an den Pfosten lenken und Olic verwertete den Abpraller zur Vorentscheidung. Gut eine halbe Stunde vor Schluss.

Dass die DFB-Auswahl selbst danach nicht stattfand, hatte seinen Ursprung im zentralen Mittelfeld. Die beiden wichtigen Takt- und Ideengeber Frings und Ballack versagten auf ganzer Linie, verloren sich in Diskussionen mit dem Schiedsrichter, anstatt die Mannschaft zu führen. Fehlpässe im Aufbauspiel, pomadige Zweikampfführung. Keine Impulse, kein Leistung ? eine einschläfernde Leistung.

Auch Mario Gomez konnte die in ihn gesteckten Erwartungen nicht erfüllen. Er wirkt wie ein Fremdköper in der Mannschaft; passt vom Spielertyp her nicht neben Klose. Dementsprechend befreiend war es Schweinsteiger gut 20 Minuten vor Ende zu bringen. Für eine kurze Zeit war die linke WM-Seite wieder komplett. Lahm und ?Schweini? auf links. Dazu Podolski und Klose im Sturm. Hätte sich Bastian nicht in der Nachspielzeit für eine Tätlichkeit die rote Karte abgeholt ? er hätte gute Chancen auf die Startaufstellung gegen Österreich gehabt.

Letztendlich reichten alle Bemühungen nur noch zum Anschlusstreffer. Nach einem Abwehrfehler von Robert Kovac war es Podolski, der seinen dritten Turniertreffer beisteuerte.



Nach dem Spiel bleibt nur eins: Abhaken und vergessen. Dieser Schuss vor den Bug zur rechten Zeit kann noch wertvoll werden. Die Defizite wurden gnadenlos aufgezeigt, Löw kann aus den taktischen Fehlern lernen und die Mannschaft auf das Österreich-Spiel vorbereiten. Durch deren Remis gegen Polen reicht Deutschland ebenfalls eine Punkteteilung, um ins Viertelfinale gegen Portugal einzuziehen. Klar ist aber auch, dass sich die Mannschaft in allen Teilen erheblich steigern muss. Dennoch gilt: Wir leben noch.

, 13.06.2008

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