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Der brüchige Burgfrieden von Frankfurt

Ja, heute war mal wieder eine Pressekonferenz beim DFB. Und allerlei Strahlemänner präsentierten sich mit Strahler70-Lächeln der versammelten Journalistenschar. Wohin man schaute, es gab nur Sieger. Hatten Tags zuvor die Kommentatoren nur von Verlierern auf allen Ebenen schwadroniert, galt es nun ?Rolle rückwärts? und wieder schnurstracks geradeaus zu marschieren. Schließlich hat man ja am Südkap eine WM zu spielen ? und das möglichst erfolgreich.

Und so gefiel man sich in beschwichtigendem Understatement, wie etwa Deutschlands bekanntester Schalträger Jogi Löw, der zum Hickhack der vergangenen Tage expressis verbis anmerkte: ?All diese Dinge dürfen und werden uns nicht bis zur WM begleiten, und es wird auch keine Zugaben mehr geben.? Späte Einsichten waren da zu vernehmen: ?Es ist mir doch deutlich geworden, dass die Art und Weise der Präsentation unserer Vorstellungen beim Präsidenten aber auch beim Generalsekretär die Falsche war, sie zu Irritationen, Verärgerung und ich denke auch Verletzung von Gefühlen führen musste.? Jaja. Hinterher ist man immer schlauer, Herr Bundestrainer.

Der zuweilen renitent anmutende Oliver Bierhoff, der diese PK durch seinen Gang nach Canossa erst möglich gemacht hatte, resümierte im Rückblick auf die vergangenen Tage wohltuend schlicht, dass es wie bei jedem Streit sei, ?den Sie mal zuhause haben: Da wird's auch ein bisschen hitzig, ein bisschen heftig.? Der zuletzt so forsch auftretende Junge aus der Kulturhauptstadt wirkte auf einmal regelrecht kleinmütig, ja fast sogar einen Hauch demütig. "Wir und ich insbesondere bedauern die Situation sehr, die in den letzten Tagen entstanden ist.

Aha. So einfach ist das also. Schwamm drüber, oder wie es mal ein junger Dortmunder Meistertrainer in Diensten des DFB so treffend formulierte: Mund abputzen, weiter machen. Sammer, senes Zeichens Jugend-Sportdirektor mit Bundestrainer-Ambitionen, fühlt sich von Löw und Bierhoff seit Amtsbeginn konsequent ausgegrenzt und kaltgestellt und nahm gemächlich zurückgelehnt in der ersten Reihe Platz, um das theaterreife Spektakel zu verfolgen.

Und so kam, was kommen musste: ?Da kommt der Deckel drauf, die Chose ist vorbei?, bestätigte kein geringerer als Generalsekretär Niersbach nicht ohne den Hinweis zu geben, dass der Streit vor allem in und von den Medien ausgetragenen worden sei. Karl-Heinz Rummenigge formulierte es allerdings anders, durchaus drastischer im Bayerischen Rundfunk gestern Abend, als er riet, endlich den ?Maulwurf im DFB? auszumachen. ?So etwas gehört nicht in die Öffentlichkeit.? Selbst Wolfgang Niersbach möchte da nicht widersprechen. ?Was sind wir eigentlich - auf Deutsch gesagt - für Hornochsen, dass wir so etwas in der Öffentlichkeit zulassen? Das kann doch gar nicht wahr sein.? Späte Einsicht von etlichen Hornochsen.

Friede, Freude, Eierkuchen. Alle haben sich wieder lieb nach dieser Kindergartenkacke und lassen den Blick in die Ferne, zum eigentlichen einig machenden Ziel schweifen. ?Der Erfolg bei der WM - so schwer es sein wird, und so wenig man das garantieren kann - ist nur mit diesem Trainer machbar. Alle anderen, die hier am Tisch sitzen, ob Generalsekretär, Präsident, Teammanager oder wie auch immer, sind irgendwie auswechselbar. Aber die Mannschaft braucht diesen Trainer."



Und DFB-Boss Theo Zwanziger selbst war es dann auch, der die Rolle von Löw beim ?Projekt WM 2010? in seiner für ihn uneingeschränkten Wichtigkeit unterstrich. Man fragt sich nur, warum erst nachdem so viel Porzellan zerdeppert wurde? War man sich dessen nicht wirklich schon von Wochenfrist sicher?

Zwanziger unterstrich unterdessen am heutigen Dienstagnachmittag auf der Pressekonferenz mit Nachdruck, dass ?der WM 2010 alles unterzuordnen" ist und ließ einen Blick in sein Innerstes zu als er einräumte, dass durch die vergangenen Tage bei ihm "emotional etwas kaputtgegangen" sei. Das vom smarten Manager der Nationalmannschaft Mitte Januar in die DFB-Spitze schriftlich hereingereichte und millionenschwere Vertragswerk für den kompletten Trainerstab inklusive Scouts und seiner Wenigkeit als lenkender Kopf des Managements, hatte die DFB-Altvorderen brüskiert und recht derbe vor den Kopf gestoßen.

Die dort aufgelisteten ?Maximalforderungen? (Veto-Recht/Die Red.) wollte und mochte der der 64-jährige Jurist Zwanziger eingedenk der Tatsache, dass dort wesentliche Kompetenzen abgeleitet werden sollten, so nicht akzeptieren: "Ich habe die Verträge gesehen und sofort gedacht, so geht es aber nicht", sagte er heute überaus glaubhaft und machte damit aus seinem Herzen keine Mördergrube.



Was bleibt also vom Frankfurter ?Harmonie-Gipfel? übrig? Ok, kein zerschnittenes Tischtuch, keine schwelenden Disharmonien ? zumindest will uns dies die auf dem Podium angetretene ?Zweckgemeinschaft? weiß machen. Der Vertrag des "unverzichtbaren" Bundestrainers endet am 31. Juli 2010. Länger wird diese Posse sicher nicht dauern. Eher kürzer. Die Stunde des Matthias Sammer könnte schon bald schlagen.

, 09.02.2009

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