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Der Ruhrpott im Fokus

Bestandsaufnahme zum Rückrundenstart der fünf Reviervereine

Da ist noch was gut zu machen am 10. Februar...

Da ist noch was gut zu machen am 10. Februar...

Die Winterpause der Bundesliga- Saison 2007 / 2008 neigt sich dem Ende entgegen. Endlich, so denken wohl die meisten Fußball- Fans im Revier und sicher auch anderswo. Vorbei die Zeit der Wochenend- Tristesse, vorbei die Zeit der Spekulationen, die vor allem die Boulevard- Schmierfinken zu inhaltsloser Berichterstattung wohl noch nie da gewesenen Ausmaßes genutzt haben. Jede noch so bedeutungslose Begebenheit wurde zwecks Winterlochverfüllung zur Sensationsstory aufgebauscht.

Ob Blöd- Zeitung oder Bayerns Haus und Hof-Sender DSF - sie alle übertrafen sich förmlich in ihrer nichtssagenden und völlig überflüssiger Propagandamaschinerie. Bemerkenswert und zugleich erfreulich, dass die Vereinsverantwortlichen sich dieser Meinungsmache durch Nichtbeachtung entzogen, ja sogar entgegen der aufgedrängten Besserwisserei dieser (Achtung Ironie:) ?Fachleute? unbeeindruckt ihre Personalentscheidungen getroffen haben.

Auch wenn die meisten der hier behandelten Clubs ihren Saisonzielen noch hinterher hinken (es sind aber auch noch 17 Spieltage zu bestreiten!), so baut man endlich hier und da auf mehr Kontinuität. In Dortmund verlängerte man mit der gesamten sportlichen Leitung die Arbeitsverträge, in allen anderen Vereinen bewahrte man Ruhe und setzt zum einen auf eine bessere Rückrunde, zum anderen auf langfristigere, weil besser planbare Konzeptionen. Wohl sehr zum Unmut der immergleichen Schmierfinken aus der Gosse der Sportberichterstattung.

Die Vorfreude unter den Fans auf die anstehenden Spiele ist unübersehbar, die Vorverkaufszahlen sprechen deutliche Worte. Im Freundes- und Bekanntenkreis, an den Stammtischen... überall herrscht das Thema Fußball vor. Doch Hand aufs Herz: diese Vorfreude ist wegen des zum Teil mageren Abschneidens der Mannschaften umso bemerkenswerter. Nun stellt sich die Frage, woran mag es gelegen haben, dass viele Erwartungen (noch) nicht erfüllt werden konnten. Bevor wir in eine - auf den jeweiligen Verein bezogene - Kurz- Analyse einsteigen, ein paar allgemeine Fakten vorweg:



Auffällig ist die Offensivschwäche unserer heimischen Teams. In der Torschützenliste findet man ganz oben keinen Spieler aus dem Pott. Während beispielsweise ein unbedeutender Verein aus Süddeutschland gleich durch zwei Spieler mit je 9 Treffern an der Torjägerspitze vertreten wird, die Bremer (wie immer gleich mit 3 Topleuten in der Spitze anzutreffen sind, tauchen erfolgreiche Offensivkräfte aus der hiesigen Region eher sporadisch in der Top 20 auf. Petric (BVB) und Sestak (Bochum) können mit ihrer Ausbeute von jeweils 8 Toren sicher zufrieden sein, weitere Spieler dieser Vereine tauchen mit 5 Toren bereits am unteren Ende dieser Top 20 auf. Aus Schalker Sicht ist die Bilanz noch trostloser, Kuranyi (6 Treffer) und das war´s auch schon.

In der Defensive ein eher unterschiedliches Bild. Dort steht Schalke mit 17 Gegentoren verhältnismäßig gut da, denn der BVB beispielsweise spiegelt nach Arminia Bielefeld (38 Gegentore) mit Wolfsburg zusammen das Bild einer Schießbude wider. Bochum und Duisburg, sicher bedingt durch ihre eher defensiv orientierte Spielweise, halten sich ihren Tabellenplätzen entsprechend mit (26 = MSV) und (27 = VfL).

