Magazin für Freunde des Fußballs und seiner Kultur

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Feiertage

Ja, sicher, eigentlich ist jeder Bundesligaspieltag ein Feiertag: Man freut sich darauf, nutzt ihn für Spaß und Erholung, trifft Freunde, trinkt ein paar Bier mit ihnen und hat abends was zu erzählen, wie's denn so war. Aber manche Spieltage sind halt noch etwas feierlicher, es ist sozusagen der gleiche Unterschied, wie zwischen Allerheiligen und Weihnachten. Der vergangene Spieltag war so ein besonderer Feiertag.

Nicht unbedingt für Schalke 04, die am Rhein überhaupt nicht in Tritt kamen, und aus diesem Grunde völlig verdient die erste Niederlage seit mindestens einem gefühlten Jahr einsteckten. Das mußte irgendwann ja passieren und ist für hartgesottene königsblaue Pilger kein Grund, in Sack und Asche zu gehen oder sich gar Erbsen in die Fußballschuhe zu legen. Der Kölner Anhang hingegen schien dieses Heimspiel ihres EffZeh wohl als eine ernstzunehmende Trainingseinheit auf dem Weg in den Karneval zu betrachten. Wer das Glück hatte, das Spiel ohne störendes Gefasel a la Rethy, Simon oder Kerner schauen zu können, mußte schwer beeindruckt sein von der Stimmung, die die 50.000 Jecken in Müngersdorf verbreiteten. Dagegen wirkt ein Derby an der Stamford Bridge wie eine Beerdigung dritter Klasse Nichtraucher. Die Latte war also am Freitagabend ziemlich hochgelegt worden, und man durfte gespannt sein, ob der Samstag denn da auch mithalten würde können.

Er konnte. Und wie. Natürlich muß an erster Stelle das Hoch im Norden genannt werden, also die Partie der Bremer gegen Hoffenheim. 4:1 nach einer halben Stunde, 4:4 eine gute halbe Stunde später und in Unterzahl gelingt Bremen dann noch der Siegtreffer. Klar, daß dann eine Stimmung wie auf dem berühmten Freimarkt herrschte. Aber was war das für ein Spiel? Zunächst einmal hatten Schaaf und Rangnick wohl bei einem Beck's verabredet, daß beide Teams mal eine neue Taktikvariante ausprobieren wollten, nämlich das 0-3-7. Das erfreut zwar nicht die Torhüter, aber das zahlende und staunende Publikum, das auch eishockeyähnliche Ergebnisse zu schätzen weiß, wenn sie nicht im Penaltyschießen erzielt werden. Außerdem hatte man das Iso-Getränk in den Plastikflaschen offensichtlich gegen eine Kerosin/Meskalin-Mischung ausgetauscht, sonst wäre der Einsatzwille und das Laufpensum beider Mannschaften kaum erklärlich. Und schließlich trugen auch noch die Fans, die sich von einem begeisternden Spiel in einen Rausch tragen ließen, ihr Teil zu der perfekten Inszenierung eines großartigen Fußballspiels bei.

Da wollten die anderen Nordlichter natürlich nicht zurückstehen, und so kassierte der letztjährige Klassenbeste die zweite Ligapleite in Folge. Hatte man schon gegen Bremen schlecht ausgesehen, kam es in Hannover jetzt noch schlimmer, nicht vom Ergebnis her, sondern von der Spielweise. Da konnte Jürgen Klinsmann gestikulieren, so viel er wollte, da konnte die Glühlampe von Uli Hoeneß völlig neue Rotschattierungen entwickeln, da konnte Ottl aus- und Ribery eingewechselt werden, die Bayern schafften es einfach nicht, auch nur halbwegs ansehnlichen oder gar ligatauglichen Fußball zu zeigen. Bei der Suche nach Gründen trifft man auf einige persönliche Indisponiertheiten von Spielern, vor allem aber auf das sehr erstaunliche Fehlen jeglichen erkennbaren taktischen Systems. Man sehe sich nur noch einmal die letzten 20 Minuten des Spiels in Hannover an: Da ist kein 4-4-2, kein 3-5-2, keine Doppelsechs, kein gar nichts zu erkennen, jeder Spieler läuft auf dem Platz herum, wie es ihm am sinnvollsten erscheint. Na, ja, es gibt Vereine, bei denen das die übliche Taktik ist, allerdings spielen die meist in der Kreisliga C und sind auch dort nicht wirklich durchgängig erfolgreich. Eigentlich habe ich keine Lust, mich am fröhlichen Klinsmann-Bashing zu beteiligen, denn der Jürgen muß sicher noch kritischere Fragen über sich ergehen lassen, als die CSU-Spitze nach dem Wahlsonntag, aber man kann der Frage nicht ausweichen, ob eine solche Unordnung, eine solche totale Konzeptionslosigkeit nicht darauf schließen lassen, daß die Spieler schlicht und einfach nicht verstanden, besser gesagt, nicht verinnerlicht haben, was der Trainer von ihnen verlangt. Wäre ich Marcel Reif, dann müßte ich jetzt wohl kalauern: "Also, Leute, geht's wieder auf's Oktoberfest, Euer Trainer hat die einmalige Chance versäumt, Euch in Hannover mal richtig an die Leine zu nehmen."

