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Das doppelköpfige Unentschieden

Man kennt doppelköpfige Figuren ja sonst eigentlich nur von den Wappen adliger Fürstenfamilien; dort tummeln sich Adler, Greife, ja, sogar Löwen mit zwei Köpfen, die eben auch in zwei Richtungen blicken.
Am Wochenende hielt genau dies nun Einzug in die Bundesligasaison. Es wurde viel Unentschieden gespielt, auch von den Mannschaften aus dem Herzland des deutschen Fußballs. Und es stellt sich die Frage, waren diese Unentschieden ein Erfolg oder ein Rückschlag, weisen sie für die Zukunft nach oben oder nach unten in der Tabelle?
Das sicherlich spektakulärste Unentschieden legte natürlich der BVB mit seinem1:1 gegen die Mannschaft, deren abgeschottetes Trainingsgelände immer noch in der Nähe der Isar liegen soll. Wenn man davon ausgeht, daß die Umfragen stimmen, wonach etwa 30 Millionen Deutsche sich für Fußball interessieren, dann darf man getrost annehmen, daß die Borussia am Samstag ca. 29 Millionen Anhänger gehabt hat, da ja laut einer anderen Umfrage 1 Million Bundesbürger sich sogar in der Öffentlichkeit und freiwillig als Bayern-Fans outen.

Selbst in tiefkönigsblauen Haushalten soll es demgemäß nach dem Tor von Blaszczykowski in der neunten Minute zu spontanen Freudenausbrüchen gekommen sein, etwas, das ja sonst in dieser Konstellation eher selten zu vernehmen ist. Noch einmal gesteigert hat sich die Freude dann in der 23. Minute, als der Bayern-Kapitän (!) Mark van Dussel endlich wieder einmal vom Platz gestellt wurde. An ihn selbst hätte ich mal die Frage, welche Auffassung von Fußball er eigentlich demonstrieren möchte? "Erst den Mann und dann den Ball" geht heute schon ab Kreisliga A nicht mehr, "Heute kommt keiner lebend in den Strafraum" ist spätestens in der Landesliga tabu, und "Ich schlage nach allem, was sich bewegt" dürfte höchstens beim Ultimate Fighting eine erfolgversprechende Variante sein. Was also will dieser Mann, der offenbar Engagement, Einsatzwillen und Motivation mit Holzhackerei, grober Unsportlichkeit und nervensägender Rambo-Attitüde verwechselt? Es ist nicht festzustellen, denn, daß er sich oder "seinem" Verein mit diesen Auftritten gegen die Sportskameraden und den folgenden Abgängen unter die Dusche schadet, dürfte doch selbst in seinen Holzkopf zu hämmern sein. Wozu sonst hat denn Klinsmann eine solch' aufsehenerregende Psychoklempner-Truppe an der Säbener Straße zusammengeholt?

Die Bayern erspielten sich in der zweiten Halbzeit dann doch noch das Unentschieden, mit dem der neutrale Beobachter eigentlich leben kann, auch, wenn man es sich anders gewünscht hätte. Tja, und was sagt uns dieses 1:1 nun im Hinblick auf die Situation am Borsigplatz? Erste Stimmen sprachen davon, daß man zwei Punkte verschenkt habe; aber das kann man auch ganz anders sehen. Zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison den Millionarios aus dem Süden, bei denen zwar immer noch Ribery fehlt, der Drahtlostelephonierer Toni jedoch wieder dabei war, ohne daß er aber einen Anruf erhalten hätte, daß man also dieser Truppe ein ganz sicher hochverdientes Unentschieden abringen konnte, ist ein gutes Zeichen, auch für die Arbeit, die Jürgen Klopp mit der Mannschaft leistet.

Er ist offenbar in Dortmund gut angekommen und regelt nun die Dinge in seinem Sinn. Vier Punkte aus den ersten beiden, schweren Spielen - das zeigt nach oben, keine Frage. Dafür sprechen auch die betretenen bis unwilligen Kommentare, die man aus Bayern-Kreisen hört und liest. Während Beckenbauer vor allem die Fehler in der Deckung geißelt und auch den Grachten-Treter mit einigen warmen Worten bedenkt, blühen in Fanforen schon die Spekulationen über notwendige Spielereinkäufe wie die Tulpen im April. Da wird von Aquilani gefaselt, von Luisao oder Cris; selbst Barzagli und Zaccardo werden in die Diskussion geworfen. Die einzige Frage, die sich angesichts der Vorstellung einer Druckerpresse im Keller der Bayern-Geschäftsräume aufdrängt, ist, ob die Hoffnung nach einem solchen All-Star-Team nur dem Einfluß einiger Liter Weißbier geschuldet ist, oder ob diese Omnipotenzphantasien krankhafter Natur sind.

Vier Punkte hat auch Schalke, und auch hier darf man wohl zufrieden sein, denn an der Weser waren die Königsblauen zwar in der ersten Halbzeit hoch überlegen, nach der Pause kam man jedoch nicht wieder so recht in Tritt und kassierte folgerichtig nach etwas mehr als einer Stunde den 1:0-Rückstand durch einen Flachschuß von Frings. Jeder Anhänger des Bergarbeitervereins fürchtete jetzt natürlich, daß die Mannschaft auseinanderfallen und sich ergeben würde, aber in diesem Punkt hat der neue Trainer offenbar bereits erste Verhaltensänderungen erreicht.