Die Bilanz von RW Essen in der Regionalliga ist derzeit sicher nicht zufriedenstellend, ist man doch mit dem klaren Saisonziel des Wiederaufstiegs in die Saison gestartet. Platz 10 zur Winterpause, mit 30 Punkten, einem Torverhältnis von 25 ? 17 (+8), bei 8 Siegen, sechs Unentschieden und sechs Niederlagen sind nicht Das, was man sich in Essen vorgestellt hat. Gerade die hohe Anzahl der verlorenen Spiele ist eines Aufsteigers unwürdig, auch die vielen Remis, die immer nur einen müden Zähler einbringen, lassen wenig Hoffnung auf das Erreichen des Saisonziels zu.

Die Regionalliga Nord ist in dieser Saison sehr ausgeglichen, daher vermag man RWE noch nicht komplett abschreiben. Im Kampf um die beiden Aufstiegsplätze wirken außergewöhnlich viele Teams mit. Vielleicht, wenn man gut aus den Startlöchern kommt, ist der erneute Aufstieg in die 2. Bundesliga noch erreichbar. Der treuen Fangemeinde wäre es zu wünschen, doch der Weg dorthin ist sehr weit und man muss vermehrt auf das Versagen der direkten Konkurrenten hoffen. Zu viele Fragezeichen, um Essen zum Favoriten zu küren.

Der MSV Duisburg steht als Aufsteiger ohne namhafte und qualitativ hochwertige Verstärkungen dort, wo man ihn vermutet hätte. Der Coup mit Ailton als Leitfigur im Angriff ist mehr als fehlgeschlagen. Dies war absehbar, nach all den Querelen und Undiszipliniertheiten dieses bunten Vogels bei seinen vorherigen Vereinen. Hier hat man sich, ohne Not, einen zusätzlichen Konfliktpunkt geschaffen, der aber auch als Blitzableiter und zum Ablenken von den ursächlichen Problemen an der Wedau gut geeignet war / ist.

Nach dem für einen Aufsteiger nicht ungewöhnlichen, erfolgreichen Start in die Saison, verlief der Weg anschließend permanent bergab bis es nicht mehr tiefer ging. Duisburg verlor kurz vor Transferschluss nun auch noch Roque Junior, den es zurück in die Heimat zog, sodass man im Deckungszentrum nur schwerlich adäquaten Ersatz finden wird. Die Abwehr war bisher noch das geringste Übel, die Offensive hingegen lässt jegliche Bundesligatauglichkeit vermissen. 14 Tore in 17 Spielen, das ist eindeutig zu wenig, um in der Eliteliga bestehen zu können.

Der soliden Vereinspolitik getreu, arbeitet man beim MSV personalpolitisch zurückhaltend weiter und vertraut auf das vorhandene Potential. Ein Abstieg ist einkalkuliert, wird die Duisburger nicht aus der Bahn werfen und so kann man sicher sein, dass der Verein zwar niemals ernsthaft um den Titel kicken wird, aber er wird ab und an im Oberhaus mitwirken und den ein oder anderen Farbtupfer setzen können. Mit dieser sachlich ruhigen Vereinsführung und dem ansehnlichen Stadion gehören die Zebras zu den besten 20 Deutschen Vereine.

Nach den Weggängen der Leistungsträger Misimovic und Gekas (Torschützenkönig 2006 / 2007), musste man sich um die künftige Ligazugehörigkeit des VfL Bochum ernsthaft sorgen. Mit Sestak haben die Bochumer einen Vollblut- Stürmer aus dem Hut gezaubert, der so was wie eine Lebensversicherung für das Kollerteam ist. Vor Saisonbeginn noch völlig unbekannt, steht er mit acht Treffern oben in der Torjägerliste und ließ die Rufe nach Gekas schnell verstummen. Der VfL steht mit 19 Punkten auf dem 13. Tabellenplatz, 4 Punkte vor einem Abstiegsplatz. Das Torverhältnis von 25-27 ist als üblich für diese Tabellenregion einzustufen. Fünf Siege, vier Unentschieden und bereits acht Niederlagen sind die Bilanz aus der Hinrunde.