Der dritte Nordvertreter, der Hamburger SV, zeigte sich als nüchterner Minimalist; ein sehr, sehr durchschnittliches Spiel und ein einziges Tor aus der einzigen Chance des Spiels reichten aus, um die Jungs von der Waterkant an die Tabellenspitze zu hieven. Gegner Mönchengladbach steckt schon jetzt mitten im Dreck, also im Abstiegskampf, und ebenso, wie man dem HSV eine erhebliche Leistungssteigerung nahelegen muß, wenn man den nächsten "Dom" auch noch auf dem Platz an der Sonne feiern will, muß Gladbach deutlich mehr leisten, wenn's nächste Saison nicht wieder gegen Wehen und Ahlen gehen soll.

Energie Cottbus hat den ersten Sieg der Saison zu feiern, und vermutlich ist in ganz Fußballdeutschland niemand darüber verblüfft, daß er ausgerechnet beim Spiel gegen Hertha BSC gelungen ist. Wer sonst gibt denn so geduldig die Rolle der grauen Maus mit Ausrutschern nach unten, wie die Berliner? Das interessanteste an diesem Verein ist wohl das Gerücht, daß Hertha-Dauerkarten bei ebay schon für einen Heiermann ersteigert werden können. Wahr oder nicht - bezeichnend ist es allemal.

Auch die Bochumer schienen im Westduell gegen Leverkusen kein Bein an die Erde bekommen zu können, zur Halbzeit im eigenen Stadion mit 0:2 hinten, nach einer Stunde gar 0:3, das Ding war gelaufen..... allerdings, nicht so ganz, denn der VfL entdeckte die Haupttugend wieder, die ihn schon so oft ausgezeichnet hatte, den Kampf. Mit einem Doppelschlag kam man noch einmal heran; zu mehr reichte es nicht, und das ist auch einigermaßen gerecht, denn über neunzig Minuten gesehen, war die Werkself vom Rhein doch die klar bessere Mannschaft gewesen. Einen Punktgewinn gab es also nicht zu feiern, dafür aber eine Menge Applaus.

Der lauteste Beifall aber war am Samstag ganz sicher in Dortmund zu hören, nicht nur weil wieder mehr als 70.000 Zuschauer in die Hände klatschen konnten, sondern weil sie auch den geeignetsten Anlaß dazu hatten. Das Pokalspiel unter der Woche war ja noch eine ausgesprochen zähe Angelegenheit gewesen, die nur mit viel Glück das bessere Ende für den BVB brachte; aber das Spiel gegen den VfB Stuttgart zeigte klare Aufwärtstendenzen. Sicher, beim Tor von Santana mußten schon Weihnachten und Pfingsten auf einen Tag fallen, denn nur der Heilige Geist konnte es Schiedsrichter Dr. Brych eingegeben haben, daß dieser Treffer regulär gefallen sei, aber davon einmal abgesehen, hatten die Schwarz-Gelben ihre Kontrahenten auch so ganz gut im Griff, und das Gesäusel des Herrn Lehmann, daß nur das 2:0 den Knacks in der Schwabenelf hervorgerufen habe, der dann schließlich zur Niederlagen geführt habe, ist nichts weiter als kompletter Blödsinn. Immerhin gab es ja auch noch andere Möglichkeiten, und hätte der Pfeifenmann das Foul an Lehmann gesehen, dann wäre ihm sicher auch die Attacke von Magnin gegen Blaszczykowski aufgefallen, und der dann fällige Elfer hätte absehbarerweise das gleiche Ergebnis gezeitigt. Also, Jenselmann: Erst denken, dann reden, sonst mußt Du nach dem Karriere-Ende womöglich noch bei der DFL arbeiten; da darf nämlich jeder quatschen, was ihm gerade so durch den Kopf geht.

