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Die erste Hälfte der ersten Hälfte

Der achte Spieltag der neuen Saison ist vorbei, und damit auch fast genau das erste Viertel der Spielzeit. Da lohnt es sich, einmal kurz von der Aktualität abzusehen und die ersten Eindrücke Revue passieren zu lassen. Wie es heute so gern gemacht wird, muss das natürlich in Form eines "Events", am besten einer Preisverleihung, geschehen. Nun wissen wir ja seit dem vorletzten Wochenende, dass Preisverleihungen auch gewisse Risiken bergen, wenn die "Ausgepreisten" sich veralbert fühlen. Macht aber nichts, ich bin gern bereit, am nächsten Freitag mit Thomas Gottschalk im Fernsehen über die Qualität des deutschen Fußballs zu sprechen.

And the winners of the first quarter are....

Die positive Überraschungsmannschaft ist die TSG Hoffenheim. Ja, der Vereinsmäzen ist eher eine negative Überraschung, denn von einem gestandenen Geschäftsmann sollte man etwas mehr Gelassenheit erwarten können, aber was die Spieler des nordbadischen "Klümpkes-Klubs" auf den Rasen bringen, ist aller Ehren wert. Sie bereichern die Liga, ob es einem gefällt, oder auch nicht.

Die negative Überraschungsmannschaft ist der FC Bayern München. Vor der Saison wie immer von 21 der 18 Bundesligatrainer als kommender Meister getippt, spielte man eher, als ginge es darum, brav im grauen Mittelfeld zu bleiben und nicht in die Abstiegszone abzurutschen. Es steht zu hoffen, daß das gelingt, obwohl es knapp werden könnte. Kleiner Tipp an Glühbirnen-Uli: Manchmal helfen Trainerwechsel...

Der spannendste Club ist der Hamburger SV. Der neue Trainer schiebt die Mannschaft beinahe schon heimlich, still und leise Richtung Festigung eines Spitzenplatzes, während man südlich von Harburg noch darüber diskutiert, ob Martin Jol denn überhaupt schon in Hamburg angekommen sei. Er ist es, keine Sorge. Und ab sofort sollte jeder Zeilenschmierer und jeder Mikrophonspucker, der den HSV ob seiner ununterbrochenen Bundesligazugehörigkeit noch ein einziges Mal "Dino" nennt, sofort von sämtlichen Anhängern einen körperlichen Verweis erhalten. Ein Heilig-Geist-Feld gibt es in Hamburg ja, also eine perfekte Location.

Der schlechteste Starter ist Eintracht Frankfurt. Nicht nur der letzte Tabellenplatz und grausige 3 von 21 möglichen Punkten sprechen dafür, sondern vielmehr die Tatsache, daß die Hessen noch nicht ein einziges Spiel gewinnen konnten. Vielleicht sollte Friedhelm Funkel sich der Hilfe des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog versichern, denn ein Ruck muß auf jeden Fall durch die Mannschaft gehen.

Die überraschendste Trainerverpflichtung gelang Bayer Leverkusen Wenn man vor der Saison darauf hätte wetten wollen, daß die Mannschaft von Bruno Labbadia nach dem ersten Viertel auf dem dritten Platz steht, man hätte nur ein mitleidiges Lächeln geerntet, weil man offenbar die Gesetze der Eingewöhnung von Trainern nicht kennt. Nun ist es aber so und mit Leverkusen muß wieder gerechnet werden.

Den höchsten Mitleidsfaktor hat Energie Cottbus. Der einzige Vertreter des ostdeutschen Fußball steht erwartungsgemäß schon wieder ganz hinten drin, und man kann sich kaum vorstellen, wie die spielerischen Mittel denn wohl ausreichen sollten, den Club in der Liga zu halten. Enthusiastischer Kampf wird jederzeit geboten, aber technisch und taktisch hätten die Lausitzer Balltreter wohl sogar Schwierigkeiten, gegen Uerdingen 05 zu bestehen. Und die wiederum tun sich sogar mit dem SV Hönnepel-Niedermörmter schwer.

Die graueste Maus ist Hannover 96. Sicher, man wollte nach eigener wie jedes Jahr um die internationalen Plätze mitspielen, und wenn so etwas von der Leine kommt, dann weiß der Fachmann bereits, daß es am Ende wieder der elfte Platz sein wird. Knappe Siege und teilweise furiose Niederlagen wechseln sich unregelmäßig ab und zeigen, daß die Niedersachsen offenbar nicht nur sturmfest und erdverwachsen, sondern auch leidensfähig zu sein scheinen.