Die Mannschaft tritt als kämpfende Einheit auf, in der die Last des Spielaufbaus auf mehrere Schultern verteilt ist. Dadurch ist das Spiel sehr schwer auszurechnen. Mit der Verpflichtung von Mimoun Azaouagh erhofft man sich an der Castroper Straße eine Qualitätssteigerung im Spielaufbau. Sicher ist der kleine Mittelfeldakteur ein technisch versierter und mit Torinstinkt ausgestatteter Mann, aber seine Verletzungsanfälligkeit ist unberechenbar. Personelle Planungssicherheit hat man mit ihm leider nicht.

Trainer Koller und Manager Kuntz bilden ein gutes Tandem, das eng und vertrauensvoll zusammenarbeitet, auch in schwierigen Situationen die nötige Ruhe bewahrt. Das Bochumer Saisonziel heißt Klassenerhalt. Dieses Ziel ist realistisch, doch wird es ein erneuter Kraftakt, um die Klasse zu halten und es bedarf weiterhin eines gut funktionierenden Kollektivs.

Leistungsschwankungen der nicht alltäglichen Art haben die zahlreichen Anhänger der Dortmunder Borussia teilweise erzürnt und nur noch ungläubig mit dem Kopf schütteln lassen. Einem denkbar schlechten Start mit zwei Derbyniederlagen, folgte eine deutliche Leistungs- Steigerung, der ein ebensolcher Leistungsabfall folgte, daraufhin steigerte man sich wieder, dann... so entwickelte sich der BVB zum Buhmann eines jeden Oddset- Tippers.

Die Achillesferse war eindeutig die Defensive. Hier sollte man beachten, dass damit nicht einzig die Abwehrspieler und die Torhüter gemeint sind, vielmehr funktionierte oftmals die Mannschaft an sich in ihrer Rückwärtsbewegung nicht gut genug. Eingliederungsprobleme eines Robert Kovac, die anhaltende Formschwäche eines Kapitän´s Wörns, die Nichtnominierung eines Martin Amedick... da kam einiges zusammen, was in der Summe eine Anzahl von 30 Gegentoren zur Folge hat. Der zweitschlechteste Wert in der Liga. Das muss eine Offensivabteilung erst einmal kompensieren. Sechs Spiele gewonnen, drei mal unentschieden gespielt und acht mal verloren, das entspricht in keinster Weise den Ansprüchen der Verantwortlichen, noch weniger denen der Fans.

Positiv überraschte sicher Neuzugang Petric, der sich als treffsicherer, spielfreudiger und kampfstarker Offensivmann entpuppte und die Qualität deutlich anhob. Das Fehlen eines Alexander Frei machte sich natürlich negativ bemerkbar, umso erfreulicher, wie schnell Mittelfeldspieler Sebastian Kehl zu alter Form und Stärke finden konnte. Er brachte die erwünschte Sicherheit ins defensive Mittelfeld und stabilisierte somit die gesamte Defensive.

Das größte Manko beim BVB war die immer wieder schnell Einzug haltende Selbstzufriedenheit, die wohl als Hauptgrund für diese eher unbefriedigende Ausbeute aus 17 Spielen herhalten muss. Sollte es dem Trainergespann gelingen, diesen Schlendrian aus der Mannschaft heraus zu bekommen, so könnte man die anvisierten Ziele noch realisieren. Durch die Neuzugänge Hummels (Abwehr), Bade (Torwart) und Rukavina hat die Borussia sich auf vakanten Positionen gezielt verstärkt, dadurch den Konkurrenzkampf angefacht, was darauf hoffen lässt, dass ein Ruck durch den Kader geht und jeder ein paar Schüppen drauf legt. Die zu erwartende Rückkehr von Alex Frei dürfte sich positiv bemerkbar machen, zum einen an der Trefferquote, zum anderen kann er seine Nebenleute durch seine Siegermentalität mitreißen.