Die Mannschaft atmete einmal tief durch und begann, ohne die Deckung zu sehr zu vernachlässigen, den Druck auf die Bremer wieder zu erhöhen. Daran hatten auch die Einwechslungen von Asamoah und Sanchez ihren Anteil, der Bremer Verteidigung fiel die Umstellung auf die neuen Gegenspieler nicht ganz leicht, und in der 85. Minute erlöste Westermann mit einem Abstauber nach Vorarbeit von Höwedes die Gelsenkirchner. Dieser Ablauf des Spiels ist für die Königsblauen ideal, denn nun müßte sich vor dem Mittwochspiel gegen Atletico Madrid endgültig in den Köpfen der Spieler das Bewußtsein festgesetzt haben, daß jeder Gegner niedergekämpft werden kann, und auch ein Rückstand keine Katastrophe ist. Genau das braucht Schalke, um in die Champions League zu kommen, also haben wir auch hier ein Unentschieden mit Tendenz nach oben.

Da wollte der VfL Bochum natürlich nicht zurückstehen und auch ein Unentschieden einfahren. Gegner waren die Wolfsburger, die unter ihrem Trainermanagergeschäftsführerzeugwartgreenkeeperassistenten Felix Magath, wie schon seit mehreren Jahren "nun aber wirklich mal" zum Sturm auf die internationalen Plätze ansetzen wollen. Den ersten Dämpfer bekamen diese Illusionen in der 12. Minute des Spiels versetzt, als Sestak nach einem wunderschönen und absolut tödlichen Paß den Ball am herausstürzenden Benaglio vorbei zum 1:0 in die Maschen schob. Die Antwort der Wolfsburger war wenig originell und schon gar nicht europareif, man begann nämlich einigermaßen heftig zu holzen. Die Bochumer Jungs ließen sich nicht lang bitten, langten ebenfalls zu, und so war der Spielfluß, der in den ersten Minuten Hoffnung auf ein ansehnliches Spiel gemacht hatte, sofort dahin. Daher war auch niemand böse, als der Halbzeitpfiff ertönte, schließlich ist ja immer möglich, daß die Ansprachen der Trainer etwas bewirkten.

Bei Bochum schien es so zu sein, denn 3 Minuten und 8 Sekunden nach Wiederanpfiff stand es durch einen Kopfball von Dabrowski nach Flanke Azaouagh 2:0, und nun durften die Bochumer durchaus schon mal an einen Dreier denken. Das aber taten sie zu intensiv und so stocherte schon 52 Sekunden später Costa aus einem Gedränge zum 2:1 ins Bochumer Tor. Sofort besannen sich die Männer von der Castroper Straße auf das Allheilmittel, nämlich den rustikalen, körperbetonten Einsatz und prompt wurde die Partie auch wieder unansehnlich. In der 69. Minute schoß der eingewechselte Saglik den Ausgleich für die Wobbis, und danach waren es nur noch einige Vollaussetzer von Bochums Torhüter Fernandes echte Hingucker, an sonst neutralisierten sich beide Teams, wenn auch auf erschreckend niedrigem Niveau.

Dennoch darf auch das dritte Kohlenpott-Team mit seinem Unentschieden zufrieden sein. Schönheitspreise hat Herr Altegoer sowieso noch nie zu vergeben gehabt, und gegen einen VfL Wolfsburg, dessen Saisonziele sich schon jetzt als sehr ambitioniert, um nicht zu sagen großmäulig, erweisen, einen Punkt nach Hause zu schaufeln ist für die Männer von Marcel Koller aller Ehren wert. Auf jeden Fall darf man davon ausgehen, daß Bochum eher die Klasse halten wird, als daß Wolfsburg einen Platz an der Sonne erreicht. 



Wat war sonz noch? Ach, ja...

... daß es neben der Sozial-, Knappschafts- und Riester-Rente jetzt eine neue Form der finanziellen Daseinsvorsorge gibt. Sie wird für untergroße und übergewichtige Mittelstürmer brasilianischer Herkunft angeboten und nennt sich "Altach-Rente". Erster Versicherungsnehmer: Ailton.

...daß das Deutsche Sportfernsehen, das im Volksmund aus unerfindlichen Gründen immer häufiger mit "BÄH" abgekürzt wird, sein Profil auf dem umkämpften Sportmedienmarkt schärft. Wo andere auf Liveübertragungen, rasante Szenenwechsel und Aktualität um jeden Preis setzen, will BÄH mit zeitlosen Werten überzeugen. So beginnt man am 26.9.08 damit, die Fernsehserie "Manni, der Libero" von 1982 zu wiederholen. Das nächste Projekt ist dann die Ausstrahlung der noch vorhandenen Bilder von den Olympischen Spielen in Stockholm 1912. Daran anschließend gibt es einen Hintergrundbericht zum Gründungskongreß des DFB im Leipzig des Jahres 1900. Man darf gespannt sein....

...daß sich der FC St. Pauli für das Zweitligaspiel am Freitag in Fürth ganz fest vorgenommen hatte, ?die Disziplinlosigkeiten abzustellen? und im dritten Pflichtspiel endlich mal ein Spiel mit elf Mann zu Ende zu bringen. Das Ergebnis: Rot für Kapitän Morena nach 90 Sekunden.

, 26.08.2008

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