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Glanzloser Arbeitssieg


Gelungener Auftakt: Die deutsche Nationalmannschaft hat Spiel eins nach der Europameisterschaft souverän mit 2:0 gegen Belgien gewonnen. Kurz nach dem Start der neuen Spielzeit dominierte sie das Spiel nach Belieben, ohne dabei für spielerische Glanzpunkte zu sorgen. Vor gerade einmal 34.000 Zuschauern in Nürnberg überzeugten vor allem die jungen Serdar Tasci und Marko Marin. Lukas Podolski hingegen kann froh sein, dass er sich nach einer Attacke von Belgiens Torwart Stijn Stijnen nicht schwer verletzte.

Vor dem Spiel war es der Weltverband FIFA, der sich dank einer unsinnigen neuen Regel ins Abseits stellte. In Qualifikationsspielen zur WM-Endrunde in Südafrika dürfen die Spieler nur noch Trikots mit den Nummern eins bis 18 tragen und müssen auf Namenszüge auf selbigen verzichten. In DFB-Kreisen bezeichnete man die Entscheidung als ?weltfremd?. Dass durch diese Aktion die Identifikation mit den Spielernummern verloren geht, dürfte auch das Merchandising spüren: Ein Trikot mit der Nummer 13 hat nun jeglichen emotionalen Wert verloren.

Die DFB-Auswahl setzte die neuen Regularien bereits im Testspiel gegen die ?Roten Teufel? um und so war es der Leverkusener Patrick Helmes, der die alte Ballack-Nummer 13 auf dem Rücken trug. Trainer Joachim Löw musste vor dem Test einige Änderungen vornehmen, da mit Per Mertesacker, Torsten Frings und Michael Ballack drei Stammkräfte ausfielen. Löw nutzte die Chance und setzte auf die Generation Zukunft. ?Junge Spieler drängen nach. Da kann sich jeder, der spielt, einen Vorteil verschaffen?, sagte der 48-Jährige.

In der Innenverteidigung liefen erstmals der Stuttgarter Tasci und Schalkes Heiko Westermann gemeinsam auf. Ein klarer Fingerzeig in Richtung Christoph Metzelder, der ohne Spielpraxis bei Real Madrid nicht mehr zur Stammelf gehören wird. Durch den Einsatz des jungen Schwaben Tasci kann dieser nun auch theoretisch nicht mehr für Türkei, das Land seiner Vorfahren, auflaufen. ?Die Deutschen haben sich mehr bemüht, ich bin froh, dass ich für sie gespielt habe", sagte der 21-Jährige nach dem Spiel zufrieden, wenngleich auch noch leicht distanziert.

Das Duo im zentral-defensiven Mittelfeld bildeten Simon Rolfes und Thomas Hitzlsperger, die schon bei der EM gegen Portugal harmonierten. ?Hitze? kündigte direkt an, dass er den Platz in der ersten Elf nicht freiwillig wieder hergeben wird: ?Ich weiß, dass mit Ballack und Frings noch zwei erfahrene Spieler da sind, die es zu verdrängen gilt.? Mutige Worte des neuen VfB-Kapitäns. Der Aufgalopp der ?Jungen Wilden? wurde von Piotr Trochowski im linken Mittelfeld komplettiert.

Für die neuformierte Defensivabteilung war Belgien ein dankbarer Testspiel-Gegner. Das Team von René Vandereycken war offensiv zu schwach und ängstlich, um ernsthaft das deutsche Tor in Bedrängnis zu bringen. Einzig der Ex-Gladbacher Wesley Sonck strahlte ansatzweise so etwas wie Torgefahr aus ? ohne dabei Robert Enke wirklich zu bedrohen. So erlebte der Hannover-Keeper, der sich gute Chancen auf die Nachfolge von Jens Lehmann ausrechnet, einen größtenteils ruhigen Abend.

Das Spiel hatte kaum begonnen, da sorgten Trochowski und Lukas Podolski schon für die ersten sehenswerten Chancen, scheiterten aber an Stijnen oder dem Außennetz. Schon jetzt deutete sich an, dass das deutsche Spiel vor allem über die linke Seite funktionierte, wo Gill Swerts mehr als einmal nur hilflos dem Treiben zuschauen konnte. Wollte Bastian Schweinsteiger, auf rechts aufgestellt, am Spiel teilnehmen, so musste er immer in die Zentrale ausweichen, um in den Aktionsradius des Geschehens zu kommen.