Durch den Sieg des BVB ist eine großartige Konstellation entstanden, denn die Schwarz-Gelben und die Königsblauen trennen derzeit ganze zwei (in Worten: zwei!) Tore. Da sind natürlich weitere Feiertage schon absehbar, vermutlich mal für die eine Anhängerschaft, mal für die andere. Was den (beinahe) neutralen Fußballfreund aus dem Ruhrgebiet besonders erfreut, ist dabei, daß es nicht die Tabellenplätze 11 und 12 sind, auf denen wir die beiden Kohlenpottmannschaften finden, sondern die Plätze 4 und 5. Das macht Hoffnung, denn wenn die großen Rivalen so weitermachen und der VfL sich noch ein bißchen verbessert, dann wird die fußballverrückteste Region Deutschland endlich auch wieder flächendeckend mit dem versorgt, was sie so dringend zum Leben braucht und was ihr so sehr zusteht: erfolgreicher Bundesligafußball.

Die Bielefelder wollten am Sonntag dann noch den ersten Auswärtssieg seit über einem Jahr feiern, vergaßen aber leider, daß ein Spiel nicht 85, sondern 90 Minuten dauert; so kam eine erschreckend schwach spielende Eintracht aus Frankfurt doch noch zu einem Punkt. Doch sogar der war den Wolfsburgern verwehrt, die in Karlsruhe zwar deutlich überlegen waren, diese Überlegenheit aber nicht nutzen konnten und durch die 2:1-Niederlage den Sprung in die oberste Tabellenregion verpaßt haben. Kleiner Trost: Man steht aber immer noch vor dem FC Bayern München.

Wat war sonz noch? Ach, ja...

... der französische Verband FFF plant einen Six-Nations-Cup im Fußball. In Anlehnung an den Austragungsmodus im Rugby soll er das erste Mal in 2009 stattfinden. Die Teilnehmer müssen mindestens einen WM- oder EM-Titel vorweisen können, sodaß zunächst also an Frankreich, Deutschland, Spanien, Italien, England und die Niederlande gedacht wird.

Tja, ja, hübsche Idee und sicherlich auch interessanter als irgendwelche Freundschaftsspiele, nur bleiben zwei Fragen offen: Wie sollen diese Spiele im Sommer in den sowieso schon knackevollen Terminplan eingebaut werden? Und was ist mit den Tschechen, Dänen, Griechen und Russen? Die können nämlich auch mit einer entsprechenden Siegerurkunde winken!

... Altach-Rente, Teil I: Die brasilianische Spielerlegende Zico wird neuer Trainer des usbekischen Erstligisten FC Bunjodkor Taschkent. Es bestehe eine mündliche Vereinbarung mit dem Vorstand des Vereins, ließ Zico auf seiner Internetseite verlauten. Bunjodkor, aktuell Zweiter der usbekischen Meisterschaft, war zuletzt durch den spektakulären Transfer des brasilianischen Weltmeisters Rivaldo von AEK Athen aufgefallen. Zico soll in Taschkent jährlich geschätzt rund 3,4 Millionen Euro verdienen.

...Altach-Rente, Teil II: Ailton: Nach der Niederlage von Altach gegen Ried in der Fußball-Bundesliga kritisiert der brasilianische Stürmer Ailton seine Mannschaft. Altach sei keine Profi-Mannschaft, sagte Ailton im ORF-Interview. "Ich bin 35 Jahre alt und habe lange Fußball gespielt. Aber ich habe noch nie ein Spiel wie heute gesehen. Für mich ist das keine Profimannschaft, das ist nicht Profifußball", sagte Ailton.

Auf die Frage, was besser werden muss, meinte der "Kugelblitz" nur knapp: "Keine Ahnung, vielleicht nach Brasilien". Sollte der 35-Jährige bereits darüber nachdenken, seine Zelte abzubrechen, wäre sein Engagement nach etwas mehr als einem Monat schon wieder beendet.

, 30.09.2008

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