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Fanparty in Basel rockte

Zwölf verdammt lange Jahre wartete Deutschland vergebens auf eine erfolgreiche Europa- meisterschaft. Doch selbst ein einzelner Sieg war sowohl im Jahre 2000 in Belgien und den Niederlanden, als auch 2004 in Portugal nicht möglich. Alles was in diesen beiden Turnieren fehlte, wird zur Zeit in Österreich und in der Schweiz nachgeholt. Da hätten wir als erstes einen relativ souveränen Favoritensieg gegen Polen, ein Aufbäumen nach einer Niederlage, verbunden mit einem glanzlosen Sieg gegen Gastgeber Polen und zuletzt auch ein Außenseitersieg mit Traumkombinationen gegen den Favoriten vieler Buchmacher, die portugiesische Nationalmannschaft.

Und das alles, um am 29.06.2008 im Wiener Ernst-Happel Stadion zum vierten Mal Europameister zu sein. Doch vor dem Finaleinzug wartete bekanntlich ja noch ein unangenehmer Gegner, der schon drei eigentlich verloren geglaubte Spiele in Windeseile gedreht hatte und vor Ehrgeiz nur so strotzte: Türkiye.

Etwas notgedrungen erfolgte die Anreise zu diesem Spiel aus unterschiedlichen Verkehrsmitteln. Von München ging es mit dem französischen Vorzeigezug TGV nach Karlsruhe, wo um 10.15 Uhr der Bus schon auf die Abfahrt wartete. Etwa 4 Stunden Fahrt vergingen relativ zügig, die Vorfreude wuchs. Bei einem Zwischenstopp auf einem Rastplatz vor Freiburg konnte man das erste Mal feststellen, wie viele Leute eigentlich auf dem Weg nach Basel waren. Dutzende Busse und unzählige Autos, geschmückt mit Deutschen Fahnen. Türkische Schlachtenbummler waren weniger vertreten, dafür zum Teil aber relativ klischeehaft: Tiefer gelegter 3-er BMW Cabrio mit Mucke bis zum Anschlag... Sehr lustig!

Angekommen auf dem Baseler Busparkplatz W, wurde unser Bus von einem Mann mit Fahrrad und orangener Warnweste in seine Endposition geführt. Sehr gut organisiert von den Schweizern, aber nichts anderes hatten wir erwartet. Von dem Parkplatz ging es bei 36°C im glühenden Basel per Tram in die Innenstadt, zum Barfüsserplatz. Dort wartete schon eine riesige internationale Party. Ausgelassene, aber vollkommen friedliche Stimmung rund um die gesamte Innenstadt. So soll es sein! Zahlreiche Fotos, wobei von beiden Fanlagern mindestens eine Person vertreten war, wurden geschossen und neue Freundschaften geschlossen.



Die Planung für das nächste zu besuchende Derby, Fenerbahce gegen Galatasaray sind jetzt schon einmal um den Faktor Ticket erleichtert. Wir widmeten uns zunächst schweizerischem Bier, bis wir von neuen türkischen Bekanntschaften zu einigem Effes Bier aus der Türkei eingeladen wurden. Die Party ging weiter, jetzt standen wir alle vor einer Baseler Dönerbude... Der Besitzer hatte eine ordentliche Soundanlage vor die Tür gestellt und es wurden abwechselnd deutsche und türkische Lieder gespielt. Ein paar türkische Vokabeln wurden gelernt (Prost heißt Scherefe, oder wird zumindest so ausgesprochen) und es wurde viel gelacht.

Ein paar Stunden vor dem Spiel machten wir uns über die Fußgängerzone auf den Weg Richtung St. Jakob?s Park. Auch hier ein rauschendes, gemeinsames Fest. Hier trafen wir auch das erste mal auf eine deutsche Band, die mit allerlei Instumenten, unter anderem einem portablen Schlagzeug, die Stimmung mächtig anheizte. Ich weiß zwar nicht, wo in Basel die Fanmeile ist, aber dort kann es nicht lustiger gewesen sein, zumal der Preis für ein Bier bei 4,50 Euro liegt. Für Heineken...

Etwa eine Stunde vor dem Spiel erreichten wir das Stadion, bekannt als St. Jakob?s Park oder einfach ?Joggeli?. Ein schönes Stadion mit den Plätzen nah am Spielfeldrand. Für die Europameisterschaft wurde es aufgestockt und fasst jetzt knapp über 40.000 Zuschauer. Bei diesem Halbfinale ist es selbstverständlich ausverkauft. Die Ränge sind, meinen Schätzungen nach, zu etwa 70-80% von deutschen Fans belegt, selbst im türkischen Block sind einige deutsche Fans zu sehen. Die Stimmung war insgesamt gesehen mit ein paar Hängern sehr gut, die Leistung auf dem Platz eher nicht. Das Spiel war nicht hochklassig, wobei die Türken weit mehr vom Spiel und auch die besseren Chancen hatten.

Doch wer sie nicht nutzt, wird von den Deutschen bestraft. Schweinsteiger und Klose schiessen Deutschland in Führung und die Stimmung ist hervorragend. ?So geh?n die Deutschen, die Deutschen, die geh?n so?. Doch kurz vor Schluss gelingt tatsächlich noch der Ausgleich, Lahm hatte sich vernaschen lassen. Die Muttenzer Kurve, in welcher die türkischen Fans an diesem Abend beheimatet waren, gleicht von weitem einem Tollhaus. Als sich die meisten dann aber schon in Gedanken auf die Verlängerung eingestellt haben, hämmert Lahm den Ball ins kurze Eck und das Stadion erzittert ob des deutschen Jubels. Nach ein paar weiteren Minuten pfeift der Schiedsrichter das Spiel ab und lautstark hallt es ?Finale oho? durch das Stadion und wahrscheinlich durch ganz Deutschland. Die Mannschaft kommt zur Humba, wobei Podolski sich als Vorsänger gibt. Schließlich kommt er noch selbst auf die Hintertortribüne und hüpft mit den Fans mit.

Mit dem Schienenersatzbus geht es jetzt Richtung ?Badischer Bahnhof? von wo der Zug zurück nach München geht. Vor dem Bahnhof und im Bahnhof ist eine Riesenparty, jetzt aber fast nur noch von deutschen Fans. Viele türkische Fans, die vorbei kommen, gratulieren und können meiner Meinung nach trotz hängender Köpfe stolz nach Hause fahren. Stolz auf ihre Mannschaft, die trotz Verletzungssorgen und gesperrten Spielern eine gute Leistung gebracht haben, aber auch auf die Fans, die hier in Basel mit den deutschen zusammen ein unglaubliches Fest zelebriert haben und trotz Niederlage nicht vergessen haben, was ihre Mannschaft bei diesem Turnier geleistet hat.



Vielen Dank an dieser Stelle nochmal an alle, die diese Reise nach Basel zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht haben. Scherefe!

, 27.06.2008

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