Nach zwölf Minuten dann eine Schrecksekunde: Podolski läuft alleine auf Stijnen zu und der belgische Keeper verliert vollkommen die Nerven. In ?Oliver-Kahn?-Manier springt er mit dem ausgestreckten rechten Bein in den Münchner Angreifer. Dass sich Podolski dabei nur Schürfwunden und leichte Rippenprobleme zuzog, gleicht einem kleinen Wunder. An dem schwachen dänischen Schiedsrichter Thomas Vejlgaard war diese Szene, wie so einige andere auch, vorbeigegangen. Eine Rote Karte wäre die einzig richtige Entscheidung gewesen.


In der Folgezeit wurden die flüssigen Kombinationen im deutschen Spiel immer spärlicher, das Geschehen erreichte viel mehr einen belagerungsähnlichen Zustand. Belgien verstand es die Räume eng zu machen und Flanken wie Standards durch die großen Innenverteidiger aus der Gefahrenzone zu köpfen. Als dann endlich ein Ball Miroslav Klose im Strafraum fand, scheiterte der 30-Jährige wieder einmal an seinen Nerven. Kurz darauf, gegen Mitte der ersten Halbzeit, versuchte es Schweinsteiger mit einer Direktabnahme, traf aber nur die leeren Sitzplätze im easyCredit-Staion.

Unsere westlichen Nachbarn bemühten sich daraufhin sich auch offensiv am Spiel zu beteiligen. Bei schnell vorgetragenen Konter offenbarten sich Abstimmungsschwierigkeiten in der deutschen Hintermannschaft. Zwischen Mittelfeld und Abwehr öffneten sich zu große Freiräume. Hier wurde deutlich, dass der DFB-Auswahl ein Häuptling fehlte ? Hitzlsperger zumindest wurde der Rolle nicht gerecht. Passiert ist letztlich nichts. Dafür vergaben Sonck und Tom de Sutter ihre Chancen zu kläglich.

Zu Beginn der zweiten Hälfte tauschte das deutsche Trainerteam die Stürmer aus. Nun sollten Kevin Kuranyi und Mario Gomez ihr Glück versuchen. Löws Elf stellte jetzt auch endlich die Spielweise um, verzichtete auf die langen, hohen Bälle und schickte die Stürmer vorzugsweise steil. Dass dabei die Präzision fehlte, war nur sekundär entscheidend. Wichtiger war, dass die Mannschaft es verstand, ihr System zu ändern.

Nach 58 Minuten dann die spielentscheidende Szene: Gomez dringt mit Ball in den Strafraum ein, Daniel van Buyten zieht am Trikot, Gomez fällt. Elfmeter. Van Buyten verneinte zwar eine Berührung und von jeglichem Abseitsverdacht konnte der vorausgehende Pass auch nicht frei gesprochen werden, letztlich glich sich aber nur aus, dass vier Minuten zuvor der Schiedsrichter ein klares Handspiel von Jelle van Damme im Strafraum übersah. Schweinsteiger kümmerte das alles recht wenig, er verwandelte sicher zur Führung.

Für einen richtigen Glanzpunkt sorgte 13 Minuten vor Ende der Gladbacher Marin, der sich nach einem Doppelpass mit Philipp Lahm durch den gegnerischen Strafraum tankte, den reaktionsschwachen van Buyten austanzte und zum Endstand einschob. Vielleicht wurde Löw in diesem Moment bewusst, wie unnötig es war Fußball-Deutschland bei der EM mit David Odonkor zu quälen und auf den Jungstar zu verzichten. Sein kritischer Blick nach der ersten Freude ließ dies zumindest vermuten.

?Wir haben schönen Fußball gezeigt, besonders das zweite Tor war herrlich herausgespielt", sagte der Bundestrainer nach Spielende. Viele Erkenntnisse dürfte er aber nicht gewonnen haben, außer der einen, dass ein Testspiel zu diesem Zeitpunkt der Saison vor allem eins ist: belanglos. Quittiert wurde dies alleine durch das geringe Zuschauerinteresse. Richtig ernst wird es wieder am sechsten September. Dann steigt in Vaduz das erste WM-Qualifikations-Spiel gegen Lichtenstein. Voraussichtlich auch wieder mit Häuptling Ballack ? mit welcher Nummer auch immer.

, 21.08.2008

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