Die größte Wundertüte der Liga ist der SV Werder Bremen. Jede Woche, wenn die Grün-Weißen, meist in Orange, auflaufen, darf man sich die Frage stellen: Hopp oder topp, Kreisklasse oder Champions League, Scharfschützen oder Schießbude? Zu Trainer Schaaf stellen sich dabei zwei weitere Fragen: Wie hält man so etwas aus, ohne verrückt zu werden? Warum kann man nichts dagegen tun? Natürlich haben auch andere Clubs ihre Aufs und Abs, aber derart ausgeprägt, wie an der Weser, ist so etwas bisher nur selten zu bewundern gewesen.

Der ausverkaufteste Club ist der VfB Stuttgart. Nicht unbedingt, was die Plätze im Neckarstadion angeht, sondern die Spieler. Glaubt man der Presse, ist Mario Gomez schon 37 Mal für zusammengerechnet 478 Mio.? verkauft worden, Cacau hat schon eine Kollektion von 29 neuen Leibchen im Schrank und Serdar Tasci soll bereits von 32 Immobilienmaklern kontaktiert worden sein, die ihm schon mal vorsichtshalber und weltweit ihre Dienste anbieten wollen. Würde dieser ganz Unsinn stimmen, müßte nach der Winterpause Armin Veh selbst auflaufen.

Das nostalgischste Team ist natürlich Borussia Mönchengladbach. Nachdem man den Bröckelberg endgültig verloren hatte und auch Berti Vogts nicht mehr an bessere Zeiten gemahnen will, hat man jetzt wenigstens wieder ein Denkmal in Funktion gesetzt: Hans Meyer ist zum gut und gerne halbdutzendsten Mal aus dem verdienten Ruhestand zurückgeholt worden. Ob er die Niederrheiner retten kann, ist nicht klar; daß es mit ihm in der Bundesliga wieder lustiger wird, allerdings schon.

Der heuchlerischeste Verein ist der VfL Wolfsburg. Nicht weil immer noch behauptet wird, daß Felix Magath einigermaßen Schach spielen kann, was jeder, der ihn einmal vor einigen Jahren anläßlich einer Schach-WM im Fernsehstudio hat "analysieren" sehen, nur mit gellendem Hohngelächter quittieren kann, sondern weil immer noch mit gewaltiger Grandezza Gutes getan wird, indem man das "Herz für Kinder" auf die Trikots flockt. An sich ist ja nix dagegen zu haben, aber in Wirklichkeit wurde natürlich ganz nüchtern vorhergesehen, daß der Zuschauer beim Anblick des Herzens auch sofort wieder weiß, wer denn der Wohltäter ist, der zugunsten der guten Sache auf seine eigene Werbung verzichtet. Und dieses eiskalte Kalkül sollte man bei aller Freude über das gesellschaftliche Engagement der Autobauer nicht vergessen.

Die zufriedenste Mannschaft müßte im Augenblick eigentlich der KSC sein. Alle "Experten" hatten vermutet, daß die Badner schon jetzt abgeschlagen am Tabellenende stehen würde, in Wirklichkeit aber krebst man munter auf dem zwölften Platz herum und liegt damit sogar vor der "Grauesten Maus".

Die unzufriedenste Organisationseinheit ist mit Sicherheit der 1. FC Köln. Nicht, weil der neunte Platz etwa zur Klage Anlaß gäbe, nö, einfach nur so, weil der Kölsche nämlich immer mit seinem EffZeh unzufrieden ist. Einzige Ausnahme von dieser Regel wäre der Morgen nach dem Champions League-Finale, das die Kölner mit 7:0 gewonnen hätten. Aber auch nur dann, wenn der Gegner Fortuna Düsseldorf gewesen wäre.

Der gelassenste Verein hingegen ist Arminia Bielefeld. Gute Leistungen, schlechte Spiele, Klassenerhalt oder Abstieg: Die Stimmung war gut, ist gut und bleibt gut. Na, dann ist ja gut.

Die langweiligste Truppe ist natürlich....ihr wißt schon. Daran ändert auch ein vierter Tabellenplatz nichts.