Ein Sieg im DFB- Viertelfinalspiel zum Auftakt gegen die starken Bremer kann eine Initialzündung für die Rückrunde bedeuten und die Titelhoffnungen des Anhangs nähren. Dass die Mannschaft attraktiven und zugleich erfolgreichen Fußball spielen kann, hat sie in einigen Spielen bewiesen, besonders der Galaauftritt gegen Bremen machte deutlich, was eigentlich möglich wäre. Auch der 45 Minuten Auftritt gg. Leverkusen in Düsseldorf machte sicher Appetit auf mehr. So muss es unter den Voraussetzungen aufwärts gehen. Nur die Spieler selbst, können sich und dieser Entwicklung selber im Wege stehen.

Beim FC Schalke 04 hinken sie in der Bundesliga dem selbst erklärten Ziel weit hinterher. Eine Aufholjagd zum Ende der Hinrunde ließ den Anhang noch vom Erreichen der Championsleague-KO-Runde träumen. Im DFB- Pokal ist man ebenso weiter vertreten, wie in der Europäischen Königsklasse. Gerade das Erreichen des Achtelfinals (gg. Porto) brachte finanzielle Planungssicherheit und ebnete den Weg für drei Neuzugänge in der Winterpause (Sanchez für den Angriff; Streit und Ze Roberto für's bislang durchwachsen auftretende Mittelfeld). Dem entgegen steht der Abgang des Manndeckers Dario Rodriguez bzw. Mesut Özil (suspendiert).

Die Macher bei S04 haben auf die Erfahrungen der Hinrunde reagiert. Im Spielaufbau haperte es deutlich sichtbar. Tore erzielte man fast ausschließlich nach Standards. Die Hintermannschaft stand dank eines überragenden Marcelo Bordon meist sicher (17 Gegentore), aber die Offensive ließ viele Wünsche offen. Der fünfte Tabellenplatz, mit 29 Punkten und einem Rückstand auf Platz drei von drei Punkten ist aufholbar. Dabei bleibt abzuwarten, wie man die dreifach- Belastung verkraftet, wenn man sich in den beiden Pokalwettbeweben für die nächsten Runden qualifizieren sollte.

Im Kader steckt enormes Potential, die Ausbootung des sehr talentierten Mesut Özil ist zwar für ihn tragisch, aber mehr als nachvollziehbar. Mit Rakitic und Großmüller hat man Spielertypen, die in Zukunft das Zepter in die Hand nehmen können. Ob sich die Neuzugänge allesamt als Verstärkungen erweisen werden, bleibt abzuwarten und ist in den Fällen Ze Roberto und Sanchez wegen ihrer Unbekanntheit kaum im Vorfeld abschätzbar.

Schalke hat den Grundstein für eine erfolgreiche Rückrunde gelegt. Die Mannschaft muss nun ihr gesamtes Potential abrufen, wozu der neu entbrannte Konkurrenzkampf sicher seinen Teil beitragen wird. Sollte die Mannschaft als geschlossene Einheit auftreten, so kann sie ihre Ziele erreichen. Ziele in KO- Wettbeweben sind kaum definierbar, das sollte man als Sahnehäubchen sehen.

Noch wenige Tage bis der Ball wieder rollt. In ein paar Monaten werden wir sehen, wie viel von dem hier Prognostizierten wirklich eingetroffen ist. Wir wünschen allen Fans der Ruhrgebietsvereine in der Rückrunde viel Freude an ihren Clubs, mit tollen Derbys und hoffen inständig, dass der neue Deutsche Meister, Bild und DSF zum Trotz, nicht FC Bayern heißt.

, 27.01.2008 

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