Und der tollste Club der Bundesliga? Na, ist doch klar, da gab es drei Anwärter und die Jury konnte sich nicht entscheiden. Deswegen geht dieser wertvollste Preis von allen zu gleichen Teilen an die drei Vereine, die bisher noch nicht erwähnt wurden.

Wat war sonz noch? Ach, ja...

...die Deutsche Akademie für Fußballkultur kürt ende Oktober den "Fußballspruch des Jahres 2008". Die ausgewählten Wettbewerber um den Ehrenpreis sind folgende tiefphilosophische Weisheiten:

"Wir haben nur unsere Stärken trainiert, deswegen war das Training heute nach 15 Minuten abgeschlossen." Josef Hickersberger (ehemaliger Nationaltrainer Österreichs)

"Der Konjunktiv ist der Feind des Verlierers." (Jens Lehmann, Torwart des VfB Stuttgart und ehemaliger Nationaltorwart)

"Wir haben kein Problem, nur zu wenig Punkte und zu wenig Tore." (Walter Hellmich, Vorstandsvorsitzender des MSV Duisburg)

"We have to fight weiter." (Jonas Kamper, Mittelfeldspieler von Arminia Bielefeld)

Bei solch hochklassigen Geistesblitzen dürfte es kein Problem sein, gemäß der Vorgabe des Preisträgers 2007, Lukas Podolski, "So ist Fußball. Manchmal gewinnt der Bessere." zu verfahren, und den besten Satz gewinnen zu lassen.

...Argentiniens Fußball-Idol Diego Maradona hat sich nach dem Rücktritt von Nationaltrainer Alfio Basile als Nachfolger ins Gespräch gebracht. "Es wäre eine große Freude für mich, die Nationalmannschaft zu trainieren", sagte der Weltmeister von 1986.

Als wahrscheinlicher gilt jedoch eine Einbindung Maradonas als Assistent oder Berater. Heißester Kandidat auf die Nachfolge Basiles ist derzeit Sergio Batista. Das darf man getrost für richtig gehalten werden, denn es ist kaum vorstellbar, daß Maradona wirklich in der Lage ist, diszipliniertes und kluges Verhalten auf dem Platz einzuüben. Seine Lebensführung spricht einfach dagegen und zeigt, daß ihm selbst solche Qualitäten fehlen. Selbst die Frage, was denn "die Hand Gottes" assistieren oder beraten will, ist doch ein völliger Schleier.

... die Fußball-Konföderation von Ozeanien (OFC) hat sich mit sofortiger Wirkung von dem Inselstaat Samoa getrennt. Als Grund gab der Verband ?finanzielle Unregelmäßigkeiten? an. Unter anderem soll Samoa von dem Weltverband FIFA in den vergangenen fünf Jahren eine Geldspritze von 3,7 Millionen Euro erhalten haben. Trotz dieser finanziellen Hilfsmittel beträgt der aktuelle Schuldenbestand des Verbandes von Samoa 441 000 Euro. Die Hilfszahlungen seien also komplett versickert.

Wenn man bei der FIFA nachschaut, wieviel Menschen in Samoa überhaupt organisiert Fußball spielen, so wird die Zahl 2.300 genannt. 3.700.000? plus 441.000? gleich 4.141.000?. Dies dividiert durch 2.300 gleich 1800 Euro pro Spieler. Da muß 'ne alte Samoanerin lange für stricken, und man fragt sich natürlich auch, wofür das Geld denn ausgegeben wurde. Der Klassiker der Geldverschwendung, ein Südseeurlaub, kommt ja nicht in Frage, den hat man in Samoa sowieso jeden Tag, ein Auto braucht man auf den winzigen Inseln auch nicht wirklich und maßgeschneiderte Garderobe kann man sich bei den dort herrschenden Temperaturen aus einem Badehandtuch selbst herstellen. Niemand weiß also, wo das Geld hingeflossen sein sollte.

Allerdings zeigt die FIFA-Statistik auch, daß es beim samoanischen Verband 400 Offizielle, also Funktionäre, gibt. Jetzt ist alles klar: Teilt man die verschwundene Summe durch die Zahl der Apparatschiks, so kommt man auf 10.352,50? pro Sesselwärmer. Na, und ein solches "Trinkgeld" sinnlos zu verschleudern, fällt keinem Präsidenten, Sekretär oder Organisationsleiter auf diesem Planeten schwer. Offenbar auch nicht auf Samoa. Der Anschluß an die globalisierte Gemeinschaft ist geschafft.

, 21.10.2008

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